Hoher Bedarf an Gratis-PCR-Tests und LongCOVID-Ambulanzen!

aus Perumal et al. (2023) – LongCOVID als Spektrums-Erkrankung

Am 06. April 2023 wurden die Pläne der Regierung vorgestellt, ab Juli neben der Meldepflicht von SARS-CoV2 auch den Zugang zu gratis Tests abzuschaffen. Tests sollten nurmehr bei Symptomen beim Hausarzt möglich sein. Trotz mehrerer Stellungnahmen engagierter Bürger hält das grün regierte Gesundheitsministerium daran fest: Gesetzesentwurf

Alle Stellungnahmen können – auch anonym – unterstützt werden, um zu verhindern, dass Personen der Risikogruppe und deren Angehörige, sowie alle, die sich weiter vor LongCOVID schützen wollen, auf privat gezahlte, teure PCR-Angebote angewiesen sind – für viele Armutsbetroffene unerschwinglich.

Betroffene von LongCOVID und MECFS haben bereits ein Rundschreiben an die Politiker verfasst, um auf ihre dramatische Versorgungslage aufmerksam zu machen. Die Reaktion der Grünen fiel verständnislos aus und ging am Anliegen vorbei. Mir wurde die E-Mail-Antwort der grünen Behindertensprecherin, Heike Grebien, zugespielt, die Ende April 2023 noch eine flammende Rede unter (Krokodils-)Tränen für MECFS-Betroffene gehalten hat und auch die umstrittene Studie von Ludwig et al. (2023) anzweifelte, die einen kausalen Zusammenhang zwischen psychosomatischen Störungen und MECFS herstellen wollte. Angesichts der klaren Evidenz von zahlreichen Biomarkern für MECFS (siehe oben bzw. hier) ist es ein Skandal, dass die österreichischen Studienautoren zum Schluss kommen, dass …

“Ähnlich steht es um das „Post-COVID-Syndrom“ – wie bei ME/CFS fehlen häufig objektivierbare Beschwerden. [….] Objektiv messbare kausalitätsbegründete und diagnostische Parameter für die Ärzt:innen fehlen.”

Die Studienautoren sind alle Neurologen, u.a. einer neurologischen LongCOVID-Ambulanz und behandeln wohlhabendere Betroffene bei Small Fiber Neuropathy (SFN) erfolgreich mit teuren Medikamenten in hohen Dosen, sonst ist es schwierig/unmöglich, an SFN-Biopsien heranzukommen.

Neurologen wollen MECFS-Patienten nicht behandeln, weil

  • es sich um eine stigmatisierte Krankheit handelt
  • Fachkenntnisse fehlen
  • Wissen um die Schwere der Erkrankung fehlt
  • Standarddiagnostik zu keinen Ergebnissen führt
  • andere Diagnostik kennt man nicht, ist zu aufwändig, wird nicht vergütet, nicht karrierefördernd…
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Österreich: Pandemie im postfaktischen Zeitalter

Wissenschaft derzeit im Würgegriff der postfaktischen Politik

Wenn ich die Pandemie in einem anderen (west-) europäischen Land als in Deutschland, Österreich oder der Schweiz erlebt hätte, dann wäre ich am Anfang noch hoffnungsfroh gewesen, dass sich durch die epochale Zäsur auch ein Struktur- bzw. Systemwandel erzwingen lässt. In anderen Ländern sieht man durchaus Ansätze, als Konsequenz auf die Unberechenbarkeit von Masseninfektionen saubere Innenraumluft einzuführen, etwa in Belgien oder in den USA. Anekdotisch gibt es in keinem Land so aggressive Reaktionen auf Maskenträger wie in Österreich, ganz anders etwa in Süd- und Mittelamerika, aber auch in Griechenland oder Italien. Als die Maskenpflicht in den Supermärkten kam, ließ Ex-Kanzler Kurz ausrichten:

Ich bin mir vollkommen bewusst, dass Masken für unsere Kultur etwas Fremdes sind“, es werde eine große Umstellung sein. Das werde eine Lernphase sein. Ziel werde es sein, diese Masken auch überall dort zu tragen, wo ein Vorbeigehen stattfindet. Kurz sagte zudem, das sei „kein Ersatz für das Abstandhalten“, sondern eine zusätzliche Maßnahme. (30.03.20)

Schon ab Sommer 2022, inmitten der schweren BA.5-Welle, konnte es der Bundesregierung nicht schnell genug damit gehen, die Maskenpflicht abzuschaffen, im Februar 2023 inmitten der XBB.1.5-Welle folgte die Wiener Stadtregierung nach und schaffte die “lästigen” Masken, die dem Gesundheitsstadtrat Hacker bereits “zum Hals raushingen” ab. Eine Empfehlung fürs Maske tragen und generell auch eine Erklärung, weshalb Maske tragen sinnvoll war und ist, blieb aus.

In Österreich hat man nichts aus der Pandemie gelernt. Das gesellschaftliche Klima gegenüber Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen hat sich dramatisch verschlechtert. Sie kommen in keinem Parteiprogramm vor. Infektionsschutz spielt keine Rolle. Zu den großen Verlierern zählen auch die Kinder. Es gibt seit langem schon Studien zum gestiegenen Diabetes-Risiko nach einer Covid-Infektion, bei Kindern hat es sich verdoppelt (Weiss et al. 2023) und das ist nur die Spitze des Eisbergs. Wir wissen jetzt auch, dass die schwere RSV-Welle in den Jahren 2021 und 2022 auf der Nordhalbkugel auf die Durchseuchung der Kinder zurückzuführen war (Wang et al. 2023) und Reinfektionen – auch mit OMICRON – das LongCOVID-Risiko erhöhen (Perreira et al. 2023). Auch die Zunahme an Scharlach-Fällen (v.a. Streptokokken A) ist auf die Immunschwäche zurückzuführen, die Covid19 zumindest vorübergehend verursacht (Kvalsig et al. 2023). Die Hiobsbotschaften aus der Forschung treffen genau so ein wie befürchtet oder prognostiziert. Von Beginn an hätte man bei einem unbekannten Erreger auf das Vorsichtsprinzip setzen müssen – gerade bei Kindern, die die meisten (gesunden) Lebensjahre vor sich haben von allen Generationen!

