Schwierige Zukunft der Aufklärung

Dunkle Zeiten kommen auf uns zu.

Seit der Übernahme von Twitter durch Elon Musk war klar, dass die Hochzeiten dieser Social-Media-Plattform vorbei sein werden und das hat sich in den vergangenen Monaten auch bestätigt. Musk hat aus Twitter nicht nur eine Bezahlplattform gemacht, sondern auch die Algorithmen so geändert, dass rechte Propaganda bevorzugt wird, dass Aufklärung zu Corona, Krieg gegen die Ukraine und Klimaerwärmung erschwert wird, dass man gegen rechte Trolle und Hasstiraden schlechter vorgehen kann. In den letzten Wochen und Monaten sind immer mehr Naturwissenschaftler und generell Personen ausgewandert, die in der Kernphase der Pandemie solide Aufklärungsarbeit geleistet haben.

Musk hat es erfolgreich geschafft, die ohnehin sehr heterogene Gruppe der vernunftgesteuerten Aktivisten zu zerstreuen auf verschiedene kleinere Plattformen, die kein Ersatz für Twitter sind: Meta, Bluesky, Post, Threads, Mastodon, etc. Wer wie ich seine feste Gruppe an WissenschaftlerInnen hatte, hat es nun schwierig, am Ball zu bleiben. Das betrifft nicht nur Corona, sondern auch aktuelle meteorologische Ereignisse und Neuigkeiten, für die ich als Berufsmeteorologe Twitter ebenso gerne nutze.

Es ist nicht so, dass ich mich aufgedrängt hätte, in die Rolle als Coronaaufklärer zu schlüpfen. Nach wenigen Monaten war leider klar, dass es an einer Handvoll engagierter Zivilpersonen (Citizen Journalists, Citizen Scientists) hängenbleiben würde, weil Behörden und Medien vollkommen versagen. Auch von meinen MitstreiterInnen haben sich viele zurückgezogen – aus Resignation, aus Trauer, aber auch wenn sie nach der zweiten Infektion gesehen haben, dass sie sich auf Dauer einfach nicht schützen können, speziell mit noch nicht erwachsenen Kindern. Auch auf Twitter stellen namhafte WissenschaftlerInnen jetzt die Frage, ob sie Fotos aus ihrem Leben – manchmal auch ohne Maske – zeigen sollen, oder ob sie damit ihre eigene Aufklärung diskreditieren würden, wo sie auf die Wichtigkeit der Schutzmaßnahmen hinweisen. Sie sagen aber auch dazu, dass sie einen Vollzeitjob haben und ihr Leben nicht nur daraus besteht, über Corona aufzuklären.

Ich bin in diese Rolle gedrängt worden, habe aber leider keinen Stellvertreter. Wenn ich ein paar Wochen nicht am Ball bleibe, keine Studien sammle, dann kann ich die Chronologie nicht so lückenlos fortsetzen wie die letzten Jahre. Das ging in den Zeiten von Lockdown und Beschränkungen lange relativ gut, weil Freizeitaktivitäten begrenzt waren und auch im Job eingeschränkte Aktivitäten, denn es sollten sich ja lange Zeit so selten wie möglich fremde Haushalte treffen. Diese Zeit ist vorbei und je mehr sich alles (schein)normalisiert hat, desto schwieriger ist es für mich geworden, noch die Zeitfenster zu finden, um Studien nicht nur zu sammeln, sondern auch zu lesen, um Blogtexte zu schreiben und aktuelle Infos zu neuen Varianten. Denn ich habe auch einen anderen Beruf als ehrenamtlich die Aufgabe von Regierung, Opposition, Behörden und Medienvertretern zu übernehmen. Die letzten Monate hab ich gemerkt, dass ich es einfach nicht mehr schaffe, die dutzenden Studien pro Woche zu archivieren, viel Zeit auf Recherche zu verwenden, mehrere Plattformen zu bespielen, denn ich brauche die Erholung abseits vom Computer und man stellt sich auch die Sinnfrage, was passiert, wenn der ersehnte nasale Impfstoff, der Ansteckungen verhindern kann, erst in ein paar Jahren kommt – oder gar nicht. Wie lange hält man das noch durch?

