
Wieder geöffnet: Der Augarten im zweiten Bezirk
Letzte Woche hab ich’s nicht geschafft, heute war ich am Nachmittag im Augarten. Zu dieser Uhrzeit war er sehr gut gefüllt, aber Probleme mit Abstand halten gab es naturgemäß keine. Die meisten Familien blieben für sich, von den Wiesen wurde niemand vertrieben. Am Eingang standen zwei Gartenzwergsheriffs mit Maske, hatten aber nichts zu tun, warum sollte es sich auch stauen? Davor war ich noch im Merkur einkaufen. Keine Einkaufswagenpflicht, kein Mitarbeiter beim Eingang, der auf Desinfektion achtet, dafür hatte man genügend Platz, um anderen Kunden auszuweichen. Die Kassiererin wirkte gestresst, ich lächelte ihr zu, bemerkte sogleich, dass sie das wegen meiner Maske nicht sehen konnte. Ich zahlte mit Bargeld und rundete wieder um 1-2 Euro auf. Sie hat sich herzlich bedankt – wenigstens das finanzielle Lächeln kam an.
Restaurantbesuch?
Die Nachrichten sind derzeit eher deprimierend. Viele ungeklärte Fragen in der praktischen Umsetzung. Restaurantbesuch mit Zeitlimit, aber Maske nur für das Personal?
Die Fallstudie aus China zeigte ein interessantes Ergebnis: Nur elf von 93 Restaurantgästen haben sich an dem Abend infiziert, die Familien an den Tischen A, B und C saßen für einen überlappenden Zeitraum von 53 bzw. 73 Minuten nebeneinander. Die infizierte Person Nr. A1 hatte an dem Abend keine Symptome, wurde aber später symptomatisch. Als ursächlich für die Infektion der anderen Gäste wird die Klimaanlage und die damit verbundene Luftströmung betrachtet.
Aus dem Bild ergibt sich die Schlussfolgerung, dass trotz Abstände der Tische eine Infektion in Restaurant-Innenräumen möglich ist, wenn eine bestimmte Luftströmung herrscht und kein Austausch mit Frischluft stattfindet. Wenn die Kellner nun einfache Masken tragen, die andere Gäste schützen und nicht sie selbst, können sie sich sehr wohl auch infizieren. Ebenso können sich andere Gäste infizieren. Realistischer halte ich da noch die Öffnung der Schanigärten mit nur jedem zweiten Tisch besitzt, aber die Umsatzeinbußen sind wohl über mehrere Monate oder gar Jahre hinweg für kein Gasthaus verkraftbar.
Schulen und Kindergärten öffnen?
Manchmal ist es doch besser, einen Gedanken auf einem Medium auszuführen, wo man den Platz dazu hat. Derzeit denken alle nur an sich, an das eigene Fortbestehen. “Nach mir die Sintflut!” Was ist eigentlich mit den Kindern? Wer denkt an sie? Was macht das mit der Kinderseele, wenn sie monatelang zuhause eingesperrt sind? Wachsende familiäre Konflikte, beengte Wohnräume, kein Urlaub, eventuell Arbeitslosigkeit und kein Kontakt zu ihren Gefährten. Manche Experten glauben, dass Schulen und Kindergärten nicht die Hauptübertragungswege des Virus sind. Leider haben wir das in Österreich nie herausfinden können, dafür kam der Lockdown zu früh. Das Lehrpersonal hat sich am ehesten beim Skiurlaub infiziert, zumindest diese Quelle kann man jetzt sicher ausschließen. Statt mit dem Totschlargument zu kommen, wie viele Tote man für diesen Versuch in Kauf nehmen möchte, könnte man konstruktive Vorschläge machen, sich Rahmenbedingungen überlegen, bei denen man das Risiko so gering wie möglich hält. Im Hinterkopf dabei, dass monatelange Isolierung der Kinder schwerwiegende traumatische Folgen hat.
Eine Idee wäre, dies auf freiwilliger Basis zu tun, Kinder von Risikogruppen oder Eltern, die in Pflege- und Gesundheitsberufen arbeiten, nicht einzubinden. Sich dann Gemeinden oder Bezirke aussuchen, wo die Fallzahlen niedrig sind oder schon länger keine Verdachtsfälle mehr aufgetreten sind. Dann zwei Wochen offen lassen und schauen, ob die Fallzahlen wieder ansteigen und man die Infektionsketten direkt auf die jeweilige Bildungseinrichtung zurückführen kann. Trial and Error – evidenzbasierte Interventionen statt Aktionismus und Populismus, dessen Kollateralschäden viel größer sind als der Nutzen. Und auch, um es zynisch auszudrücken, paradox, die Ältesten zu schützen, in dem man die Kindheit und Jugendheit der Jüngsten zerstört. Wenn es funktioniert, kann man sich überlegen, ob man die ausgesonderten Kinder testet und dann zulässt. Was ich hingegen für realitätsfern halte, sind Masken für die Kinder oder irgendwelche Abstandsregeln. Aber ich bin nur ein kleiner dummer Meteorologe, der laut nachdenkt. Ich hab keinerlei Nutzen oder Schaden davon, mangels Kinder. Ich bin aber nicht empathielos und unsolidarisch. Wenn es eine sinnvolle Lösung gibt, dann muss man darüber nachdenken, ob sie in die Praxis umsetzbar ist.
Ohne Bäder und Trinkbrunnen in den Sommer?
Die kleinkarierte SPÖ im Burgenland hat den Neusiedler See defakto für Einheimische reserviert. Die Bäder von Wien bleiben im Mai geschlossen, eventuell sogar den restlichen Sommer. Die Trinkbrunnen der Stadt wurden noch nicht aufgedreht.

Anzahl der Tage über 30°C Höchstwert in Wien von 1955 bis 2019, Grafik: Marcus Wadsak, Daten: ZAMG
Wenn sich der Trend der letzten Jahre fortsetzt, können wir diesen Sommer wieder zwischen 35 und 40 Tage über 30°C in Wien erwarten. Viele Nächte über 20°C, teilweise sogar um 25°C in den inneren Bezirken, sind eine enorme Belastung für Bewohner in den Städten. Homeoffice während einer Hitzewelle kann man vergessen. Dazu kommen die direkten Folgen: Schlafstörungen, Dehydrierung, Herz-Kreislauf-Probleme, Thrombosen, aber auch Kohlenmonoxidvergiftungen durch defekte Thermen in älteren Wohnungen. So oder so nicht förderlich fürs Immunsystem. Ans Meer fahren geht heuer nicht. Inland-Tourismus mit großem Fragezeichen der Umsetzbarkeit. Wie auch bei den Gastbetrieben ist der Aufwand für die Betreiber enorm, die Einnahmen durch die strengen Regeln sicherlich halbiert oder noch geringer. Problematisch seh ich auch, wenn die Trinkbrunnen nicht geöffnet werden und man sich in den Erholungsgebieten weder erfrischen noch den Durst löschen kann. Im Anblick der obigen Grafik wird man sich vor allem in den Städten etwas überlegen müssen. Nicht jeder besitzt einen eigenen Pool.
Zum Abschluss ein paar Eindrücke von heute aus dem Augarten.
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