Ich weiß längst, dass ich mit Fakten nichts mehr reißen werde. Corona ist längst zum Tabuthema geworden. Wochenlange Krankenstände selbst nach der zweiten Infektion, die so gar nicht ins Bild der “Hybrid-Immunität” passen oder zu Aussagen wie “Jetzt hast Du es hinter Dir! werden einfach nicht mehr angesprochen. Das stört die Normalitätssimulation, die heile Welt von 2019, die jetzt 2023 zurückgekehrt sein soll – jetzt, wo die Pandemie doch vorbei ist. Nur: Stimmt das überhaupt? Auch das will keiner mehr wissen. JournalistInnen sagen hinter vorgehaltener Hand, dass man mit dem Thema Covid in den Redaktionen auf taube Ohren stößt – das Thema ist lästig geworden, und stört die Verdrängung. Nur: Journalisten haben eine Verantwortung dem Leser gegenüber, und müssen auch dann berichten, wenn es lästig ist, aber gesellschaftlich relevant und wissenschaftlich untermauert bleibt.

Mir ist längst bewusst, dass ich in meinem nichtdigitalen Umfeld zum Sonderling geworden bin. Ich bin derjenige, der immer noch Maske trägt – im Handel, im Supermarkt, in den Öffentlichen Verkehrsmitteln, beim Arzt, aber auch bei den Übergaben bei Schichtwechsel oder in der Kantine. Die Maske setze ich nur bei kalkulierbaren Risiken ab, etwa durch meine CO2-Messungen oder wenn ich davon ausgehe, dass keine infizierten Personen auf einer Hütte einkehren, die nur mit mehreren Stunden Fußmarsch erreichbar ist. Ich kann aber auch all das, was ich die letzten Jahre gelernt habe, nicht einfach vergessen. Dafür kenne ich auch zu viele Erfahrungsberichte von Betroffenen aus erster und zweiter Hand. Es ist nicht leicht derzeit – als Meteorologe, der sowohl die Auswirkungen der globalen Erhitzung sieht als auch die Folgen der Pandemie dokumentiert. Ich sehe keinerlei ernsthaftes Bestreben der Menschheit, den Ernst der Situation zu erkennen und etwas dagegen zu unternehmen.

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Wenn man die Ungerechtigkeit nicht ausblenden kann

Jahre des Grants in der Pandemie und unter türkis/grün-blau.

Grundsätzlich versuche ich auch durch meinen Survival Guide Eigenverantwortung vorzuleben. Seit Pandemiebeginn macht mich die Datenwüste in Österreich nervlich fertig, weil man ständig im Blindflug unterwegs war und ist. In anderen Ländern gab es bis auf Gemeindeebene Infektionszahlen, nicht in Österreich. Kein Landeshauptmann, kein Bürgermeister wollte sich die Blöße geben mit einem Cluster. Immer schön alles verschweigen. Mittlerweile ist die Surveillance weiter abgebaut worden. Seit der kritische Molekularbiologe Ulrich Elling die Genomsequenzierung neuer Varianten an die AGES abgeben musste, sind die Daten nicht mehr aktuell und auch nicht sehr genau. Die aktuelle Statistik, welche Varianten gerade dominieren, hinkt zwei Wochen hinterher. Das Abwassermonitoring ist ebenfalls zeitlich nicht up to date, eher noch das Tiroler Abwasser, weil die dort Messungen für den Bund machen (Gerichtsmedizin Innsbruck), in den anderen Bundesländern wird unterschiedlich erfasst. Die Gesamtzahl der Tests wird nurmehr einmal pro Woche gemeldet, damit lässt sich nicht einmal zur Positivrate eine Schätzung abgeben.

Es war die letzten drei Jahre wesentlich mehr möglich als getan wurde. Es wäre auch jetzt noch möglich, mithilfe von CO2-Messungen, die für jedermann einsehbar sind, die Luftqualität in öffentlichen Räumen zu erfassen – wie es in anderen Ländern längst geschieht, nur im rückständigen anti-wissenschaftlichen, esoterisch vollverschwurbelten Österreich nicht. Es ist nicht gewünscht, das Infektionsrisiko zu abzubilden, weil die Wirtschaft dann gezwungen wäre, Geld in Schutzmaßnahmen zu investieren. Zudem finden es zu viele geil, ständig krank zu sein, weil das immer noch besser sein würde als einen “Gehorsamsfetzen” zu tragen. Dabei reißen sie halt als Kollateralschäden viele Menschen mit, die lieber gesund geblieben wären oder nicht kränker werden wollten. Egoismus regiert. Literally.

