Mythen rund um die „Erkältungszeit“ – Folge 2: Zugluft löst keine Infektionen aus, nur Viren

Bei knapp zweistelligen Minusgraden und Sturmböen am Gipfel.

„ich bin im Regen mit dem Rad gefahren, deshalb jetzt krank.“

„Das war die kalte Klimaanlage im Büro“

„Die Zugluft beim Autofahren.“

“Ich saß mit nassen Haaren draußen.”

“Ich hab so stark geschwitzt und dann gefroren.”

“Der Luftreiniger wars, der so gezogen hat.”

Gängige Mythen in der Bevölkerung, wie Erkältungen zustandekommen

Es ist tatsächlich sehr verlockend zu glauben, dass ein kalter Luftzug und Frieren bereits der Auslöser für nachfolgende “schwere Verkühlungen” sind, schließtlich heißt es ja auch Erkältung, englisch common cold. In der kalten Jahreszeit häufen sich zudem Erkältungskrankheiten, weshalb der Zusammenhang naheliegt, dass nasskaltes Schmuddelwetter diese bedingt. Ich erinnere mich an eine Wanderung im März 2016. Auf der Rückfahrt blies mich die Klimaanlage unangenehm kalt an. Am Folgetag lag ich krank im Bett und dann mehrere Tage flach mit hohem Fieber. Ich erinnere mich an eine Radfahrt im Frühling in Innsbruck im kurzen Leiberl, aber warm war nur der Föhn und als dieser später abriss, fror ich erbärmlich. In den Folgetagen streckte mich ebenfalls eine Infektion nieder. Können Kälte, Zugluft und Frieren alleine Infektionen auslösen?

Die kurze Antwort: Nein. Es sind ausnahmslos Ansteckungen mit Viren notwendig.

Continue reading

Kein Freifahrtschein für unsolidarisches Verhalten (K 16/04)

Menschenleerer Michaelerplatz, Innere Stadt vor der Hofburg, im ersten Lockdown im April 2020

Seit die Pandemie von der Politik mit Jahresbeginn 2023 für beendet erklärt wurde und das Ende des Internationalen Gesundheitsnotstands durch die WHO im Mai 2023 fälschlicherweise mit dem offiziellen Pandemieende gleichgesetzt wurde, läuft die sogenannte Aufarbeitung der Pandemie durchwegs in die falsche Richtung, nämlich fast ausschließlich als Versöhnung mit Pandemieleugnern konzipiert, um mittelfristig Protestwählerstimmen zurückzuholen. Im Vordergrund stehen ausschließlich die überschießenden Maßnahmen, die angeblich nicht notwendig gewesen wären, und dass man in künftigen Pandemien Grundrechte nie mehr so beschneiden dürfe wie zu Beginn der SARS-CoV2-Pandemie.

Egal ob man es Pandemie oder Endemie nennt, Corona ist weiterhin da und erfordert Anpassungen, um sich dauerhaft vor Reinfektionen und Erstinfektionen vor allem bei Kindern zu schützen.

Continue reading

Mythen rund um die “Erkältungszeit” – Folge 1: Aerosole sind der Hauptübertragungsweg, nicht Schmierinfektion.

Der Massenanteil des Virus im Verhältnis zum Wassertröpfchen ist sehr gering (Quelle).

Ich starte eine weitere Serie neben meiner unregelmäßigen Kolumne. Hier soll es sich um typische Mythen, Aberglauben und schlicht Desinformation zur Erkältungszeit gehen. In der ersten Folge widme ich mich einem fundamentalen Paradigmenwechsel zu respiratorischen Erregern, bei denen es sich großteils um Atemwegserreger handelt wie Rhinoviren, Influenza- und RS-Viren, aber auch um Krankheitserreger, die sich als Atemwegsinfekt tarnen, dann aber im gesamten Körper randalieren können, wie SARS-CoV2 oder Masern.

Jahrzehntelang galt Händewaschen als die gängigste Empfehlung gegen respiratorische Infekte, bis hinterfragt worden ist, wie aussagekräftig denn die Beweislage wirklich für Schmierinfektion (“fomites”) und große (sichtbare) Tröpfchen ist, die beim Husten, Niesen und feuchter Aussprache entstehen. In der traditionellen Vorstellung und bis heute verbreiteten Handlungsempfehlungen zur Vorbeugung von Ansteckungen kontaminieren diese Tröpfchen dann Oberflächen, die häufig berührt werden – beim Händeschütteln, auf Türschnallen, an Haltegriffen in öffentlichen Verkehrsmitteln, gemeinsames Besteck, die gemeinsame Trinkflasche. Die empfängliche Person greift dann die kontaminierte Oberfläche an und reibt sich mit den Fingern die Schleimhäute, z.B. ins Auge greifen oder in der Nase bohren. So wird dann die Virusübertragung erklärt.

In diesem Beitrag werde ich dank zahlreicher Studien, die vor und seit der weltweiten Zirkulation von SARS-CoV2 erschienen sind, das Gegenteil belegen können – nämlich, dass Oberflächen berühren, Schleimhäute anfassen und große Spucktropfen nur im Ausnahmefall der Übertragungsweg sind, sondern ein Spektrum an Atemwegströpfchen, von denen die kleinsten Tröpfchen (Aerosole) am bedeutesten für die Infektion sind.

Continue reading