SPÖ: Halbherziger Kampf für saubere Luft in Klassenräumen

Schuhmacher et al., Untersuchungen an Luftreinigern in verschiedenen Räumlichkeiten, 30.05.23

« Virus season » is just poor-indoor-air-quality-season, it’s a factor of how we use und operate buildings in cold weather – “Virus season” is entirely preventable.

Raumluftexpertin und Architektin Orla Hegarty, Irland (09.12.23, Twitter)

Mit einer Presseaussendung kündigte SPÖ-Vorsitzender Babler am 16. Mai 2024 einen Entschließungsantrag der SPÖ an, mit der sie Bildungsminister Polaschek zum Handeln für saubere Luft auffordern wollen. Die Aussendung fand kein Medienecho, lediglich unter Anhängern der SPÖ und der Initiative Gesundes Österreich (IGÖ) gab es viel Beifall für die notwendigen Forderungen.

Ich glaube, dass es mehr braucht als gelegentlich eine Presseaussendung und politische Forderungen, die an der neoliberal-esoterischen Teflonregierung wie das Amen im Gebet abprallen. Für eine gesellschaftliche Debatte über die Gesundheit der Bevölkerung und ihrer Kinder muss man das Thema breiter aufstellen, mit regelmäßigen Pressekonferenzen, Arbeitsgruppen, die sich zuerst einmal darum kümmern, die eigenen Mitglieder von der Notwendigkeit zu überzeugen. Wenn man Gewerkschaftler anspricht, warum sich nicht mehr für den Schutz der Gesundheit am Arbeitsplatz eingesetzt wird, wird man nur angeblafft “Das ist nicht unser Job, das ist die Aufgabe des Arbeitgebers!” Dann wird auf die geltenden Gesetzeregelungen verwiesen, die nicht mehr meldepflichtige schwerwiegende Erkrankungen wie Influenza oder SARS-CoV2 ignorieren, und auch sonst keine klaren oder veralteten Regeln vorschreiben zum Infektionsschutz.

Das C-Wort wurde aus der letzten Presseaussendung herausgehalten. Ohne einen realistischen Rückblick auf die Pandemie und auf die Gegenwart, wo weder SARS-CoV2 noch all jene Betroffene mit Spätfolgen verschwunden sind, kann ein Vorwärtsschauen aber kaum mit den richtigen Schlussfolgerungen gelingen. In weiten Teilen der Bevölkerung, darunter auch der SPÖ-Wählerschaft, hält sich hartnäckig der Irrglaube, SARS-CoV2 und auch andere Infektionskrankheiten wären für ihre Kinder harmlos, gehörten zur Kindheit dazu, würden das Immunsystem trainieren und Maßnahmen wie Luftreiniger und Fensterlüften würden diese notwendigen Infektionen unterbinden, oder durch “Zugluft” gar befeuern. Wenn man glaubt, dass Infektionen harmlos und notwendig sind, wird man sich nicht für Schutzmaßnahmen einsetzen, die die Anzahl von Infektionen verringern.

Esoterische Mythen, Steiner-Philosophie und vor allem die massive Desinformation über Jahre hinweg durch Pseudoexperten, Pandemieleugner und Verharmlosung durch die Bundesregierung sind sicherlich schwer zu durchbrechen, dazu kommt die neoliberale Menschenfeindlichkeit der ÖVP, die ja auch die wachsende (Kinder-)Armut in Österreich abstreitet.

Es gibt nun zwei Ansätze, diese einbetonierte Ignoranz zu durchbrechen: Entweder gelingt es, die Regierung oder künftige Regierungen zu überzeugen, dass Handlungsbedarf besteht. Dann würde es neue bundesweite Gesetzesregelungen geben, so sie nicht am Föderalismus scheitern, und saubere Luft in Innenräumen müsste vollzogen werden, ob das die Wähler wollen, für wichtig halten oder nicht. Oder aber, im Hinblick darauf, dass die Entscheidungsträger ihre Beliebtheit mehr interessiert als Umsetzung von sinnvollen Forderungen, man überzeugt genügend Teile der Bevölkerung davon, dass regelmäßige Infektionen tatsächlich schädlich und Gegenmaßnahmen sinnvoll sind – dann erreicht man auch leichter die Zustimmung der anderen Parteien. Die Schädlichkeit lässt sich eindrucksvoll demonstrieren anhand der Vervielfachung von Krankenständen, Milliardenschäden und die weiterhin wachsende Zahl von LongCOVID/MECFS-Betroffenen.

Ich glaube, dass langfristig nur der zweite Weg erfolgreich sein kann. Aus Furcht vor der FPÖ das C-Wort, P-Wort und M-Wort nicht mehr anzusprechen, und zu hoffen, trotzdem durchzukommen, ist keine langfristig tragfähige Strategie in meinen Augen. Ironischerweise hat ausgerechnet die FPÖ schon mehrfach Anträge für saubere Luft in Schulen eingebracht, wurde dafür aber z.B. von der Wiener SPÖ abgewiesen. Babler hat offenbar keinen Rückhalt durch Platzhirsch Ludwig.

Continue reading

Mythen rund um die “Erkältungszeit” – Folge 3: Das Immunsystem braucht kein Training durch Infektionen

Anzahl der Keuchhusten-Fälle, die seit 2011 der ECDC gemeldet wurden, Stand 31.03.24

Das Immunsystem ist kein Bankkonto, in das man ständig Infektionen einzahlen muss, um keine Immunschulden anzuhäufen. Es ist auch kein Muskel, der ständig in Kontakt mit Viren und Bakterien kommen muss, um stark zu bleiben. Nach dem sukzessiven Ende aller Schutzmaßnahmen kamen die saisonalen und ganzjährigen Infektionskrankheiten zurück in die Mitte der Gesellschaft. Ein Umstand, der eindrucksvoll aufzeigt, dass Schutzmaßnahmen wie Kontaktbeschränkungen, Masken und etwa telefonische Krankmeldungen funktioniert haben. Leider fallen die Rückbetrachtungen zur Pandemie häufig vernichtend zu jenen Schutzmaßnahmen aus, die hunderttausenden von Menschen das Leben gerettet haben – darunter befinden sich auch Schulschließungen oder die Maskenpflicht im Gesundheits-, Bildungs- und öffentlichen Verkehrswesen. Genervte, empörte oder durch Verschwörungserzählungen allgemein verlorene Mitbürger verdrängen die Fakten und empfangen unwissenschaftliche Behauptungen, die Schutzmaßnahmen in Frage stellen, mit offenen Armen.

  • “Ich bin jetzt ständig krank, weil ich jahrelang Maske getragen habe.” höre ich dann von jenen Mitbürgerinnen und Mitbürgern, die die Maske meist widerwillig und so selten wie nur möglich getragen haben.
  • “Das Immunsystem ist nach den jahrelangen Lockdowns untrainiert”, behaupten selbst Hausärzte und Apotheker, aber auch so manche Infektiologen im Fernsehen, und ermuntern die Mitbürger dazu, sich achtlos erhöhtem Infektionsrisiko auszusetzen.
  • “Das sind alles Nachholeffekte, weil es in den Jahren mit Maßnahmen kaum Infektionen gab.” sagen Epidemiologen, und lassen einen damit im Unklaren, ob man diese Infektionen jetzt aktiv nachholen sollte, oder ob sich einfach mehr Menschen infizieren, aber man selbst könnte auf diese Infektionsrunde einfach verzichten und würde damit nichts verlieren.
Continue reading