Skandal: Bildungsdirektion Wien will Recht auf Gesundheitsschutz verwehren

Auf die Anfrage eines betroffenen Elternteils antwortet das “COVID”-Team der Bildungsdirektion für Wien (Bildungsdirektor: Heinrich Himmer, SPÖ) am 26. Juli 2023 folgendes:

“Die Maskenpflicht präventiv ist bereits seit längerem aufgehoben, mit dem Ende des Schuljahres 2022/23 (30. Juni 2023) lief auch die COVID Schulverordnung des BMBWF aus. Damit können und werden auch keine weiteren Maßnahmen in Bezug zu COVID gesetzt. Es ist daher nicht möglich einen Hepa-Filter in einer Klasse einzurichten. Was mit den bereits eingerichteten passiert, hat noch das BMBWF zu entscheiden.

Alle Sonderdienste und Beratungen dazu wurden eingestellt, daher wird die Beratung unter dieser Mailadresse sowie das COVID Team generell in der Bildungsdirektion für Wien, wie zuvor bereits im BMBWF, eingestellt. Die Schule hat hier keinen Auftrag mehr und keine rechtliche Basis um hier Meldungen oder Präventivmaßnahmen durchzuführen.

Wenn Sie Bedenken haben was den Schulbesuch anbelangt bitten wir um Kontaktaufnahme mit dem zuständigen behandelnden Kinderarzt in Kooperation mit dem Schularzt der Schule. Ansonsten steht es Ihnen weiterhin frei das Kind mit Mund-Nasen-Schutz in die Schule zu schicken, sofern hier keine FFP2 Maske getragen wird und es sich um eine Halbtagsschule handelt und selbstständig die Maskenpausen eingehalten werden, ist hier das Tragen möglich. Bei Ganztagsschulen oder Offenen Schulen kann dies nicht gestattet werden, da hier die Einnahme des Essens ohne Maske zu erfolgen hat und die Maske zu lange durchgehend getragen werden würde, so dass hier für das Kind und das betreuende Personal dies nicht zugemutet werden kann.

Da hier seitens der Schule die Organisation immer über die Dienstvorgesetzte Stelle, das BMBWF erfolgt, kann für Ihre Anfrage keine Ansprechperson im BMSGPK genannt werden, für das BMBWF ist das BMSGPK – laut Epidemie-Gesetz – zuständig. Sie verweisen daher an das BMSGPK.”

mit Erlaubnis des Fragestellers veröffentlicht – im Interesse der Öffentlichkeit

Nachtrag, die Frage lautete folgendermaßen:

“Mein Sohn besucht eine Volksschule in Wien und war im letzten Schuljahr gezwungen, eigenverantwortlich Maske während des Unterrichts zu tragen.  Ich möchte, dass mein Sohn am Schulunterricht teilnehmen kann ohne dass er Maske tragen muss.  Voraussetzung dafür ist, dass die Luftqualität im Klassenzimmer (durch entsprechende techn/mechan Umwelzung von rd 1.000m³/h) auf einem Niveau gehalten werden kann, das es ihm (und allen anderen Schulkindern seiner Klasse) trotz Maskenverzicht erlaubt risikoarm am Schulunterricht teilzunehmen.  Bitte teilen Sie mir mit, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit Hepa-Filter in seiner Klasse eingerichtet werden können.  Der Vollständigkeit halber erlaube ich mir darauf hinzuweisen, dass meine an Sie (und sowohl an BMBWF als auch an BMSGPK) gerichtete Frage bezüglich Schutzmaßnahmen im WS 2022 (vom August 2022) bis heute unbeantwortet blieb. Sowohl das BMBWF als auch das BMSGPK machten sich einen Spaß daraus, meine Frage mit einem Verweis auf den jeweils anderen unbeantwortet zu lassen.  Auf den Kosten für unser “eigenverantwortliches” Handeln bleibt meine Familie sitzen.  Ggf. ersuche ich um konkrete Benennung der zuständigen Stelle mit Namen einer Ansprechperson. “

….

Wie würde die Gesellschaft jetzt dastehen, wenn man aus der Pandemie gelernt hätte? Sie würde jedenfalls solche ignoranten Reaktionen nicht auf sich sitzen lassen. Hier geht es längst nicht nur um Covid19, sondern darum, ob wir Infektionskrankheiten mit potentiellen Langzeitfolgen bzw. Gefährdung vulnerabler Kinder und Eltern weiterhin als selbstverständlich erachten, statt die aus den ersten Pandemiejahren bewährten Gegenmaßnahmen beizubehalten. Es geht um viel mehr, nämlich um Inklusion – das Recht auf Teilhabe an der Gesellschaft. Auch Österreich hat sich mit der UN-Behindertenrechtskonvention verpflichtet, ein inklusives Bildungssystem umzusetzen. Die oben zitierte Antwort steht klar gegen Inklusion und argumentiert aus einer paternalistischen Ansicht des “Major Consensus Narrative”, der aber nicht mit dem aktuellen wissenschaftlichen Stand zu Covid19 übereinstimmt.

