Glaubwürdigkeit

Australische Radiomoderatorin, die ihre Sendungen mit einer 3M Aura und Luftreiniger im Studio moderiert. Der Unterschied ist nicht hörbar. Sie hat sich bisher noch nie mit Covid19 infiziert. Wenn darum gebeten, tragen auch ihre Gäste freundlicherweise eine Maske im Studio. Vor Covid sicher zu sein ist keine lästige Pflicht. Es ist machbar.

Prävention kommt überall zu kurz im deutschsprachigen Raum. Es wird zwar über die Langzeitfolgen geschrieben, nicht aber über die vorhandenen Möglichkeiten, Infektionen zu verhindern, welche Langzeitfolgen auslösen können. Das gilt für alle viralen Infekte.

Eines sollte man klar bedenken: Forschung, Therapie und soziale/finanzielle Absicherung hinken dem Bedarf weit hinterher. Es gibt derzeit keine Heilung für alle Folgen einer SARS-CoV2-Erkrankung. In spezifischen Fällen helfen bestimmte Medikamente, bei erworbenen Autoimmunerkrankungen ist eine lebenslange Therapie notwendig, manche Schäden sind schlicht irreversibel. Solange das der Fall ist, generiert jeder zusätzliche Infektionsfall potentiell einen weiteren Teil- oder Vollinvaliden, der durch die sozialen Netze fällt. Die Regierung hat sich nie bemüht, die Netze zu verstärken, sondern im Gegenteil zusätzliche Löcher hineingemacht.

Ohne das damalig noch funktionierende Twitter hätte ich wahrscheinlich nicht so schnell je von MECFS gehört. Erste Berichte zu LongCOVID fand ich im Mai 2020. Für mich war immer klar, dass Infektionen verhindern ein wesentlicher Teil der Aufklärung, aber auch Selbsthilfe ist. Unabhängig von gerade geltenden Maßnahmenregelungen. Umso umverständlicher der Wegfall der Maskenpflicht im Gesundheitswesen und gerade aus dieser Ecke laufend deppate Kommentare Richtung PatientInnen.

Bei der ersten Veranstaltung zu MECFS, die ich heuer im August besucht habe, hatte sich bereits die schlechte Angewohnheit eingeschlichen, dass Vortragende zum Reden die Maske abgesetzt haben (mit Ausnahme des Mitorganisators Joachim Hermisson, der eine schwerstkranke Tochter mit MECFS zuhause hat). Und beim Buffet in der Pause indoor haben natürlich auch viele maskenlos geplaudert ohne Abstand. Während der Vorträge wurde von den Zuhörern hingegen brav Maske getragen.

Hier steht der gelbe Balken für Aerosolproduktion durch Atmung. Pink ist sprechen und blau singen. Das Übertragungsrisiko einer infizierten Person, die nur atmet, ist allgemein gering. (Alsved et al. 2022)

Nun wissen wir aber, dass Sprechen wesentlich mehr (infektiöse) Aerosole ausstößt als die Atmung alleine. Von daher war es seit jeher wissenschaftlich unlogisch, beim Schweigen Maske zu tragen und beim Sprechen nicht. Besonders enttäuschend war für mich, dass auch die vortragenden Fachärzte, die selbst MECFS-Patienten behandeln, keine Maske getragen haben. Es gab ja ein Mikrophon und daher war die Verständlichkeit kein Problem – auch mit Maske.

Vor kurzem gab es auf Twitter einen Hinweis zu einer stattgefundenen Fachtagung zu MECFS und LongCOVID in Baden-Württemberg. Prävention war kein Thema, gilt aber wie gesagt natürlich unabhängig von SARS-CoV2. Aus den Impressionen der Tagung wird klar, dass nur wenige Teilnehmer bzw. Vortragende wirklich verstanden haben, worauf es ankommt.

Für eine inklusive Veranstaltung, zu der sich mit gutem Gefühl und Sicherheit auch Betroffene und pflegende Angehörige trauen können, sind Schutzmaßnahmen das A und O. Wenn Prävention selbst schon keinen Vortrag wert ist, sollten es die Vorkehrungen vor und während der Veranstaltungen sein:

  • Angaben über die Luftqualität im Raum (CO2-Messungen, sichtbar an einem Display bzw. Geräten im Raum) und ggf. regelmäßiges Lüften
  • Aufstellung von mobilen Luftfiltern im Raum
  • Maskenpflicht (!) für alle Anwesenden
  • ggf. bitte um Antigentest vor der Veranstaltung
  • bei Symptomen zuhause bleiben
  • bestenfalls Hybrid-Veranstaltung (Präsenz und online)