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Internationaler ME/CFS-Tag: Ehrliches Interesse nur mit Forderung von Prävention

Protestaktion der Österreichischen MECFS-Hilfe am Internationalen ME/CFS-Tag am Heldenplatz in Wientrotz strömenden Regens später noch gut besucht

Seit 1969 ist MECFS von der WHO klassifiziert – MECFS ist die Abkürzung für Myalgische Enzephalomyelitis bzw. Chronisches Fatigue Syndrom. Es handelt sich um eine schwere Multisystemerkrankung, die bei den meisten Betroffenen zum Verlust der Arbeitsfähigkeit führt. 25% sind so schwer krank, dass sie Haus oder Bett nicht mehr verlassen können und auf Pflege angewiesen sind. MECFS-Erkrankte leiden unter ausgeprägter Zustandsverschlechterung nach körperlicher und geistiger Belastung (Post-Exertional Malaise (PEM), dazu gehören schwere Fatigue (krankhafte Erschöpfung), kognitive Störungen, Schlaflosigkeit, ausgeprägte Schmerzen, Überempfindlichkeit auf Reize, Störung und Überaktivität des Immunsystems sowie Störung des autonomen Nervensystems.

In Österreich sind 26000 bis 80000 Menschen betroffen – durch SARS-CoV2 kamen tausende Betroffene hinzu und werden immer noch mehr. Viele Betroffene sind zu krank, um selbst vor Ort mitzuprotestieren. Für sie stehen stellvertretend die leeren Schuhe am Platz. Erfreulicherweise waren auch einige Medienvertreter vor Ort, ORF, Puls24 und Radio Technikum (Bericht von Eva Maria Wohlfarter).

Trotz der massiven Auswirkungen der MECFS-Erkrankung gibt es weder Beratungsstellen noch ambulante Anlaufstellen oder stationäre Einrichtungen für Notfälle. Betroffene kämpfen mit Stigmatisierung und Verleugnung der Schwere ihrer Erkrankung. Mediziner haben häufig einen veralteten Kenntnisstand und schieben die Beschwerden auf die Psychoschiene. Schwerstbetroffene müssen monatelang oder jahrelang vor Gericht um ihre Rechte kämpfen, jeder Termin kann zu einem Crash und zu einer Verschlechterung ihrer Beschwerden führen. Die Pensionsversicherungsanstalt (PVA) erklärt Betroffene trotz Bettlägerigkeit für Simulanten und arbeitsfähig, vielfach werden Präsenztermine verlangt.

Ein großes Problem der Berichterstattung ist der fehlende Konnex zur Prävention gegen Infektionskrankheiten. SARS-CoV2, Influenza und andere Viren zählen zu den Verursachern von Langzeitfolgen, die per definitionem nach sechs Monaten in MECFS übergehen können. Wir wüssten jetzt, was wir zur Infektionsprophylaxe tun könnten: Saubere Luft in Innenräumen, konsequente Isolation bei Symptomen und FFP2-Maske tragen. Damit verhindert man nicht nur die Ausbreitung von SARS-CoV2, sondern auch von anderen potentiell tödlichen oder chronifizierend krankmachenden Viren. PolitikerInnen fordern jetzt mehr Forschung, aber wo war die Aufmerksamkeit die letzten Jahre? MECFS-Betroffene haben schon im März und April 2020 frühzeitig vor chronischen Langzeitfolgen durch Covid19 gewarnt. Sie wurden ignoriert. Die westliche Impfstoffentwicklung zielte trotz der rasch wachsenden Zahl an LongCOVID-Betroffenen nur auf die Verhinderung von schweren Verläufen und Tod ab, nicht auf die Verhinderung der Ansteckung selbst (es war Zufall, dass die Impfstoffe bis zur Entstehung von OMICRON auch sehr gut gegen Ansteckung geschützt haben). Die Entwicklung von infektionsvermeidenden Impfstoffen schreitet viel langsamer voran jetzt – für Eile gibt es für die Regierungen keinen Anlass mehr, nachdem SARS-CoV2 kaum noch erfasst wird.

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Die Gesundheitskrise ist gekommen, um zu bleiben

Die erste OMICRON-Welle (BA.1 und BA.2) war tödlicher als die DELTA-Welle und die zweitschlimmste Welle der Pandemie bisher. Die Sterblichkeit durch OMICRON-Subvarianten bleibt hoch und da ist die Übersterblichkeit durch Post-Covid-Folgen nicht eingerechnet

Die Risikokommunikation zur SARS-CoV2-Pandemie bleibt missverständlich und hat weiterhin fatale Folgen. Am 31. Dezember 2019 wies Virologe Florian Krammer erstmals in einem Tweet auf den Ausbruch einer neuartigen Lungenkrankheit hin. Am 21. Januar 2020 hielt es Virologe Christian Drosten für sinnvoll, dass die WHO eine internationale Gesundheitskrise (PHEIC, Public Health Emergency of International Concern) ausrufen würde.

Am 25. Jänner gab es bereits 1400 Fälle.

Krammer drängte die WHO: “This is a PHEIC, we are all China at this moment. Not acting now will not age well.”

Am 28. Jänner 2020 berichtete Statnews, dass sich das Virus übertragen kann, bevor die infizierte Person Symptome entwickelt.

Am 30. Jänner 2020 rief die WHO schließlich ein PHEIC, ihre höchste Alarmstufe, aus. Diese ist als außergewöhnliches Ereignis definiert, das …

  • ernst, plötzlich, ungewöhnlich oder unerwartet ist
  • Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit über die Landesgrenzen des betroffenen Staates hinaus hat und
  • möglicherweise sofortige internationale Maßnahmen erfordert.

Seit Einführung wurden sieben PHEICS erklärt – Schweinegrippe-Pandemie 2009, Ebola-Ausbruch in Westafrika 2014 und Zentralafrika 2018-2020, Polio 2014 (bis heute!), Zika-Ausbruch Lateinamerika 2016, SARS-CoV2 und Affenpocken seit Juli 2022. Ausführlicher in der Seuchenkolumne von Robert Zangerle.