Klar ist nur eines: Ausgerechnet mit Ende der Meldepflicht am 1. Juli 2023 steigen die Infektionszahlen wie jeden Sommer wieder an – inzwischen in allen Bundesländern steigende Tendenz im Abwasser – und mit Blick auf die Südhalbkugel werden wir spätestens mit Schulbeginn wieder hohe Infektionswellen durch SARS-CoV2, aber auch durch RSV und Influenza sehen. Auch Masernausbrüche kommen durch sinkende Impfraten zunehmend vor.

Continue reading

Schwierige Zukunft der Aufklärung

Dunkle Zeiten kommen auf uns zu.

Seit der Übernahme von Twitter durch Elon Musk war klar, dass die Hochzeiten dieser Social-Media-Plattform vorbei sein werden und das hat sich in den vergangenen Monaten auch bestätigt. Musk hat aus Twitter nicht nur eine Bezahlplattform gemacht, sondern auch die Algorithmen so geändert, dass rechte Propaganda bevorzugt wird, dass Aufklärung zu Corona, Krieg gegen die Ukraine und Klimaerwärmung erschwert wird, dass man gegen rechte Trolle und Hasstiraden schlechter vorgehen kann. In den letzten Wochen und Monaten sind immer mehr Naturwissenschaftler und generell Personen ausgewandert, die in der Kernphase der Pandemie solide Aufklärungsarbeit geleistet haben.

Musk hat es erfolgreich geschafft, die ohnehin sehr heterogene Gruppe der vernunftgesteuerten Aktivisten zu zerstreuen auf verschiedene kleinere Plattformen, die kein Ersatz für Twitter sind: Meta, Bluesky, Post, Threads, Mastodon, etc. Wer wie ich seine feste Gruppe an WissenschaftlerInnen hatte, hat es nun schwierig, am Ball zu bleiben. Das betrifft nicht nur Corona, sondern auch aktuelle meteorologische Ereignisse und Neuigkeiten, für die ich als Berufsmeteorologe Twitter ebenso gerne nutze.

Es ist nicht so, dass ich mich aufgedrängt hätte, in die Rolle als Coronaaufklärer zu schlüpfen. Nach wenigen Monaten war leider klar, dass es an einer Handvoll engagierter Zivilpersonen (Citizen Journalists, Citizen Scientists) hängenbleiben würde, weil Behörden und Medien vollkommen versagen. Auch von meinen MitstreiterInnen haben sich viele zurückgezogen – aus Resignation, aus Trauer, aber auch wenn sie nach der zweiten Infektion gesehen haben, dass sie sich auf Dauer einfach nicht schützen können, speziell mit noch nicht erwachsenen Kindern. Auch auf Twitter stellen namhafte WissenschaftlerInnen jetzt die Frage, ob sie Fotos aus ihrem Leben – manchmal auch ohne Maske – zeigen sollen, oder ob sie damit ihre eigene Aufklärung diskreditieren würden, wo sie auf die Wichtigkeit der Schutzmaßnahmen hinweisen. Sie sagen aber auch dazu, dass sie einen Vollzeitjob haben und ihr Leben nicht nur daraus besteht, über Corona aufzuklären.

Ich bin in diese Rolle gedrängt worden, habe aber leider keinen Stellvertreter. Wenn ich ein paar Wochen nicht am Ball bleibe, keine Studien sammle, dann kann ich die Chronologie nicht so lückenlos fortsetzen wie die letzten Jahre. Das ging in den Zeiten von Lockdown und Beschränkungen lange relativ gut, weil Freizeitaktivitäten begrenzt waren und auch im Job eingeschränkte Aktivitäten, denn es sollten sich ja lange Zeit so selten wie möglich fremde Haushalte treffen. Diese Zeit ist vorbei und je mehr sich alles (schein)normalisiert hat, desto schwieriger ist es für mich geworden, noch die Zeitfenster zu finden, um Studien nicht nur zu sammeln, sondern auch zu lesen, um Blogtexte zu schreiben und aktuelle Infos zu neuen Varianten. Denn ich habe auch einen anderen Beruf als ehrenamtlich die Aufgabe von Regierung, Opposition, Behörden und Medienvertretern zu übernehmen. Die letzten Monate hab ich gemerkt, dass ich es einfach nicht mehr schaffe, die dutzenden Studien pro Woche zu archivieren, viel Zeit auf Recherche zu verwenden, mehrere Plattformen zu bespielen, denn ich brauche die Erholung abseits vom Computer und man stellt sich auch die Sinnfrage, was passiert, wenn der ersehnte nasale Impfstoff, der Ansteckungen verhindern kann, erst in ein paar Jahren kommt – oder gar nicht. Wie lange hält man das noch durch?

