Tag 107: Und nun …?

Während immer weniger Menschen Masken tragen, bestellte ich mir neue Masken (hier: von stoffguru.at, Wien 1150)

Vor kurzem sagte jemand: “Im Supermarkt brauchst Du keine Maske mehr.” – Das sagt der Gesetzgeber, aber was sagt die Vernunft? Deswegen ist für mich vollkommen irrelevant, wo man Masken braucht und wo nicht, jedenfalls dort, wo bis vor kurzem noch die Maskenpflicht galt. Ich trage sie dann, wenn es eng mit vielen anderen Menschen wird.
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Tag 26: Neue alte Erlässe, Maskenpflicht, Hochfahren ohne Reisefreiheit

Leute, es ist wirklich mühsam. Jeden Tag andere, oft widersprüchliche Informationen. Ich mag nimmer. Ignorieren geht auch nicht, weil sonst steht man vor dem Supermarkt und darf ohne Maske nicht hinein, obwohl die Maskenpflicht noch gar keine rechtliche Grundlage hat. Statt mal für ein paar Tage still zu halten, musste Kurz am Wochenende wieder große Interviews führen, um von einer verpflichtenden App zu sprechen, während das Rote Kreuz sagt, ihre App muss freiwillig bleiben. Sobotka ruderte zurück, die Grünen stellten klar, dass die App nicht verpflichtend sei. Gleichzeitig arbeitet die ÖVP an einer neuen App mit externer Überwachungssoftware und Bluetooth-Schlüsselanhängern Fußfesseln.

Über die psychosozialen Folgen spricht niemand – was passiert mit den Menschen, wenn sie tag und nacht das Handy bei sich haben müssen? Es könnte ja jederzeit eine Warnung kommen, dass man mit einem infizierten Menschen Kontakt hatte? Vor zwei Wochen hat der Kinderpsychiater Dr. Dierssen auf einen Blogtext von mir kommentiert, dass exzessives Vitalmonitoring (Überwachung der körperlichen Funktionen auf eine mögliche Infektion, z.b. Blutdruck, Fieber, Puls, etc…) kontraproduktiv sei, es würde zu erhöhter Anspannung und Ängsten führen. Was geschieht bei exzessiver Überwachung der Sozialkontakte eines Menschen? Ich habe aufgrund der bewiesenen Grundbösartigkeit der Regierung, vor allem des ÖVP-dominierten Anteils, ein Grundmisstrauen entwickelt.

Die Regierung versäumt es leider, beruhigende Signale im Hinblick auf die geltenden Grundrechte auszusenden:

  • Zurechtweisung der Polizei, die Verhältnismäßigkeit zu wahren
  • Menschen, die Abstände nicht einhalten, nicht als “Gefährder” mit Terroristen gleichzusetzen
  • Contact-Tracing darf nicht über die Hintertür verpflichtend werden

Einschub Pressekonferenz

  • Ausgangsbeschränkungen bis 1. Mai verlängert.
  • Ab 14. April können Geschäfte unter 400 m2, Bau- und Gartengeschäft öffnen
  • ab 1. Mai alle anderen Geschäfte, Einkaufszentren und Friseure öffnen.
  • ab 15. Mai sukzessive Restaurants und Hotels
  • Öffnung der Bundesgärten nach Ostern, mit Eingangskontrolle

Alles unter besonderen Sicherheitsauflagen.

  • Keine Veranstaltungen in ganz Österreich bis mindestens Ende Juni. Über Veranstaltungen im Sommer wird noch entschieden
  • Familienfeiern oder Ausflüge zu Ostern sind grundsätzlich untersagt. Schulen bleiben bis Mitte Mai geschlossen, die Matura wird stattfinden, Unis bleiben das ganze Semester zu.
  • Ab Ostermontag Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln und in allen Geschäften. Kurz spricht vom öffentlichen Raum (gewichtiger Unterschied), aber Anschober hat bekräftigt, dass damit Öffis und Geschäfte gemeint sind.
  • Zuwachsrate bei den Infektionen derzeit unter 2%, seit einer Woche einstellig (falls die Tests stimmen)
  • Rücknahme des Oster-Erlasses, weil Ausgangsbeschränkungen weiterhin gelten
  • Zu Reisefreiheit kommen gesonderte Informationen, erst mit Impfstoff, d.h. mindestens vor Herbst nicht im Ausland, im Binnenland wohl sehr eingeschränkt

Wenn es heißt, wir sitzen alle im gleichen Boot, stimmt das eben nicht. Bei manchen hat das Boot kein Ruder mehr, bei manchen fehlt die Luft, bei anderen dringt schon Wasser durch den Rumpf.

