“Die Entscheidung für den Umgang mit Covid trifft niemand einzeln, sondern die Gesellschaft demokratisch. Ob es uns passt oder nicht. In diesem Kontext wirken viele Massnahmen nur noch wenig, man hat sich für die regelmässige Durchseuchung entschieden.”
Molekularbiologe Ulrich Elling, 31.10.22 (Twitter)
Österreich ist im Pressefreiheitsindex 2022 um 14 Plätze abgestürzt und liegt nun auf Platz 31. Seit Pandemiebeginn habe ich durch unzählige Faktenchecks und meine Zitatsammlung ausreichend dokumentiert, dass in Österreich wesentliche Informationen zu Übertragungsrisiko, Erkrankungsrisiko, Zugehörigkeit zur Risikogruppe, LongCOVID und Impfwirksamkeit unzureichend oder falsch an die Bevölkerung kommuniziert wurden. Wie erklärt sich sonst, dass bei Behörden, in Hotels, in der Kirche und sonstigen öffentlichen Gebäuden meist ein obligatorischer Desinfektionsspender steht, aber keine Empfehlung oder Pflicht zum Maske tragen? In steirischen Verkehrsbetrieben wird durchgesagt, sich ausreichend die Hände zu desinfizieren, weil das Virus über “Tröpfchen” übertragen werde.
Seit Welle zwei höre ich die Frage, warum man nicht einfach mehr Spitalspersonal ausgebildet hat, wenn es so viele Engpässe gibt? Das hat natürlich mit den Arbeitsbedingungen zu tun, mit fehlender Worklife-Balance, Gehältern, aber auch neoliberalen Management, wo es um Wirtschaftlichkeit und Prozessoptimierung geht, und übersehen wird, wie wichtig das persönliche Gespräch zwischen Arzt, Pflegekraft und Patient für den Genesungsverlauf ist. Zudem herrscht die irrige Annahme, dass man die Infektionswellen mit größeren Kapazitäten besser bewältigt hätte. Ich nenne dann als Beispiel oft das Gesundheits- und Tourismusministerium, die im Sommer 2021 der Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) den Auftrag gaben, zu modellieren, wie viele Infektionen man zulassen könne, bis die Intensivstationen kollabieren. Selbst wenn man aus Osteuropa oder Asien quasi über Nacht hunderte Pflegekräfte eingeschifft hätte, um die Kapazitäten zu erweitern, hätte man höchstens eine noch höhere Welle toleriert, damit die Wirtschaft ungestört brummen kann, und hätte dann genauso in den Lockdown gehen müssen.
In Summe fehlt es in Österreich an Medienkompetenz, wissenschaftlichem Verständnis (v.a. Statistik, relative und absolute Zahlen) und Fehlerkultur, (selbst)kritischem Hinterfragen von gemachten Aussagen und Einschätzungen. Wer auf Basis von Desinformation Entscheidungen trifft, die das Gemeinwohl ignorieren, der handelt nicht demokratisch.
In der schweizerischen Bundesverfassung steht in der Präambel “Die Stärke des Volkes misst sich am Wohl der Schwachen”. Gesundheitsminister Rauch und das Kabinett Kogler haben wiederholt die Schweiz als Vorbild für die österreichische Pandemiepolitik herangezogen.
Der Leitsatz in der Präambel wird in der Schweiz mit Füßen getreten, wie Michael Wiesmann hier ausführt. In Österreich gibt Rauch nicht einmal vor, sich an diesen zu halten, sondern legitimiert die menschenverachtende Geisteshaltung der Maßnahmengegner, Maskenverweigerer und Verschwörungsideologen:
“Trotzdem kann ich die Maßnahmenplanung nicht ausschließlich daran ausrichten, was für die am meisten gefährdete Gruppe gerade notwendig ist” (Minister Rauch im Standard-Interview, 10.03.22)
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