Wenn ich an die kommenden Wochen und Monate denke, dann ist klar, dass es für Österreich kaum brauchbare Daten zu Corona gibt. Das Twittersymbol ist heute übrigens verschwunden, da thront jetzt ein großes X, was mich irgendwie an das große Z von Putins Russland erinnert. Was mach ich, wenn die WissenschaftlerInnen jetzt auf sieben verschiedene Plattformen wechseln? Ich bräuchte einen Assistenten, der mir sieben verschiedene Profile anlegt und mich ständig am Laufen hält, was wer wo schreibt – nur hätte ich gar nicht die Zeit dafür und ehrlich gesagt auch nicht die Lust, dauerbeschossen zu werden mit Infos. Meine Hauptquelle zur Informationsbeschaffung und auch zur Kommunikation war und ist noch Twitter. Mastodon hab ich noch nicht eingerichtet. Auch klar ist, dass die Pandemie noch nicht vorbei ist. EG.5.1 (XBB.1.19.*) breitet sich derzeit weltweit aus und könnte bei uns die nächste Welle im Spätsommer auslösen. Im September oder Oktober frühestens kommt der neue XBB-Impfstoff, der aber voraussichtlich für XBB.1.5 zugeschnitten wurde, der bis dahin wahrscheinlich nicht mehr zirkuliert (analog zur BA.1-Zulassung im Herbst 2022). Es is ois a Schas.

Bottom Message: Ich kann das hier nicht mehr so intensiv weiterbetreiben wie vorher. Es. geht. nicht. mehr. Dafür bräuchte ich ein Team, wo jeder redaktionelle Inhalte einsteuern könnte, und ehrlich gesagt auch eine professionelle Webseite mit mehr Formatierungsmöglichkeiten. Das war ja mal als rein privater Blog gedacht.

Sag, wie hältst Du es mit der Desinfektion?

Übertragung in der Nähe durch ballistische Tropfen (“Tröpfchen”) und Tröpfchenaerosole (“Aerosole”) in verschiedenen Größenordnungen (inhalierbar, Mund-Rachenbereich; in die Brust/bis in die Bronchien; Atemwegsaerosole, die bis in die Lunge gelangen können) und der Effekt von OP-Masken (besser: FFP2/FFP3)
(Czypionka et al., 2021 – Abbildung von Don Milton)

“Brauchst Du noch Desinfektionsmittel? Ich habe noch jede Menge übrig und kann Dir gerne ein paar mitbringen.”

so eine Bekannter vor ein paar Tagen

Mein erster Gedanke war: Wie schafft man es in zwei Sätzen auszudrücken, dass man nichts von den Übertragungswegen in der Pandemie verstanden hat und zu glauben, nur ich hätte Bedarf und er nicht mehr? Was vielleicht gut gemeint war, ist leider eine völlige Zweckverfehlung. Ich verwende Desinfektionsmittel sehr sparsam. Viel wichtiger sind saubere Luft und qualitativ hochwertige Schutzmasken.

Continue reading

Trendwende?

Vor drei Wochen habe ich schon gefragt, wie lange wohl die relativ ruhige Phase andauern wird, und gemeint, dass in den Vorjahren auch zwischen Mitte Juni und Mitte Juli jeweils der Beginn einer neuen Infektionswelle stattgefunden hat. Jetzt sind drei Wochen vergangen und in den Daten sieht man eine klare Trendwende, wenn auch auf niedrigem Niveau. Markov et al. (2023) rechnete noch im April alle vier Monate mit neuen Wellen, basierend darauf, dass die Immunität der Bevölkerung sukzessive abnimmt, während sich neue Varianten mit Wachstumsvorteil durchsetzen. Das würde ungefähr hinkommen, denn im Februar/März war die letzte signifikante Welle mit der XBB.1.5-Variante.