Am 4. Mai 2023 traf sich das Covid19-Emergency Comittee der WHO – zu den Beratern zählt u.a. Durchseucher Anders Tegnell aus Schweden – und empfahl eine Beendigung des PHEIC, was WHO-Chef Tedros am 05. Mai 2023 umsetzte:

“With great hope I declare Covid-19 over as a global health emergency.” (Twitter)

Die Entscheidung auf Hoffnung zu basieren mutet seltsam an, wenn man sich das ausführliche Statement der WHO durchliest:

Seit Ausrufung der PHEIC wurden der WHO über 7 Millionen Tote gemeldet, die Schätzungen bewegen sich aber bei mindestens 20 Millionen Todesopfern. Die Gesundheitssysteme sind weltweit schwer unter Druck geraten, Millionen Menschen sind von der Regelversorgung abgeschnitten, einschließlich lebensrettender Impfungen für Kinder. Die Pandemie hat auch für wirtschaftliche Verwerfungen gesorgt, Reiseverkehr und Handel beeinträchtigt und Millionen in die Armut getrieben. Die weltweite soziale Ungerechtigkeit hat sich verschärft. Seit mehr als einem Jahr würde die Pandemie einen Abwärtstrend aufweisen, mit steigender Bevölkerungsimmunität von Infektion und Impfungen, abnehmender Sterblichkeit und nachlassendem Druck auf die Gesundheitssysteme. Dadurch sind die meisten Länder zum Leben wie vor der Pandemie zurückgekehrt. Jetzt sei der Zeitpunkt gekommen, das PHEIC aufzuheben. Das heißt aber nicht, dass Covid19 als globale gesundheitliche Bedrohung zu Ende sei. Letzte Woche starb alle drei Minuten ein Mensch an Covid19 – und das sind lediglich die offiziell registrierten Todesfälle. Derzeit kämpfen tausende Menschen auf Intensivstationen um ihr Leben. Weitere Millionen leben mit den verheerenden PostCovid-Folgen. Das Virus ist gekommen, um zu bleiben. Es ist weiterhin tödlich und ändert sich. Das Risiko neuer Varianten und Infektionswellen bleibt.

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Düstere Entwicklung in Österreich

Gesundheitsminister Rauch (Grüne) verkündet das Ende der Maskenpflicht und damit der Schutzmaßnahmen an den Orten, wo Vulnerable nun den allerletzten, allerwichtigsten Schutz verlieren: Wer im Spital liegt und eine Narkose bekommt, aufwacht, oder im Gesicht untersucht wird, ist künftig den ignoranten Idioten ohne Hausverstand und Berufsethos ausgeliefert. Die Bevölkerungsimmunität ist mitnichten hoch – gegen was überhaupt? Weiterhin rund 50 Tote pro Woche, die auf schwere Akutverläufe zurückgeführt werden können, während sich die mysteriösen Schlaganfälle und Herzinfarkte bei jungen Menschen häufen. Nur jedes fünfte Kind entwickelt Antikörper gegen OMICRON-Varianten. Reinfektionen sind mit OMICRON-Subvarianten häufig, insbesondere jetzt mit den rekombinanten Varianten und fallen nicht zwingend leichter aus. Langzeitfolgen gibt es nach wie vor, die Impfung verringert das LongCOVID-Risiko, aber nicht auf Null. Selbst eine niedrige einstellige Prozentzahl wären auf lange Sicht hunderttausende, weitere Betroffene. In der Mehrzahl der Fälle verschlechtert eine weitere Covid-Infektion bestehendes LongCovid. Gegen MECFS gibt es derzeit keine Heilung. Wir sind nicht gut durch die Pandemie gekommen. Länder mit ZeroCovid-Strategie sind nach wie vor besser durchgekommen, aber die Pandemie ist nicht zu Ende. Die Maske schützt nicht nur ältere und vulnerable Personen, sondern alle Menschen, insbesondere auch jene, die keine Maske tragen können, sei es wegen dem Alter oder einer Behinderung. Tests bleiben nur für hochvulnerable Personen gratis, die Paxlovid bekommen können, und auch da nur Antigentests.

Verzeiht, wenn ich heute nicht den hoffnungsfrohen Beitrag schreibe. Ich muss das loswerden jetzt, weil es bereitet mir große Sorgen und niedergeschrieben kann ich es wenigstens kurzzeitig verdrängen, um wieder Luft zu schnappen. Wie ich bereits in unzähligen Beiträgen hier verdeutlicht habe, ist der Einfluss rechtsesoterischer Ideologie auf die Pandemiepolitik in Österreich groß. Ich habe bereits vor knapp zwei Jahren vor genau dieser Entwicklung gewarnt, wie sie jetzt eintritt – wie bereits in Italien, Finnland und Schweden holen die rechtsextremen Parteien die Wählerstimmen und sorgen für Regierungswechsel.

Aus meinem damaligen Beitrag:

Timothy Snyder definiert den autoritären Pfad so:

  1. Schritt: Gegen Minderheiten mobillisieren (“Othering”)
  2. Schritt: Armusbetroffene schikanieren, soziale Grundrechte außer Kraft setzen
  3. Schritt: Demonstrationsrecht einschränken und Höchstgerichte aushebeln
  4. Schritt: NGOs und Zivilgesellschaft schwächen
  5. Schritt: Kritische Journalisten unter Druck setzen

Seit Juni 2021 hat sich dieser Weg fortgesetzt – mit Beteiligung eines grünen Gesundheits- und Sozialministers. Die massive Teuerung infolge der steigenden Energiepreise und “Kriegsgewinnler” verläuft weiterhin ungebremst mit der höchsten Inflation in West-Europa (knapp 10% auch im April), Armutsbetroffene werden mit Einmalzahlungen abgespeist – nichts Nachhaltiges. Das Koalitionsabkommen von ÖVP und FPÖ in den jeweiligen Bundesländern – Niederösterreich, Oberösterreich und seit heute auch Salzburg – zielt klar auf die Diskriminierung von Migranten und Flüchtlingen ab. “Deutsch am Pausenhof” ist das I-Tüpfelchen, die Verweigerung von Erdbebenhilfe in der Türkei und erleichterter Visabewilligung für betroffene Familien die logische Folge. Niemand darf wegen seiner Behinderung diskriminiert werden, es gibt ein Recht auf Gesundheit, in erhöhtem Ausmaß gilt das für Kinder. Das ist de facto nicht mehr vorhanden mit Aufhebung aller Schutzmaßnahmen in der noch laufenden Pandemie.

