Tag 544: Kontrollen oder auch nicht

Königsberg (1452m), Ybbstaler Alpen

Fünf Tage Auszeit in den Bergen der Obersteiermark. In weiser Voraussicht entschieden wir uns zu viert (alle geimpft) für eine Ferienwohnung am Bauernhof. Drei von vier ließen sich vorher testen. Die Vermieterin wollte keine Nachweise sehen, beim Ausfüllen des Gästeformulars gab es ein eigenes Blatt mit einer Tabelle für Name und jeweils geimpft, getestet, genesen, wo man ein Kreuz machen sollte. Kontrolliert wurde nichts.

Beim ersten Abend besuchten wir einen Gasthof im Tal, es wurde weder registriert noch kontrolliert. Wir kamen dort eine halbe Stunde vor Küchenschluss an, blieben aber trotz empfindlicher Abkühlung am Abend draußen.

Am zweiten Abend gingen wir in die Dorfstube in Hollenstein an der Ybbs. Eine tüchtige Ärztin soll dort für eine überdurchschnittliche Impfquote gesorgt haben. Die Dorfstube hatte eine kleine Laube, es gab Spanferkel am Grill. Die junge Kellnerin kontrollierte strikt die Nachweise und wollte auch das Zertifikat für beide Impfungen sehen. Bedienung und Anstellen beim Grill natürlich ohne Maske. Gemischtes Publikum, einzelne hustende und mehrfach niesende Gäste, ja, da zuckt man schon zusammen, auch im Freien.

Am dritten Abend hatte der anvisierte Gasthof geschlossene Feiergesellschaft im Freien. Wir (Wanderer) wurden von der Kellnerin nicht einmal angesehen, um uns einen Platz anzubieten. Also Spaghetti mit Sugo in der Wohnung.

Am vierten Tag besuchten wir den Königsberg bei Göstling an der Ybbs. Langgestreckter Höhenzug mit hoch gelegenem Parkplatz, einfache Wanderwege. Am Ende eine Hütte. Das ältere Hüttenpaar war offenbar vom Ansturm an einem Sonntag mit Prachtwetter überfordert.

1. Kritikpunkt: Selbstbedienung.

2. Kritikpunkt: Lange Schlange zum Anstellen, die bis in die Hütte reichte. Wir standen zu zweit eine halbe Stunde an.

3. Kritikpunkt: Niemand trug Maske! Wir beide setzten uns als einzige unsere FFP2-Masken auf. Wenigstens gab es keine depperten Kommentare.

4. Kritikpunkt: Niemand kontrollierte vor dem Betreten die 3-G-Regel! Wir standen schon gute zehn Minuten in der Hütte vor der Theke, als die Hüttenwirtin plötzlich in die Runde (vielleicht fünf, sechs wartende Gäste anwesend) fragte, ob wir eh alle geimpft und getestet wären. Und uns registriert hätten. Die QR-Codes lagen an den Tischen. “Jo eh!” war die Antwort. Niemand musste etwas vorzeigen. Sie setzte auch noch streng nach: “Ich mein das ernst. Sonst muss ich sofort aufhören, hier auszugeben.” Einen Nachweis sehen wollte sie nicht.

Und da ist das Problem…. dass man sich auch im Freien mit DELTA infizieren kann, geschenkt, aber wer sagt es den Menschen, egal ob Hüttenwirt oder Gäste, dass die größte Ansteckungsgefahr in der Warteschlange in der Hütte bestand, wo man sich mehrere Minuten lang mit anderen Menschen ohne Mund-Nasen-Schutz aufhielt?! Und nicht draußen an den Tischen, wo ohnehin die meisten Gruppen getrennt für sich saßen. Wenn sich innerhalb der Gruppe jemand infiziert hätte, wäre das aufgrund der Outdoor-Situation auch innerhalb der Gruppe geblieben.

Man kann höchstens vermuten und hoffen, dass keine symptomatischen Covid-Träger anwesend waren, nachdem man die Hütte nur sportlich erreichen kann (zu Fuß oder mit Mountainbike, mehrere hundert Höhenmeter), aber das schließt symptomlose Übertragung natürlich nicht aus.

Dass Hüttenwirt und Hüttenwirtin mit dem Ansturm überfordert waren und daher nicht kontrollieren konnten, ist eine Sache. Der gesunde Hausverstand hätte gesagt, dass man sich in Innenräumen mit Fremden eine Maske aufsetzt – noch dazu bei den stark steigenden Infektionszahlen derzeit. Der Hausverstand des Wirtes hätte lauten müssen: Ich kann’s nicht kontrollieren, daher bitte FFP2-Maskenpflicht beim Anstellen.

In der Pandemie herrscht in Non-Zero-Covid-Ländern kein Hausverstand – das obrigkeitshörige Volk wartet darauf, dass man ihnen die Regeln vorsetzt. Derzeit gilt in der Gastronomie keine Maskenpflicht, also setzt man sich auch keine auf. Im Gegenteil, häufig kommt es vor, dass man noch darauf hingewiesen wird, dass man keine Maske aufsetzen muss. “Sie können die Maske absetzen, Sie brauchen keine Maske tragen.” – Ja kann man das? Woher wissen sie das?

Die vierte Welle kommt so früh wie erwartet. Ich habe mich immer gewundert, warum man erst im Herbst damit rechnete. Größenwahnsinn? Blindes Vertrauen in die Modelle? In die Einhaltung der 3-G-Regeln, in die Genauigkeit und Gültigkeitsdauer von Antigentests? Mir war aufgrund des Wegfalls vieler Maßnahmen, allen voran der FFP2-Maskenpflicht, klar, dass die Infektionszahlen viel früher zu steigen beginnen. Einerseits ist das Volk obrigkeitshörig, wenn es auf Maßnahmen wartet, andererseits misstrauisch genug, um sich nicht impfen zu lassen und lieber Schwurblern glauben zu schenken – so wird man die Pandemie nie besiegen können!

Im gestrigen ORF-Sommergespräch mit Lou Lorenz sagte Virologe Kurz:

“Ich halte nichts vom Zitieren einzelner Studien, die aus meiner Sicht einfach nicht stimmen”

Kurz: „Wir haben die Pandemie des Jahrhunderts hinter uns.”

Lou: „Aber wir haben sie nicht hinter uns.“

Kurz: „Aber schauen Sie sich an, die Wirtschaft wächst.”

AKH-Intensivmediziner Staudinger redete hingegen Klartext bei Puls24:

Er könne nicht für ganz Wien sprechen, aber “bei uns sind alle ungeimpft”, sagt Staudinger über die Covid-Intensivpatienten. Das sorge auch für Frustration beim Personal. “Man kämpft gegen Windmühlen”, sagt Staudinger und “irgendwann wird es bei jedem enden mit der Energie”. Die Patienten seien vor allem junge Menschen, um die man teils wochenlang kämpfen müsse, die an Kraft und Muskelmasse verlieren. Eine Unterscheidung zwischen Geimpften und Ungeimpften bei Engpässen bei den Behandlungen hält Staudinger “in unserem System” und “aus dem Verständnis der Ethik, die wir leben” für “nicht denkbar”.

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