  • Im Juli 2020 wies ich auf den Fehler der verfrühten Lockerungen (Präventionsparadoxon) hin und dass ab Mitte Juni wieder steigende Infektionszahlen zu beobachten waren
  • Im Mai 2021 habe ich zutreffend analysiert, dass die Ausgangslage ähnlich wie vor den Impfungen sein würde und mit den Öffnungen im Juni steigende Infektionszahlen vorhergesagt, auch auf DELTA habe ich dabei verwiesen.
  • Im Mai 2022 habe ich zutreffend erkannt, dass es im Sommer 2022 eine Reinfektionswelle mit BA.5 geben wird.

Bitte nicht falsch verstehen: Ich würde mich wahnsinnig gerne einmal irren und die Infektionszahlen steigen nicht über den Sommer an. Wie jedes Jahr habe ich meinen Haupturlaub erst im Spätsommer bzw. Herbst. Jedes Jahr also, schon seit dem ersten Pandemiejahr, spucken mir die rücksichtslosen und sorglosen Sommerurlauber in die Suppe und zwingen mich zu noch mehr Vorsicht als ich ohnehin weiter betreibe (keine Indoor-Veranstaltungen, weitgehend keine Indoorgastronomie).

In Deutschland fand die Trendwende bereits Anfang Juni statt.

Was spricht für weiter steigende Zahlen?

  • viel Reiseverkehr in den kommenden 2 Monaten
  • viele Großveranstaltungen
  • hitzebedingt vermehrter Aufenthalt in gekühlten Innenräumen (plus trockene Klimaanlagenluft, die Atemwege anfälliger macht)
  • geringe Impfquote bei den Auffrischimpfungen mit den bivalenten Impfstoffen (siehe Seuchenkolumne von Robert Zangerle)
  • abnehmende Schleimhaut-Immunität gegen derzeitige Varianten
  • keinerlei Maßnahmen: keine Tests, keine Masken, keine Isolation
  • steigende Abwasserwerte in den Nachbarländern bzw. Reisezielen

Was spricht für einen geringen Anstieg bzw. Stagnation auf niedrigem Niveau im Sommer?

  • Schulferien
  • derzeit keine Variante in Sicht mit klarem Wachstumsvorteil, die an XBB.1.5 bzw. an der Bevölkerungsimmunität mit Durchbruchsinfektionen mit BA.5 oder XBB* vorbeikommt.

Wie gesagt – ich würde mich gerne einmal irren, so wie mit der XBB.1.16-Welle, die dann ausblieb.

Skandal: Die Versorgung der LongCOVID-Patienten funktioniert nicht

Dichtung (rechts) im Variantenmanagementplan der Bundesregierung und Wahrheit (links) für die Betroffenen LongCOVID/MECFS-Patienten

Vielleicht die gute Nachricht zuerst: Ich habe mir die Mühe gemacht, von einigen Ländern und Städten die öffentlich einsehbaren Abwasserdaten herauszusuchen, und diese zeigen derzeit ein einheitliches Bild: Die Abwasserwerte sind vielfach so niedrig wie seit dem Sommer 2021 nicht mehr, zum Teil seit Sommer 2020, sofern seitdem Abwasserwerte existieren. Die bedingt durch die vielfach abgeschafften Testangebote niedrigen Inzidenzen stimmen also mit den niedrigen Abwasserwerten überein. Es zirkuliert aktuell wirklich sehr wenig SARS-CoV2. Das zeigen auch die Sentinelproben in Österreich mit ca. 2% SARS-CoV2, sonst Adenoviren (8%), Enteroviren (11%) und Rhinoviren (17%).

Während die Zahl der Neuinfektionen in Europa also tatsächlich niedrig ist, sind sie in Japan deutlich höher, etwa in Sapporo, wo die Abwasserwerte so hoch wie im Winter 2022/2023 sind. In Okinawa ist die Notfallversorgung zusammengebrochen. Zwei Drittel der Patienten sind älter mit hohem Fieber (über 40°C) und kamen direkt in die Klinik. Rund 70% der Patienten wurden positiv auf SARS-CoV2 getestet. Virusvarianten gibt es natürlich weiterhin und weil das Virus jetzt frei zirkulieren kann, wird es weitere Varianten geben, die sich früher oder später wieder bei uns ausbreiten. Ein Kandidat ist z.B. EG.5.1, welche 30% aller Fälle in China ausmacht (Stand 02.07.23) und 55% Wachstumsvorteil aufweist. Die entscheidende Mutation ist F456L mit erhöhtem Immun-Escape-Potential. Es wird also nicht so bleiben.

Aktuell: Der Patientenverein MECFS in Österreich führt eine Erhebung zur sozialen Absicherung durch – mitmachen können alle mit MECFS-Diagnose: Link zur Umfrage

Continue reading