Das Innenministerium hat nie klargestellt, dass man eine Maske weiterhin aus gesundheitlichen Gründen tragen darf. Der Zugang zu den öffentlichen Daten und Statistiken wurde weiter eingeschränkt. Fallzahlen werden seit heute nurmehr einmal pro Woche veröffentlicht, die Abwasserdaten hinken der Entwicklung hinterher, die Gensequenzierungen der AGES kommen verzögert. Das PROFIL ist in der Hand der ÖVP, die im Staatseigentum sich befindliche Wiener Zeitung hört nach 320 Jahre Bestehen als älteste Tageszeitung der Welt auf zu existieren, der ORF wird zusammengestutzt und über eine Haushaltsabgabe finanziert. Boykottieren kann man die regierungsfreundliche Berichterstattung, die auch mal live Parteiveranstaltungen der ÖVP überträgt, also nicht mehr.

Ich bezweifle, dass den Grünen je bewusst werden wird, dass sie mit ihrer rechtsesoterischen Pandemiepolitik (“vulnerable sollen sich selbst schützen, der Rest leben wie vorher”) den rechtsextremen Nachfolgern sehr viel Arbeit erspart haben. Im Gegenteil, sie haben faschistisches Gedankengut normalisiert – nämlich, dass “Menschen mit Vorerkrankungen” weniger wert sind als “gesunde, leistungsfähige Menschen”. Die Berichterstattung ist in der Pandemie gleichgeschaltet worden. Angefangen von den großen Anchor-Männern der ZiB2 über Presse, STANDARD oder Profil. Ein paar wenige kritische Stimmen gehen in der breiten Masse der Verleugnung und Täter-Opfer-Umkehr unter. Pandemierevisionismus ist Mainstream geworden. Wer die Wahrheit sagt, nämlich, dass wir weiterhin Pandemie haben mit inakzeptabel hoher Grundinfektionsrate ohne jegliche Maßnahmen, der wird verspottet, ausgelacht, als verrückt tituliert.

Der unverzeihliche Skandal ist, dass hochvulnerable Menschen drei Jahre lang auf gesellschaftliche Teilhabe verzichtet haben, weil die Gesellschaft nicht verzichten wollte, und sich jetzt in gesundheitlichen Einrichtungen anstecken, nicht einmal bei einer Party oder Urlaubsreise. Die potentiellen Folgen einer Infektion, LongCovid oder Verschlechterung der Grunderkrankungen, dankt ihnen niemand.

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Die derzeit zehn größten Irrtümer über SARS-CoV2

Pandemieverlauf in Österreich mit 7-Tages-Inzidenz auf der logarithmischen Skala, mit dem Abwassersignal Pi Mal Daumen adaptiert, da die Rohdaten nicht abrufbar sind – eingefügt die Erklärung für jeweiligen Talsohlen sowie wichtige politische Stichtage

Es ist keine wirklich neue Erkenntnis, dass viele Menschen Fakten mit Meinungen verwechseln. Neu ist, dass dies politischer Konsens ist und von den Medien nicht hinterfragt wird. Über den Abgrund der Unwissenschaftlichkeit, die sich weltweit breit gemacht hat, aber vor allem im deutschsprachigen Raum besonders eklatant bemerkbar macht, wusste man schon länger Bescheid. Die Alltagsesoterik, homöopathischen Kügelchen, Granderwasser, Energieplätze und -adern, Schüssler Salze, Bachblüten. Geschäftsmodelle für Apotheken und für Ärzt:innen, die mit Kassenverträgen nicht genug verdienen. Impfskeptische Hausärzte: Projektion auf Patienten, wenn es ums Maske nicht tragen wollen geht, der irrige Glaube, dass regelmäßige Infektionen wichtig für das Immunsystem sein würden.

Wir sind uns hoffentlich einig, dass die Erde keine Scheibe ist, dass die Schwerkraft nicht verhandelbar ist, dass Tote nicht wieder lebendig werden und dass die Wissenschaft nicht still steht, sondern zu den technologischen Fortschritten geführt hat, die uns jetzt Lösungen für Probleme bieten, die wir ohne Fortschritte gar nicht gehabt hätten.

Über Details der Wirksamkeit von Impfstoffen gegen die einzelnen Varianten, dem Evolutionsspielraum der Variantenentwicklung, der exakten Definition von LongCOVID, und der Verlaufsschwere von Folgeinfektionen gehen die Arbeitshypothesen in der Wissenschaft auseinander, über wesentliche Eckpunkte der Pandemie, dass die Impfung Millionen Menschen das Leben gerettet hat, dass Masken schützen, der Hauptübertragungsweg Aerosole sind, dass Schulen der Motor für Infektionswellen sind, dass LongCOVID auch nach milden Verläufen und unabhängig vom Impfstatus auftreten kann, sind sich die Wissenschaftler:innen weltweit einig. Ein Geflecht von Fakten bildet einen Mehrkonsens aus. Nicht eine einzelne Studie, sondern mehrere Studien und systematische Reviews vieler Studien sind entscheidend.

