
Statt dringende Empfehlungen zum Maske tragen wegen der aktuellen epidemischen Welle läuft derzeit eine Anti-Masken-Kampagne in den Medien. Nichts gelernt aus drei Jahren Pandemie. Schlimmer noch: Die heldenhaften Träger der Maske, die sich weiterhin dagegen wehren, sich (wiederholt) anzustecken, werden schikaniert und diskriminiert.
Es war wahrlich nichts heldenhaftes darin, während der Zeit der Maskenpflicht trotzig keine aufzusetzen und damit andere zu gefährden, die keine Maske tragen können, etwa Säuglinge und Kleinkinder. In öffentlichen Verkehrsmitteln hatte man so nämlich echten Herdenschutz – die Mehrheit der Maskenträger schützte eine Minderheit, die es nicht konnte, oder deren Eltern (bis heute) die Gefahr für ihre Kinder unterschätzt haben.
Das ist jetzt vorbei. Mich erreichen immer wieder Berichte von Lehrerinnen, Erzieherinnen und aufgeklärten Eltern, dass ihre Kinder alles andere als scharf darauf sind, die dritte, vierte, fünfte Coronainfektion durchzumachen. Wurden Kinder je in der Pandemie gefragt, was sie davon halten, ständig als Propagandainstrument missbraucht zu werden? Abwechselnd dafür, dass die Schulen offen bleiben müssen, damit die Eltern arbeiten gehen können, über den andauernden Leistungsdruck, auch krank in die Schule zu gehen, um keine Nachteile bei Schularbeiten zu haben, bis hin zur schwer geschädigten Psyche, die Schulschließungen als absolute Todsünde framen. Dabei wurde die Psyche weit weniger durch die Maßnahmen selbst geschädigt, als es von den NEOS über Sprenger, den FALTER bis hin zum Gesundheitsminister immer wieder ertönt. Auch Suizide haben nicht zugenommen – das steht sogar im ORF. Atemwegsinfektionen im Kindesalter erhöhen das Sterberisiko im späteren Alter, fand eine Studie vor kurzem heraus.
Rechtslage zum Maske tragen
Die Polizei Wien schrieb am 08.03.23 in einem Tweet zu den Ausnahmegründen zum Verhüllungsverbot (aus dem Jahr 2017, da gab es noch keine Pandemie, die meisten Polizisten haben die Pandemie erlebt bisher und dürften mitbekommen haben, dass eine Maske ein sinnvoller Schutz ist).
“Es steht nicht explizit COVID, sondern bei Infektionsgefahr, Luftverschmutzung oder witterungsbedingte Umstände.”
(Quelle)
Der Rechtsanwalt Florian Horn sieht das so:
“Zunächst muss man unterscheiden zwischen dem Vermummungsverbot bei Versammlungen in §9 Abs1 Versammlungsgesetz und dem allg Verhüllungsverbot im Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz. Meines Erachtens ist aber keines der Gesetze geeignet, das Tragen einer FFP2 Maske zum Gesundheitsschutz zu verhindern. …. Im Anti-GesichtsverhüllungsG bleibt daher die Ausnahme in §2 Abs2, wenn die Verhüllung “gesundheitliche Gründe” hat. Das ist mE jedenfalls bei einer FFP2 Maske gegeben egal ob sie zum Selbstschutz vor Ansteckung, oder zum Schutz von anderen getragen wird zB bei Schnupfen…. Ähnlich ist der Fall mit dem VersammlungsG. Dort gibt es zwar keine Ausnahme, aber die Formulierung lautet “um … zu”. Das bedeutet es muss eine Absicht vorhanden sein, gerade die Wiedererkennung zu verhindern. Diese besteht bei der Maske aus gesundheitliche Gründen nicht.”
(Quelle)
Der Universitätsprofessor für Staatsrecht, Peter Busjäger sieht es so:
“Die Polizei liegt aber falsch. Wenn ich eine FFP2-Maske verwende, wird man von gesundheitlichen Gründen auszugehen haben. kritischer ist es, wenn etwas anderes verwendet wird, das annehmen lässt, dass die gesundheitlichen Gründe nur vorgeschoben sind.”
(Quelle)
Angesichts der vorhandenen Faktenlage …
- hohe Infektionszahlen selbst nach PCR-Tests, obwohl die Zahl der Tests nach Ende der Testpflicht in Spitälern weiter sinkt
- hohe Infektionszahlen im Abwassermonitoring in der Größenordnung der letzten Spätwinterwelle
- signifikante Langzeitfolgen unabhängig vom Impfststatus
- lange Wartezeiten auf Fachambulanz im Fall von LongCOVID-Symptomen
- teils irreparable Schäden (Herzerkrankungen, Schlaganfall, Diabetes)
- drohende Teil/Vollinvalidität, sozialer und finanzieller Abstieg
darf man sich bei der gegebenen Rechtslage jedenfalls eigenverantwortlich selbst schützen mit einer FFP2- oder FFP3-Maske, ohne rechtliche Konsequenzen zu befürchten. ÖBB und Wienerlinien sowie Regionalbusse schulden grundsätzlich eine sichere Beförderung. Wäre überlegenswert, an die Gefährdungshaftung anzuknüpfen – die entstünde, weil die Viruslast und damit Ansteckungsgefahr in einem nicht ausreichend belüfteten Innenraum entsteht – also sogenannte Betriebsgefahr durch Massenbeförderung von Menschen in geschlossenen Verkehrsmitteln ohne ausreichende Sicherheitsvorkehrungen gegen Ansteckung mit SARS-CoV2. Insbesondere müsste man nämlich nachweisen, dass zu Rush Hour Zeiten das einseitige “eigenverantwortliche” Masketragen ausreicht, um eine Infektion zu verhindern, aber auch, wie es um den Schutz der Kinder bestellt ist, die keine Maske tragen können und durch eine Infektion dann Langzeitschäden erleiden, die Jahrzehnte an gesunden Lebensjahren kosten können.