Update, 20.20: 

Ich war dann das erste Mal einkaufen, ohne Handschuhe, mit Stofftasche. Leider muss man jetzt im den kleinen BILLA-Supermarkt ums Eck einen Einkaufswagen benutzen. Damit steht man sich nur im Weg, kann nicht ausweichen und muss enger aneinandervorbei als ohne Wagen. Es war ein Spießrutenlauf. An der Kassa hab ich bar bezahlt, weil ich Trinkgeld geben wollte. Ich rundete auf, sie bedankte sich herzlich. Ich hab den Einkaufswagen zurückgeschoben und draußen meine Hände desinfiziert mit dem wenigen Desinfektionsmittel, was ich noch habe. Ideal ist das alles nicht. Das haben sich wieder hirnrissige Experten ausgedacht, die nur in Mega-Supermärkten einkaufen gehen.

Allerdings ist das auch ein Grundproblem der Regierungsarbeit. Es fehlen die Grundlagen. In einem der ORF-Reportagen wurde von einem Fachmann für Kommunikation gesagt, dass die Bevölkerung eher Maßnahmen befolgt, wenn sie eine Grund dafür sehen, warum sie es tun sollen. Es gibt bis dahin keine Studien aus Österreich, wo erhoben wurde, wie die Infektionsketten aussehen, ob Oberflächen kontaminiert sind in öffentlichen Verkehrsmitteln oder Supermärkten. Jetzt müssen in öffentlichen Verkehrsmitteln und Supermärkten Masken getragen werden. Anders in Deutschland, da wird aktiv und transparent geforscht. Da finden sich erhellende Aussagen, die im Widerspruch zu den österr. Maßnahmen und vor allem ihrer polizeilich harter Durchsetzung stehen:

“Wir haben Viren auf Gegenständen oder Türklinken gefunden. Auch einmal im Toilettenwasser, wenn jemand Durchfall hatte. Es ist uns aber in keinem Fall gelungen, daraus intakte Viren anzuzüchten.”

“[…] bisher seien keine Infektionen beim Friseur, beim Busfahren oder beim Einkaufen nachgewiesen worden.”

“Es gab keine Übertragung im Restaurant, der Taxifahrer hat sich nicht infiziert und niemand in öffentlichen Verkehrsmitteln. Und das, obwohl diese Frau hochinfektiös gewesen zu sein scheint.”

ZEIT ONLINE: Sie haben sich aber noch aus anderen Gründen gegen eine strikte Ausgangssperre ausgesprochen. Warum?

Streeck: Ein Grund ist, dass wir gerade alles tun, was schlecht für unser Immunsystem ist. Wir hängen zu Hause rum und gehen nicht raus in die Sonne. Nur zu viert im Park auf einer Decke zu sitzen, ist schon verboten. Aber auch da schauen wir nicht auf die Fakten. Sars-CoV-2 ist eine Tröpfcheninfektion und keine, die über die Luft übertragen wird. Wären es Masern und wir hätten alle keinen Immunschutz, dann würde auch ich dazu raten, öffentliche Verkehrsmittel zu meiden. Auch bei Pocken würde ich mich anders verhalten.”

Stattdessen ist es bei uns verpönt, mit Bargeld zu zahlen, obwohl es gegenwärtig keine Belege dafür gibt, dass man sich darüber einem erhöhten Risiko, sich zu infizieren, aussetzt (jedenfalls nichts, was man nicht durch gründliches Händewaschen und sich nicht ins Gesicht fassen, verhindern könnte).

Die sehr umfangreiche FAQ des Sozialministeriums klärt viele Fragen, nur eine Frage fehlt dezidiert:

Wann darf man wieder uneingeschränkt (mit Mundschutz) öffentliche Verkehrsmittel benutzen?

Das betrifft immerhin etliche Wiener ohne Auto bzw. Führerschein. Mich.