Viele Journalisten reagieren darauf falsch: Sie hinterfragen den Mehrheitskonsens der Wissenschaft, indem sie den Major Consensus Narrative gleich gewichten, also die Mehrheit der öffentlichen Meinung, die durch eine Minderheit an lauten Wissenschaftler:innen, der Mehrheit an Politiker:innen und der gewünschten Meinung innerhalb der Bevölkerung vertreten wird. Das heißt im Klartext: Die Bevölkerung wünscht ein sofortiges Ende der Pandemie und ein harmloses Virus, um sich mit anderen Themen des Lebens befassen zu können. Jegliche nüchterne Fakten und Aussagen, die dem Major Consensus Narrative zuwiderlaufen, werden als “Meinung” geframed.

Fakten sind etwa: Über 22000 Menschen in Österreich sind in Zusammenhang mit einem positiven Covid19-Test verstorben, überwiegend durch Lungen- und Multiorganversagen. Ein kleiner Teil ist mit Covid19-Diagnose verstorben – Covid19 schädigt als Systemerkrankung jedoch die Gefäße und kann bestehende Grunderkrankungen verschlechtern. Ein schwerer Diabetiker, der im Spital zufällig positiv getestet wird, könnte also entgleisenden Blutzucker zur Folge haben und daran versterben. Hinzu kommt die Übersterblichkeit, insbesondere durch Herzkreislauferkrankungen, Lungenembolien und Schlaganfälle, die noch Wochen und Monate nach einer Covid19-Infektion auftreten können. Das sind keine schönen Fakten, aber so sind sie nun einmal.

Ein Experte, Arzt, Journalist oder Politiker (Frauen mitgemeint) kann jetzt seine private Meinung haben, dass er nicht an diese Covid-Fakten glaubt, doch die Zahl der Todesfälle muss erklärt werden können. In der Wissenschaft sucht man nach der wahrscheinlichsten Ursache und nicht nach der bequemsten, die von der eigenen Verantwortung ablenkt. Wann immer die dargelegte Ursache bequem erscheint, sollte man sich fragen, ob der Autor/Überbringer wirklich unabhängig ist oder Interessenskonflikte hat. Die Qualifikation sehe ich als weniger ausschlaggebend. Es gibt auch Menschen, die sich gut in Themen einlesen können und bei Kompetenzüberschreitung auf kompetente Kollegen verweisen, oder ehrlich sagen: “Das weiß ich nicht.”

Die folgende Aufzählung ist weit davon entfernt vollständig zu sein, sie betrifft nur unsere unmittelbare Lebensrealität. Ebenso müsste man wie bei der Spanischen Grippe auch andere Kontinente einbeziehen, nicht nur Europa oder den Alpenraum oder das Land Niederösterreich oder Vorarlberg.

Der Faktencheck erfolgt wieder als Truth Sandwich, das heißt, der Fakt kommt zuerst, dann die Falschaussage, und nochmals ausführlicher der Fakt.

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Wachsam bleiben

Auch wenn es auf dem Blog vorübergehend ruhiger wird mit neuen Inhalten, ist das kein Schuldeingeständnis oder gar eine Kehrtwende: Es ist weiterhin völlig richtig und vernünftig, sich und andere zu schützen.

Solange man noch testen kann: Geht PCR testen – der Nachweis ist wichtig. In Wien wird leider nurmehr einmal am Tag die Gurgel-PCR-Box entleert (14 Uhr), das Ergebnis kommt entsprechend für zeitnahe Aktivitäten oft zu spät. Dann seht es als Nachweis für Euch selbst, im Fall von Komplikationen bei der Genesung. Für Wartelisten bei LongCOVID, was man niemanden wünschen kann, aber auch für generelle medizinische Untersuchungen, wenn gefragt wird, ob eine Covid19-Infektion stattgefunden hat. Wer nicht mehr PCR testen kann, der kann regelmäßig Antigentests benutzen. Bestenfalls Nase und Rachen gemeinsam, nicht nur Popeltest. Derzeit gibt es sie sehr günstig bei Versandhändlern als Massenbestellung.

Maskenvorrat aufstocken – auch das ist wichtig. Dichtsitz ist relevanter als FFP2 oder FFP3. Brillenträger sind im Vorteil, weil eine oben undichte Maske zu anlaufenden Gläsern führt. Ob sich Brillenträger insgesamt etwas seltener infizieren (rund 15% seltener) als Nichtbrillenträger, könnte auf diese Prüfbarkeit durch Anlaufen zurückzuführen sein. Mit XBB.1.5 oder XBB.1.16 und scheinbar vermehrt auftretender Bindehautentzündung an den Augen kommt vermehrt die Frage auf, ob man sich über die Augen infizieren kann. Das lässt sich nicht klar beantworten, es ist ebenso wie Schmierinfektion nicht völlig auszuschließen, aber sicher nicht der Hauptübertragungsweg, sonst würden wir viel mehr Infektionen sehen.

Verwendet mobile HEPA-Luftfilter/Luftreiniger in Innenräumen, wo sich schlecht lüften lässt. Achtung auf den Mechanismus, bzw. Luftumwälzungsrate, und nicht zu klein, sonst wird der Nutzen fraglich.

Verwendet CO2-Messgeräte, um die Luftqualität abzuschätzen und andere darauf aufmerksam zu machen, dass Handlungsbedarf besteht. Hartnäckig bleiben – es interessiert dann doch die meisten, wie es funktioniert und was es aussagt. Steter Tropfen höhlt den Stein.