Wenn ich an die kommenden Wochen und Monate denke, dann ist klar, dass es für Österreich kaum brauchbare Daten zu Corona gibt. Das Twittersymbol ist heute übrigens verschwunden, da thront jetzt ein großes X, was mich irgendwie an das große Z von Putins Russland erinnert. Was mach ich, wenn die WissenschaftlerInnen jetzt auf sieben verschiedene Plattformen wechseln? Ich bräuchte einen Assistenten, der mir sieben verschiedene Profile anlegt und mich ständig am Laufen hält, was wer wo schreibt – nur hätte ich gar nicht die Zeit dafür und ehrlich gesagt auch nicht die Lust, dauerbeschossen zu werden mit Infos. Meine Hauptquelle zur Informationsbeschaffung und auch zur Kommunikation war und ist noch Twitter. Mastodon hab ich noch nicht eingerichtet. Auch klar ist, dass die Pandemie noch nicht vorbei ist. EG.5.1 (XBB.1.19.*) breitet sich derzeit weltweit aus und könnte bei uns die nächste Welle im Spätsommer auslösen. Im September oder Oktober frühestens kommt der neue XBB-Impfstoff, der aber voraussichtlich für XBB.1.5 zugeschnitten wurde, der bis dahin wahrscheinlich nicht mehr zirkuliert (analog zur BA.1-Zulassung im Herbst 2022). Es is ois a Schas.

Bottom Message: Ich kann das hier nicht mehr so intensiv weiterbetreiben wie vorher. Es. geht. nicht. mehr. Dafür bräuchte ich ein Team, wo jeder redaktionelle Inhalte einsteuern könnte, und ehrlich gesagt auch eine professionelle Webseite mit mehr Formatierungsmöglichkeiten. Das war ja mal als rein privater Blog gedacht.

2 thoughts on “Schwierige Zukunft der Aufklärung

  1. Hallo!

    Vielen lieben Dank für Deine Mühe, Deine Zeit und Deine Arbeit. Ich habe immer gerne gelesen was Du schreibst, da mir selbst die Zeit und die Expertise fehlt selbst so tief zu recherchieren.

    Liebe Grüße Ulrike

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  2. Es ist auf jeden Fall gut auch weniger Zeit vorm Computer zu verbringen. Eigentlich habe ich von Februar 2020 bis Maerz 2023 oft nur einige Minuten am Tag mich mit Corona beschaeftigt. Es reichte schnell USA Covid oder Germany Covid in Google einzutippen, und man konnte sich sofort die Diagramme anschauen. 7 Tage Schnitt der Sterbefaelle, und ne schnelle Umrechnung z.B. Detschland X 4, UK X 5, und man konnte z.B. mit USA vergleichen und sehen wir sind bestenfalls wenn ueberhaupt nur minimal besser wie die. Aber ich bin faul. Es ging mir gar nicht so sehr um die Genauigkeit, sondern eher um eine konsistente Berichterstattung. Ich bin dann erst vor einigen Monaten auf diese Webseite gekommen. Und so allmaehlich tapsen wir alle im dunkeln herum. Wir koennen Covid als Suchbegriff unter Nachrichten eingeben, und wir sehen noch einiges, dass viele Leute auch Heute sehr leiden, aber die Meldungen sind sehr zerstreut.

    Sollte die Welle in die wir jetzt in Europa und Nordamerika eintreten sehr schlimm ausfallen hoehre ich schon meine Bekannten sagen Corona ist wieder zurueck, und mich sagen, nein es war nie weg, aber wie beim Umgang mit Kleinkindern versuche ich ruhig und gelassen zu bleiben. Sollten die naechsten Wellen aber wirklich nur minimal sein, wuensch ich mir trotzdem mehr Unterstuetzung und Verstaendniss fuer die individuelle Freiheit fuer die grundlegendsten Massnahmen wie Maskentragen, Abstandhalten, und Vermeidung von dichten Menschenmengen. Grippe, RSV usw. werden auch nicht einfach von alleine voellig verschwinden.

    Ich hoffe wir haben in Berlin oder Wien mindestens die gleiche Freiheit wie in Tokyo oder Taipei unbelaestigt Masken zu tragen wenn wir uns und andere schuetzen moechten. Von Freunden in Tokyo und Taipei schaetze ich ganz grob, dass im Moment noch drinnen vielleicht 60% Masken tragen und draussen vielleicht 30%. Vor der Pandemie war es wo ich dort war je nach Saison vielleicht 0,5% bis 3%, aber man hatt so gut wie immer irgendwo jemanden mit Maske gesehen. Diese Erklaerung wir Europaer sind es nicht gewohnt hatt fuer mich weniger Bedeutung, weil die waren es dort so weit ich weiss vor der grossen Grippe 1919 auch nicht so gewohnt. Haben aber eine gegenseitige Ruecksicht bezueglich Ansteckungen aufgebaut. Ich bin gerade leicht erkaeltet und trage jetzt eine Maske, sonst koennte ich evtl. dich oder deine Oma anstecken usw.

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