Update, 21.15

Virologe Streeck: Anstreckung über die Luft extrem unwahrscheinlich

Eine ähnliche Studie wie in Heinsberg läuft derzeit auch in Bergamo. Problem aller Medikamente ist derzeit, dass es keine gesicherten Studien gibt – zu hohes Risiko von Nebenwirkungen/keiner Wirkung. Thema Maskenpflicht: Einschnitte ins tägliche Leben für unbestimmte Zeit, Einschränkung des Gesichts versus Bewegenfreiheit, müssen Juristen, Psychologen, Soziologen beurteilen. Thema Virenverbreitung in der Luft: COVID19 ist Tröpfcheninfektion (kleine Tröpfchen Sekret werden durch spucken, niesen, husten, feuchte Aussprache werden durch die Luft übertragen). Spucke fällt sofort runter, halten sich nicht lange in der Luft. Je kleiner, desto länger halten sie sich in der Luft, aber je kleiner, desto weniger Virenpartikel sind darin, die ab einer bestimmten Menge nicht mehr ausreichen, um einen Menschen zu infizieren. Frage ist, wie nah muss man an einem Menschen sein, damit noch genug Virenpartikel in der Luft sind, um sich zu infizieren. Nahezu keine Gefahr ab Abstand von 1,5m-2m. Nicht wahrscheinlich, dass man sich im Raum mit anderen infizierten Personen infizieren kann, aber nicht ausgeschlossen, dass es passieren kann.

Virologe Drosten: Neue Argumente für Maskenschutz, keine Flächendesinfektion im Haushalt nötig

Generelle Maskenpflicht ad hoc ist komplex, rein logistisch, kulturell nicht verankert und eingeübt. Kaum wissenschaftliche Evidenz dafür, dass Selbstschutz durch einfache Masken funktioniert. Medizinische Masken erfordern medizinische Voruntersuchung, um sie tragen zu dürfen, z.b. Lungenfunktionstests. Einfache OP-Masken, die man sich selbst nähen kann. Es gibt Anfangsevidenzen für den Fremdschutz, aber: Jeder muss die Masken tragen. Zwei interessante Arbeiten:

Nature Medicine – was gibt eine infizierte Person von sich in der ausgeatmeten Luft? Patient hat einfachen Mund-Nasen-Schutz aufgesetzt bekommen, andere Gruppe ohne Maske. 17 Personen hatten normale Corona-Erkältungsviren (eher obere Atemwege), 43 hatten Influenza und 54 Rhinoviren (Schnupfen), alles junge und mittelalte Erwachsene. 30min lang wurde Absaugvorrichtung vor der Person aufgebaut, Atemluft und Hustenluft wird gesammelt und im Labor getestet. Große Tropfen sind Teil der Tröpfcheninfektion, fällt im Radius von 1,5-2m zu Boden. Aerosole (Partikelgröße unter 1-5 Mikrometer) trocknen aus, werden kleiner und schweben länger, das Virus trocknet aber auch irgendwann aus. [Bei der Studie mit 3 Std. Beständigkeit in der Luft spezielle Laborsituation] Ergebnisse eindeutig: 11 Patienten mit Coronaviren mit Maske wiesen keine Virenpartikel über die gesamten 30min auf, in der anderen Gruppe ohne Maske waren es 10 Patienten, mit nachweisbarem Virus.

Studie aus Singapur, im Pre-Print, kleinere Studie, aber mit Covid19. Bei 2 Patienten mit viel Virus in den oberen Atemwegen konnte man Virenpartikel in der Raumluft nachweisen. Kleintröpfiger Bereich in trockener Raumluft – Tröpfchen stehen in der Raumluft, sind noch eine gewisse Zeit infektiös. außer in Räumen mit technischer Raumluftumwalzungen (viele Supermärkte haben das!) mit erheblicher Austauschrate. Bei Luftübertragung (“airborne virus”) hilft die einfache Schutzmaske nicht mehr. Nebenbeobachtung zu Singapur: Wischproben in 30 verschiedenen Krankenzimmern mit Covid19 von allen möglichen Oberflächen, viel deponierte RNA gefunden, z.b. Fußboden (gröbere Tröpfchen), alle Proben waren nur in der ersten Symptomwoche positiv, nicht mehr in der zweiten nicht mehr, keine nennenswerte Viruskonzentration mehr in der Raumluft. Patienten geben später in der Erkrankung weniger Virus von sich. Wichtig für die Vorstellung: Wann ist der Patient infektiös?

Ansteckung über Oberflächen selbst: etwa 10% funktionieren höchstens darüber. Maßnahmen in der Öffentlichkeit sind auf Tröpfchenübertragung ausgerichtet. Luftübertragung auch in den Studien unrealistisch, weil sich Luft im Raum auch bewegt.