Was bleiben sonst gute Gründe, Maske zu tragen?
Der Lerneffekt aus der Pandemie könnte sein zu sagen …
Ich trage eine Maske, weil ….
- ich gesund bleiben möchte (no na)
- ich meine Angehörigen schützen möchte, etwa als pflegende/r Angehörige/r oder Familienmitglieder mit erhöhtem Risiko
- ich meinem Arbeitgeber und den Kollegen Krankenstand ersparen will (weniger Kosten für die Wirtschaft und für die Krankenkasse, also auch für den Staat, im Sinne des Gemeinwohls handelnd)
- ich zur kritischen Infrastruktur zähle und wir uns keine Ausfälle leisten können
- die Krankenstandszahlen eh schon so hoch sind und der Betrieb sonst nicht aufrechterhalten werden kann
- Asthmatiker bin und an einer Pollenallergie leide (Maske auch im Freien ratsam)
- die Luftverschmutzung in der Stadt so hoch ist und ich damit meine Lungen schütze
- es neben Covid auch Influenza und andere Viren gibt, gegen die eine FFP2/3-Maske genauso gut schützt
- ich aufgrund der hohen Infektionszahlen nicht ausschließen kann, selbst infiziert zu sein, so schütze ich meine Mitmenschen
- ich weiß, dass Covid19 zu kognitiven/olfaktorischen Beeinträchtigungen führt. Das kann mich meinen Job kosten (z.B. Lotse, Flugbegleiter, Koch)
- ich gerne Sport treibe und eine Infektion in jedem Fall eine mehrwöchige Auszeit erzwingt, um Herzmuskelentzündungen und anderen schwerwiegenden Folgen vorzubeugen
- ich einen Wettkampf plane und in der Vorbereitungszeit nicht erkranken darf
- ich demnächst eine geplante Operation habe und die Narkose riskant ist, wenn man sich in den acht Wochen vor der OP infiziert hat.
Das verstehe ich unter “gesundheitliche Gründe glaubhaft machen”.
Sollte die Erklärung nicht akzeptiert werden, würde ich einen Zahlschein verlangen (man ist nicht verpflichtet, sofort zu zahlen) und auf die Anzeige warten und diese beeinspruchen.
Es kann jedenfalls nicht sein, dass sich vulnerable Personen in der Öffentlichkeit künftig als solche deklarieren müssen (“ärztliches Attest”), um Schutz vor einer Ansteckung zu bekommen. Das sind Methoden der 30er Jahre, die passen nicht ins 21. Jahrhundert. Was kommt als nächstes? Eine Armbinde mit einem großem V wie Vulnerabel? Und natürlich alle anderen, die gesund sind oder sich dafür halten, dürfen die sich dann nicht mehr schützen? Man sieht, dass hier Klärungsbedarf durch das Innenministerium gegeben ist.
Empfehlungen gibt es nach wie vor auch von offizieller Seite.
Auf der Seite 1450 wird ausdrücklich das Tragen einer FFP2-Maske empfohlen, ebenso auf der Seite des Gesundheitsministeriums.
Gesundheitsminister Rauch mit der vernünftigsten Aussage seit Amtsantritt im März 2022:
#Maskentragen stellt KEINEN Verstoß gegen das #Vermummungsverbot dar! Wer freiwillig #Maske trägt, schützt sich und andere. Die Klarstellung wird gerade vom Innenministerium ausgearbeitet.
Damit ist das Thema dann hoffentlich erledigt.
Derzeit steht im Bundesgesetz des Innenministeriums:
(2) Ein Verstoß gegen das Verhüllungsverbot gemäß Abs. 1 liegt nicht vor, wenn die Verhüllung oder Verbergung der Gesichtszüge durch Bundes- oder Landesgesetz vorgesehen ist, im Rahmen künstlerischer, kultureller oder traditioneller Veranstaltungen oder im Rahmen der Sportausübung erfolgt oder gesundheitliche oder berufliche Gründe hat.
Moin von der Nordsee!
Ich hab Ihren tollen Blog erst kürzlich via twitter entdeckt und wollte mich mal für die viele Arbeit, die darin steckt, ganz herzlich bedanken. Wichtige Aufklärungsarbeit, die eigentlich die Regierungen von Pandemiebeginn an hätten leisten müssen, statt inzwischen sogar dagegen an zu gehen. Ich bedanke mich auch für die klaren Worte, was die Diskriminierung und den Schutz Vulnerabler und den Vergleich mit den 30er-Jahren angeht. Bekanntlich sind auch hierzulande sehr viele auf dem rechten Auge blind – um so wichtiger ist es, die Dinge, die derzeit passieren klar zu benennen. Grandiose Rechercheleistung und prima Aufbereitung. Vielen lieben Dank!! Ein echter Lichtblick in dieser krassen Zeit :0)
Herzliche Grüße Heike
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https://orf.at/stories/3308370/
(Ich hör schon auf, Dich mit weiteren Kommentaren zu bombardieren, aber diese Meldung hat mich positiv gestimmt!)
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Gerade meldet orf.at, dass die Zahl der Krankenstände steigt und das beobachte ich auch in meinem beruflichen Umfeld. Woran das wohl liegen mag, wenn ich zur maskentragenden Minderheit gehöre?
Die Meldung im Schundblattl ist widerwärtig, aber Dein wertvoller Beitrag ist auch ermutigend und ich werde ihm als Lesezeichen markieren, sollte mir eine solche Begegnung bevorstehen.
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