Dazu finde ich auf der Webseite keine Angaben, dafür sieht man keine Masken am Podium und der Großteil der Zuhörer trug auch keine. Es ärgert mich, wenn ich so etwas sehe, denn gerade Betroffene, Angehörige und Interessierte/”Allies” müssten wissen, wie wichtig Prävention ist. Das zeigt, dass wesentliche Punkte von Prävention nicht verstanden wurden, denn sie gilt unabhängig davon, was gerade durch öffentlich verlautbart wird: Pandemie politisch beendet heißt eben nicht, dass das Virus nicht mehr unter uns weilt. Auch andere potentiell Langzeitfolgen verursachende Viren zirkulieren weiterhin in hoher Zahl – vor allem aktuell:

Corona-Abwassermonitoring für die Stadt Karlsruhe, Baden-Württemberg – deutlicher Anstieg

Wenn nicht einmal jene von Fachtagungen über schwerwiegende chronische Erkrankungen, die von über die Luft übertragenen Erregern verursacht werden, eine dichtsitzende und gut filternde Maske tragen (und nein, damit ist keine OP-Maske gemeint!) und damit Vorbildwirkung vorleben, wie können wir es dann von unseren Kollegen, Freunden und Angehörigen fordern?

Eine der Vortragenden meinte zur Begründung, dass sie wegen der Akustik auf der Bühne auf die Maske verzichtet habe und dafür extra antivirales Nasenspray vorher und nachher benutzt habe. Mehrere Leser haben geantwortet, etwa dass für die Akustik Mikro und Stimmverstärker helfen, dass es ähnlich absurd sei, wie wenn man zum Telefonieren die Maske abnimmt. Es geht da nicht nur darum, sich selbst sicher zu fühlen, sondern auch um Vorbildwirkung gerade in diesem Rahmen, wo viele Zuhörer aus dem Interessens- und Betroffenenkreis virale Langzeitfolgen zusammenkommen.

Ich kann mir durchaus vorstellen, dass es sinnvoll ist, auf die Maske zu verzichten, etwa um Menschen mit Hörbehinderungen die Möglichkeit zu geben, den Vortrag mitverfolgen zu können. Dann aber sollte man gut sichtbar für alle einen Luftreiniger direkt neben dem Redner platzieren, sodass klar ist, dass auch ohne getragene Maske auf saubere Luft wertgelegt wird. Auch da geht es um Vorbildwirkung.

Um eines klarzustellen: Das ist kein Affront gegen das allgemeine und inhaltliche Engagement der Veranstalter und Vortragenden, das ich ausdrücklich schätze. Ich komme dennoch nicht umhin, die gesellschaftsweite kognitive Dissonanz zu thematisieren, die sich leider auch in Selbsthilfe-Veranstaltungen und Fachtagungen zeigt.

Es ist unlogisch und falsch. Selbst wenn sich auf dieser Veranstaltung niemand angesteckt hätte, ermutigt es zum weiteren maskenlosen Aufenthalt in Innenräumen und weiteren Ansteckungen, damit weiteren Betroffenen, die mitunter noch Jahre oder Jahrzehnte auf bahnbrechende Fortschritte in der Therapie warten müssen. Vielen läuft die Zeit davon, wenn sich die Erkrankung schleichend verschlechtert oder Rehamaßnahmen aufgezwungen werden, die zu einer rapiden Verschlechterung führen. Manche sterben aufgrund körperlichen Versagens oder assistiertem Suizid. Die Politik hat noch keine Antworten darauf, und angesichts des deutlichen Rechtsrucks zeichnet sich langfristig auch keine durchgreifende Verbesserung ab. Es ist daher umso wichtiger denn je, jede Gelegenheit mit Vorbildfunktion zu nutzen.

Darum mein Appell an alle im Gesundheitswesen bzw. die solche Veranstaltungen organisieren oder besuchen: Zeigt den Viren klare Kante und gebt der politischen und medialen Verharmlosung eine klare Absage: Tragt Maske und verwendet Luftfilter und CO2-Messgeräte. Prävention muss, wenn sie schon nicht explizit Vortragsthema ist, im öffentlichen Raum sichtbar sein. Nur so verhindern wir unnötige weitere Langzeitbetroffene, die auf ein eklatantes Defizit an Fachärzten und Anlaufstellen stoßen.

One thought on “Glaubwürdigkeit

  1. Hallo,

    ich schätze Ihre Beiträge sehr und möchte mich an dieser Stelle einmal herzlich für Ihren Einsatz bedanken! Bitte darf ich Sie fragen: Können Sie eine*n Zahnarzt/-ärztin in Wien empfehlen (die auf Luftqualität achten)?

    Mit bestem Dank im Voraus und lieben Grüßen Andrea

    >

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