Die XBB.1.5-Welle ist noch nicht vorbei!

Die Virenlast im Abwasser steigt nochmal deutlich an, während die Inzidenz mit dem Fall der Testpflicht in den Spitälern abnimmt.

Wir erinnern uns, wie Krankheitsstadtrat Hacker bei Martin Thür in der ZiB2 vom 09.02.23 den Fall der Maskenpflicht in Wien begründet hat: Der Höhepunkt wurde im März erwartet, daher wollte man noch bis Ende Februar hineinbremsen, aber die Infektionswelle sei nur infektiöser, würde aber nicht kränker machen. Da stellt sich nur immer die Frage: Kränker als was? Wenn XBB.1.5 nur so schlimm wie die Pest ist und kein Cholera, würde niemand auf die Idee kommen zu sagen: Na dann lassen wir es doch durchrauschen, ist immerhin kein Cholera. Oder? Oder?? Doch – unsere Politiker sind so blöd, und trotz Nachforschungen wissen wir auch nicht, welche ExpertInnen Bürgermeister Ludwig das grüne Licht zur Aufhebung der Maskenpflicht gegeben haben. Denn die Experten wüssten, dass eine infektiösere Variante mehr Menschen gleichzeitig krank macht, dessen Auswirkungen wir sowohl bei den Krankenständen, dem Medikamentenmangel als auch Hospitalisierung und Todesfälle sehen. Viele Menschen in der Durchschnittsbevölkerung sind zum Zeitpunkt ihrer ersten oder zweiten Infektion höchstens vier Mal geimpft, viele haben sich nach drei Wildtyp-Impfungen mit OMICRON-Subvarianten angesteckt, wenige haben bis zur vierten angepassten Impfung durchgehalten und sich dann infiziert. Ich kenne kaum jemand, der die Infektion als Spaziergang beschreibt – im Gegenteil.

Gleichzeitig zirkulieren derzeit noch viele Atemwegsinfekte, die durch Rhino oder saisonale Coronaviren verursacht werden. Influenza B ist weiterhin über dem epidemischen Niveau mit 12% Positivrate, und der Anteil der SARS-CoV2-Sentinelproben an der Virologie Wien beträgt 35%. Gleichzeitig gibt es eine Masse an bakteriellen Infektionen, auch bei Kindern, aber Antibiotikamangel und über 600 Medikamente fehlen insgesamt oder sind nur eingeschränkt verfügbar. Akuter Handlungsbedarf, aber wen interessiert das? Den der Chef der ÖGK z.B., der sich mit einer Empfehlung zum Maske tragen zu Wort meldet, weil die Krankenstände explodieren.

Was leider in der Kommunikation wenig berücksichtigt wurde: Wie man die Maskenpflicht in eine Empfehlung umwandelt und wie man Menschen begreiflich macht, dass sie der Risikogruppe angehören. Viele ältere Menschen tragen nämlich seit dem 1. März keine Maske mehr in den Öffis, obwohl sie per definitionem schon vom Alter her zur Risikogruppe zählen. Natürlich weiß auch die nicht-vulnerable Gruppe, die durch LongCOVID in den letzten drei Jahren kleiner geworden ist, erschreckend wenig zu den Langzeitfolgen einer Coronaerkrankung – sonst würde sie mehr Selbstschutz betreiben, aber auch andere vor einer Infektion bewahren. Ich red in ein Sackerl – Briefe ans Salzamt, ich weiß.

ACE2 in der Lunge, Leber, Blutgefäße, Hoden, Herz, Niere, Magendarm und in der Haut.

Und dann wäre da noch LongCOVID (Davis et al. 2023), das nahezu jeden Bereich des menschlichen Körpers betreffen kann (Oudit et al. 2023), weil das ACE2-Rezeptorgedöns fast überall zu finden ist. Wie es mal an anderer Stelle so treffend formuliert wurde: Wenn Dein Körper eine Stadt ist, dann befällt Covid19 jede Straße. Auch das CDC hat das im National Center for Health Stastistics-Report kürzlich bekanntgegeben.

Wenn LongCOVID bei einer zuvor gesunden, jungen Frau einen schweren Verlauf nimmt, dann kann das aussehen wie bei Dianna Cowern, einer amerikanischen Wissenschaftskommunikatorin, die innerhalb eines Jahres schwer an MECFS erkrankt und seitdem bettlägerig ist. Ein weiteres Beispiel einer ehemaligen Athletin, die durch LongCOVID im Rollstuhl gelandet ist (als Comic geschrieben und leicht verständlich) – viele weitere Beispiele von Betroffenen habe ich hier gesammelt.

Dass SARS-CoV2 kein harmloses Erkältungsvirus ist und jemals sein wird,
sieht man auch an der sinkenden Lebenserwartung weltweit.
Wer meint, er hätte es mit der ersten Infektion überstanden, täuscht sich, denn es gibt keine lang anhaltende Immunität – wie bei den gewöhnlichen Coronaviren auch. Und selbst wenn es sie geben würde, wird sie durch neue Varianten unterlaufen. Mit zunehmender Anzahl an Infektionen steigen die Risiken vor allem für Spitalsaufnahme, Nieren-, Herzkreislauf-, Gefäß- und Lungenerkrankungen an.

Zudem schwächt eine Covid19-Infektion zumindest vorübergehend das Immunsystem, was sogar einmal im ORF stand, aber es nie bis in die reichweitenstarke ZiB1/ZiB2-Berichterstattung geschafft hat und auch zu schnell von der ORF-Startseite verschwand.