Mundwasser und Nasen/Rachenspray kann man zusätzlich verwenden, aber eine Wirkung, die über den Placeboeffekt hinausgeht, ist nicht belegt, da bei entsprechenden Studien häufig Mitarbeiter von entsprechenden Pharmakonzernen beteiligt waren – also gebiasede Ergebnisse. Sofern man nicht an der Infektion stirbt, wird man nie nachweisen können, dass es einen Effekt gab, denn es könnte auch einfach initial weniger Viruslast bei der Infektion gewesen sein, weshalb ein Verlauf dann milder ausgefallen ist.

Treffen im Freien sind weiterhin risikoärmer als in geschlossenen Räumen. Wer Symptome hat, sollte sich testen – mit PCR, wenn noch verfügbar, sonst Antigen, und zuhause bleiben, oder zumindest Maske tragen, das gebietet der Respekt. Wer sich unlängst drinnen ohne Maske mit anderen Menschen aufhielt, sollte sich darüber im Klaren sein, dass er exponiert gewesen sein kann, und ein paar Tage später einen PCR-Test machen, bzw. abwarten, ob Symptome auftreten. Maske tragen ist nie ein Fehler, wenn man andere Menschen trifft.

Wenn man andere trifft, dann gebietet es der Anstand, dass man ihnen Bescheid gibt, sollte man ein oder zwei Tage später Symptome entwickeln. Denn dann könnte die Viruslast am Tag des Treffens bereits hoch genug gewesen sein, dass man asymptomatisch übertragen hat. Umgekehrt kann es eine Erleichterung sein, wenn sich nach einem Treffen mit Freunden, denen man vertraut, niemand meldet, denn dann war das Treffen offensichtlich safe.

Die Pandemie und die Gesundheitskrise internationalen Ausmaßes (PHEIC), ausgerufen durch die WHO, sind nicht zu Ende und gehen nicht zu Ende, nur weil große Teile der Weltbevölkerung keine Lust mehr darauf haben und kein Geld mehr dafür ausgeben wollen. Wir trinken ja auch weiterhin bestes Trinkwasser aus den Hochquellwasserleitungen und nicht direkt aus dem Donaukanal, weil wir mit dreckigem Wasser leben wollen. So müsste sich saubere Luft auch durchsetzen. Aber das sind derzeit Briefe ans Salzamt.

PS: Toll geschrieben, danke!

Keine Osterlaune beim Gesundheitsminister?

Rechts: Johannes Rauch im STANDARD am 03. März 2023, links: Der österreichische Gesundheitsminister Johannes Rauch (Die Grünen), der nach eigenen Angaben entweder selbst twittert oder sein Team twittern lässt – womit es sich um einen offiziellen Account eines steuerfinanzierten ranghohen Regierungspolitikers handelt, blockierte am Karfreitag und Weltgesundheitstag (07. April) eine schwer an LongCOVID/MECFS erkrankte junge Frau, die ihn regelmäßig auf die Missstände in der Gesundheitsversorgung von LongCOVID/MECFS-Patienten hinwies.

Laut aktuellem Abwassermonitoring haben wir Glück im Unglück – die XBB.1.5-Welle ist durch und wir erleben gerade ein Wellental. Allerdings ist die Talsohle immer noch höher als zwischen den letzten Wellen, das heißt, es zirkuliert immer noch signifikant SARS-CoV2. Die Ferien dürften sich jetzt vorteilig auf den Abwärtstrend auswirken, wenngleich das zu kalte Aprilwetter und der starke Reiseverkehr entgegenwirken. Eine gute Nachricht ist auch der Abwärtstrend bei den Influenzazahlen, dessen Positivrate in Kalenderwoche 14 mit 7% erstmals unter dem epidemischen Niveau liegt. Die schlechte Nachricht ist, dass der Statistiker Erich Neuwirth laut eigener Aussage die aktuell niedrige Inzidenz nicht mit den Abwasserdaten vergleichen kann, weil er die Daten aus dem Gesundheitsministerium nicht bekommt. Ein Schelm, wer Böses denkt.

Wie schon vor vier Wochen angekündigt, bahnt sich bereits die nächste Welle an. Die Rekombinanten-Tochtervariante XBB.1.16 hat deutliche Fitnessvorteile gegenüber den anderen Varianten und verdrängt diese in Indien rasch. Erste Labordaten zeigen, dass eine Durchbruchsinfektion (nach Impfung) mit BA.2 bzw. BA.5 nicht gegen eine Infektion mit XBB.1.16 schützt. Bisher haben vor allem Mutationen auf dem Spike-Protein zum Fitnessvorteil gegenüber anderen Varianten beigetragen. Das scheint sich gerade zu ändern: Es gibt mehr Mutationen in den Nicht-Spike-Regionen wie N-Protein und ORF-Proteine. Diese unterdrücken die erste Reihe der Immunantwort (innate immune system) effektiver.

Laut aktuellen Daten (Yamasoba et al., 06.04.23) verursacht XBB.1.16 zwar nicht mehr schwere Akutverläufe, zu LongCOVID werden wir aber erst in einigen Monaten belastbare Zahlen haben – oder hätten wir, wenn wir noch testen würden. Denn wer ungetestet einen milden Anfangsverlauf hat, und später an einem Herzinfarkt, Schlaganfall oder einer Lungenembolie stirbt, der wird nicht als Covid19-Toter in die Statistik eingehen. Beim Haus- oder Facharzt wird der überlebende LongCOVID-Patient als neuer Diabetes-Patient oder mit anderen Autoimmunerkrankungen verschlüsselt werden – auch dann wird er nicht in die Statistik mit Covid-Bezug eingehen.

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Beweggründe für diesen Blog …

Wann ist man am entspanntesten? Wenn man Vertrauen in seine Umgebung hat, wenn keine unmittelbare Gefahr droht, wenn man weiß, wie man reagieren muss, sollte sich eine Gefahr abzeichnen (Katzen droht von mir nie Gefahr, außer sie jagen arme Ziesel).