Flächendesinfektion im Haushalt nicht nötig. Im Krankenhaus kann eher noch Kontaktinfektion (früher: Schmierinfektion) eine Rolle spielen. Ausfall von Geschmacks- und Geruchsinn, ganz bestimmte Art von Zellen in der Nase werden vom Virus betroffen. Iranische Wissenschaftler haben Umfrage gemacht mit 15000, davon hatten 10000 einen Ausfall/Beeinträchtigung des Geruchsinns, 76% hatte plötzlichen Ausfall. 75% hatten influenza-ähnliche Symptome, 83% hatten Geschmacksverlust – davon hatten 12% hatten ebenfalls Atemwegserkrankung, davon mussten 7,8% ins Spital, aber 48% im Haushalt, da hat 1 Familienmitglied auch Ausfall des Geruchsinns.

Bemerkenswert, solche großen Zahlen und plötzlichen (bemerkbaren) Ausfall des Geruchsinns zu sehen. Ratsam, sich selbst zu isolieren, wenn dies auftritt.

 

 

 

 

 

 

 

 

Tag 25: Abwechslung

16

Schönungsteich in der Schwarzlackenau, im Hintergrund Lepoldsberg und Kahlenberg

Heute kleiner Radausflug ans andere Ufer. Tat gut.

7

Frühlingsadonis

Während ab morgen Maskenpflicht in den Supermärkten herrscht, erhalten die behandelnden Ärzten in den Spitälern zu wenige Schutzmasken. Im AKH fehlt selbst der Nachschub an einfachen OP-Masken. Sie holen sich sich das gratis Modell beim SPAR oder nähen selbst. Gleichzeitig werfen viele Supermarktkunden die Masken nach zehn Minuten tragen weg, im Glauben, es gäbe eh genug und das Gesundheitspersonal sei versorgt. Erschreckend. Laut Virologe Streeck, der eine großangelegte Studie im deutschen Corona-Hotspot Heinsberg (40000 Einwohner) gemacht hat, konnte übrigens keine einzige Infektion auf einen Supermarkt zurückgeführt werden. Vielleicht hätte es ausgereicht, weiterhin gründlich die Hände zu waschen, Abstand zu halten, in die Armbeuge zu niesen und die zahlreichen Masken den Ärzten und Pflegern zu überlassen? Es bleibt Spekulation.

Ich halte die bisherigen Maßnahmen übrigens für richtig, nur in der Ausformulierung und Umsetzung teilweise für katastrophal. Parks geöffnet, Bundesgärten (größere Fläche) geschlossen. Genügend Masken im Supermarkt, aber nicht in den Spitälern. Spazieren gehen erlaubt, hinsetzen nicht und drakonische Strafen (500 Euro) teilweise für Einzelpersonen, die  von der Begrifflichkeit her plötzlich mit Terroristen (“Gefährder”) gleichgesetzt werden. Obwohl man nicht einmal weiß, ob sie überhaupt infiziert sind. Privat-Fahrten mit dem PKW erlaubt, aber keine gesperrten Fahrspuren in der Stadt. Auch kann man die Bedeutung des Öffinetzes von Wien nicht mit anderen Städten vergleichen. Man hätte auch dafür eine Lösung finden können, etwa Beschränkung der Personenzahl pro Waggon, Durchsagen, Kontrollen, aber keine pauschale Sperre. Jetzt finden sich manche von uns in der eigenartigen Situation, dass sie zur Arbeit mit den Öffis fahren müssen, aber zur Erholung nicht mit den Öffis in den Wienerwald/Stadtrand dürfen.

Gleichzeitig mache ich mir schon Gedanken darüber, wie es mittelfristig weitergeht. Die Regierung wiederholt mantraartig, dass es ihnen um den Schutz der Alten und Risikogruppen geht.

Das hat bisher ja super funktioniert. #not

Die chronisch Kranken müssen derzeit auf Behandlungen verzichten, die Folgeschäden zeigen sich nicht unmittelbar, sondern erst später. Und viel später kommt die vierte Welle mit Trauma, psychischen Erkrankungen, Arbeitslosigkeit und Burnout.

Es wäre Aufgabe der Regierung, gegenzusteuern, indem sie Sicherheit bzw. Absicherung bietet. Der 38 Mrd-Rettungsschirm reicht nicht aus. Denn die meisten dürften sehen, dass es mit diesem Jahr nicht ausgestanden sein wird. Gefasel von “neuer Normalität” schafft nur Ängste und Ohnmachtsgefühle. Die Menschen brauchen eine Perspektive.