Und wer meint, es kann uns doch egal sein, ob sich immungeschwächte Personen anstecken oder nicht, der übersieht, dass gerade jene Betroffene bis zu ein Jahr oder länger Virus ausscheiden können, sodass neue Varianten entstanden können. Vom persönlichen Leid ganz abgesehen, was in der Berichterstattung ohnehin immer zu kurz kommt. Statt über dringend nötige AKTUELLE PRÄVENTIVMASSNAHMEN wird nur über pro und contra Impfpflicht geredet, dass Lockdowns und Schulschließungen übertrieben gewesen wären. Kein Wort zur Verhinderung von noch mehr Todesfällen und wie viele man hätte verhindern können, wäre der zweite Lockdown so strikt wie der erste ausgefallen oder hätte man, statt sich nur auf die Wahlen in Wien im Herbst 2020 vorzubereiten, auch auf die schon im April 2020 vorhergesagte größere Herbst/Winterwelle vorbereitet.

Der als “Dr. Robert” schreibende Twitteruser brachte es neulich auf den Punkt: “Die unvollständige Viruselimination ist ein großes Problem. Es passt nicht in unser simplifiziertes Verständnis von Infektion und Immunreaktion, bei der am Ende alles ad integrum aufgeräumt ist.”

Daher war die Gleichstellung des neuartigen Coronavirus mit den bekannten Coronaviren oder gar “Atemwegsvirus” falsch, wird der Komplexität nicht gerecht und täuscht die Bevölkerung. Fast alle in der Öffentlichkeit stehenden Virologen hätten nicht nach dem Vorsichtsprinzip argumentiert, die langfristige Krankheitsschwere ist nicht vorhersagbar, übrigens auch nicht neue Varianten und epidemische Wellen, wie ALPHA, BA.1 und XBB.1.5 eindrucksvoll gezeigt haben. Komplexitätsforscher Klimek sagte OMICRON als Wand vorher, die so schnell abfallen würde, wie sie hereinbricht, aber auf BA.1 folgte BA.2 und die Wand zog sich als Schräge bis in den Frühling 2022 hinein. Langzeitfolgen waren schon von Influenza oder SARS-1 bekannt – und aus Artikeln des Jahres 1979 über Coronaviren allgemein.

Wer sich schützen will, macht sich strafbar – oder wie? Nein.

Schlechter Journalismus mit ungeschicktem Wording macht wieder mehr Ängste als unbedingt nötig. Der Autor ist der Journalist des Jahres Schnee, Florian Klenk, mit diesem Tweet und Verweis auf den Falter-Newsletter.

“Ein schlechtes Verhüllungsverbot-Gesetz und eine fragliche Behördenpraxis aus dem Jahr 2017 sorgen dafür, dass man sich seit Anfang März mit Maske in Öffis strafbar macht. Die Behörden sind gefordert.”

Der Boulevard legt gleich nach: “Die Maskenpflicht ist auch in Wien nun endlich seit dem 1. März gefallen. Nach einem Augenschein fällt dennoch in den öffentlichen Verkehrsmitteln eines auf: Ein paar Freiwillige scheinen auf den Mund-Nasen-Schutz nicht verzichten zu wollen.

“Endlich” klingt angesichts der hohen Infektionszahlen wie blanker Hohn, ebenso “Freiwillige”, denn jeder, der jetzt Maske trägt, zeigt Vernunft und verhält sich solidarisch, auch wenn die große Mehrheit leider darauf scheißt. Die Leerdenker nannten ihn Gehorsamsfetzen. Ihn wegzulassen, weil die Pflicht gefallen ist, ist Gehorsam mit einem gehörigen Fetzenschädl.

Nicht sehr vertrauenserweckend auch dieser Auszug:

“Bei der Anwendung des AGesVG wird die Polizei, vor allem in den nächsten Monaten, verhältnismäßig einschreiten. Wenn die Person eine gesundheitliche Begründung glaubhaft machen kann, liegt keine Verwaltungsübertretung vor.”

Dass die Regierung an einer Lösung arbeitet, stimmt auch nicht zuversichtlich.

Bis auf weiteres gilt jedenfalls, dass das Tragen einer Maske “aus medizinischen Gründen” erlaubt ist. Das Ziel des Bundesgesetzes zur Gesichtsverhüllung war/ist nämlich ausgerechnet …

“…. die Förderung von Integration durch die Stärkung der Teilhabe an der Gesellschaft und die Sicherung des friedlichen Zusammenlebens in Österreich.””…. die Förderung von Integration durch die Stärkung der Teilhabe an der Gesellschaft und die Sicherung des friedlichen Zusammenlebens in Österreich.”

Nichts anderes ermöglicht man vulnerablen Personen durch das Maske tragen, nämlich das absolute Minimum an gesellschaftlicher Teilhabe, durch Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel und Betretung öffentlicher Orte mit Menschenansammlungen allgemein.

Gesundheitliche Gründe glaubhaft machen heißt, sie zu argumentieren, aber nicht beweisen zu müssen, sprich, ein ärztliches Attest ist gegenüber dem Exekutivbeamten nicht notwendig. Die wissenschaftliche Evidenz sollte ausreichen: hohes Risiko von Langzeitschäden einer Infektion, eigene Risikofaktoren (z.B. auch Allergien) und die Infektionslage, die zumindest durch das frei verfügbare Abwassermonitoring für jedermann einsehbar und nachvollziehbar ist. Davon abgesehen kann man bei Allergien gerade mit beginnender Vegetationszeit (jetzt) auch Maske im Freien tragen, um sich z.B. vor asthmatischen Beschwerden zu schützen.

Mit anderen Worten: Bleibt standhaft, tragt weiterhin Maske, und erklärt ruhig, warum. Eure Gesundheit ist wichtiger als die strenge Gesetzesauslegung einiger, weniger Polizeibeamten, die mit der Maske und wissenschaftlichen Fakten vielleicht ein Problem haben.

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