… waren und sind (!) die Verarbeitung und Aufarbeitung der Geschehnisse rund um die Pandemie, mit direkten und indirekten Folgen. Ich gehöre zu jenen Menschen, die durch Wissen anhäufen Kontrolle zurückgewinnen, speziell, wenn sich innerhalb kürzester Zeit Lebensumstände dramatisch ändern mit ungewissem Ausgang.

Wissen beruhigt, insbesondere die im Laufe der Jahre gewachsenen Erkenntnisse darüber, wie das Virus übertragen wird, was man tun kann, wenn man infiziert ist, was man nicht tun sollte, und wie man sich am besten davor schützen kann. Der “Survival Guide” ist für mich selbst ein wichtiger roter Faden, um möglichst lange möglichst sicher durch die Pandemie zu navigieren. Ich bin aber auch keiner, der nützliches Wissen gerne für sich behält.

Mein 2014 verstorbener Mentor Stefan Hörmann pflegte zu sagen: “Wissen ermitteln und vermitteln”

Belastender als das angehäufte Wissen selbst ist der Umgang der Mehrheitsbevölkerung mit den Folgen der Pandemie und ständiger Krankheitswellen. Vom Ausblenden und Schönreden werden Tote nicht wieder lebendig und chronisch Kranke nicht wieder gesund. Der verdrängende Umgang mit Corona schadet vielen Menschen bei ihrer Genesung. Patienten infizieren sich im Spital oder auf Reha oder Kur. Andere sind ratlos über Folgebeschwerden, woher sie kommen, wohin man gehen soll. Andere wollen wissen, wie man sich erst gar nicht infiziert. Und wieder anderen tut es fürs Selbstvertrauen gut zu lesen und zu wissen, dass sie nicht alleine sind, dass es tatsächlich völlig *normal* sein sollte, auf seine Gesundheit zu achten, weil damit natürlich auch Lebensqualität verbunden ist. Dass sie nicht die Zombies sind, weil sie Maske tragen, sondern die anderen, die hustend und schnupfend ohne Maske ihre Viren auf andere verteilen.

Ich mache vor allem deswegen weiter, weil die vierte Gewalt im Staat, der Journalismus, in weiten Teilen seiner Aufgabe nicht gerecht wird. Denn wir haben weiterhin laut WHO eine Gesundheitskrise internationalen Ausmaßes und eine Pandemie. Es breiten sich weiterhin hochansteckende Virusvarianten von anderen Kontinenten zu uns aus. Es sterben pro Woche fünfzig bis siebzig Menschen direkt an Corona oder durch Folgeschäden. Es tritt immer noch Long COVID auf, wo es monatelange Wartefristen bei Ambulanzen und keine klaren Therapieempfehlungen gibt, die in hohem Maße erfolgversprechend wären.

Es ist noch nicht vorbei. Sich damit einfach nicht mehr auseinandersetzen, verleugnet die Realität, in der wir leben. Das eigene Risiko für Folgeschäden, das Risiko von Familien und Freunden, und bereits chronisch erkrankte Menschen im Umfeld, die davor warnen oder Mahnung für einen selbst sind, das Virus weiterhin ernstzunehmen. Ich schaffe das weder aus empathischen Gründen aufzuhören, noch entspräche es meinem autistischen Naturell, zu dem nun einmal Spezialinteressen gehören. Belastend ist nicht die Auseinandersetzung mit dem Thema, sondern im Gegenteil, wie viele Menschen sich damit nicht auseinandersetzen wollen.

Meine Erleichterung wäre groß, wenn die Menschen aufwachen würden und begreifen, dass Gesundheitsschutz allen zugute kommt und dass man selbst sehr schnell von kerngesund zu hochvulnerabel werden kann, wenn man einen Unfall hat, eine schwere Erkrankung oder eben Long COVID.

Was müsste man tun? Zunächst einmal basale Hygienemaßnahmen einhalten:

  • bei Symptomen zuhause bleiben und testen
  • FFP2/FFP3-Maske tragen
  • Menschen, die weiterhin Maske tragen, nicht heruntermachen
  • aus Respekt vor dem gegenüber Maske aufsetzen, wenn andere eine Maske tragen (Two-Way-Masking ist effektiver)
  • sich für Luftfilter, CO2-Sensoren und häufiges Lüften in allen Innenräumen einsetzen – das käme auch der Konzentration zugute und als Prävention bei anderen Infektionserregern, die über die Luft übertragen werden
  • es nicht hinnehmen, dass so viele Menschen weiterhin an einer vermeidbaren Infektionskrankheit sterben oder chronisch krank werden, darunter auch Kinder und Jugendliche
  • Betroffene von Langzeitfolgen ebenso ernstnehmen wie alle, die sich nicht infizieren dürfen oder wollen – man kann davon ausgehen, dass jeder, der jetzt noch vorsichtig ist, gute Gründe hat und wahrscheinlich mehr Wissen hat als die Kritiker

Das wäre der Anfang, da ist eine objektive Aufarbeitung der bisherigen Pandemiepolitik und Lehren für die Gegenwart und Zukunft noch gar nicht eingepreist.

Solang der Groschen buchstäblich nicht fällt, bleibt mir nichts anderes übrig als am Ball bleiben, um selbst maximalen und effektiven Gesundheitsschutz betreiben zu können. Und andere daran teilhaben zu lassen, das ist meine altruistische Denkweise.

“Birds scream at the top of their lungs in horrified hellish rage every morning at daybreak to warn us all of the truth, but sadly we don’t speak bird.” (Kurt Cobain)