Influenzaimpfung jetzt ratsam!

Aktuelles Covid-Abwassermonitoring in Österreich

Der vorläufige, wahrscheinlich aber auch einzige Peak der Herbstwelle von SARS-CoV2 scheint Mitte Oktober erreicht worden zu sein und hat auch nach Ende der Herbstferien nicht noch einmal Fahrt aufgenommen. Der Grund für die Infektionswelle war vor allem XFG und seine Nachfolgevarianten, die die bisherigen Varianten fast vollständig verdrängt haben. Das war auch mit ein Grund, weshalb ich mich nach meiner Covid-Erstinfektion im Juli nicht mit dem LP.8.1-Impfstoff habe impfen lassen. Meine mutmaßliche XFG*-spezifische Immunität sollte noch ausreichend Schutz bieten. Reinfektionen mit derselben Variante waren und sind äußerst unwahrscheinlich. Für alle anderen, bei denen die letzte Infektion oder Impfung mindestens ein Jahr oder länger zurück liegt, ist der LP.8.1-Booster aber dennoch ratsam, er verbreitert die Immunantwort auch gegenüber neuen Varianten (nicht boosterspezifisch, siehe Reinholm et al. 2025). Ein Preprint hat bereits einen guten Schutz gegen XFG nachgewiesen (Happle et al. 2025, kleine Teilnehmerzahl). Zu beachten ist dabei, dass die Booster einen gewissen, mit der Zeit nachlassenden Schutz gegenüber symptomatischen Infektionen (Erkrankung) bieten können, und dabei natürlich auch die Viruslast und Dauer der Infektiösität verringern. Der Schutz gegen schwere Verläufe und Tod bleibt bestehen.

Anzahl stationäre Covid-Aufnahmen (Normal+Intensivstation) bis KW43

Die Hospitalisierungsrate lag in dieser Welle mit Spitzen um 400 Aufnahmen pro Woche deutlich unter jener vom Vorjahr (1000) und betrug nurmehr ein Viertel der JN.1-Welle vom Herbst 2023 (1600). Die verringerten Abwasserwerte sind also real und glaubwürdig und durch die steigende Immunisierung nimmt die Zahl schwerer Verläufe weiter ab. Internist Wolfgang Hagen spricht im Buch von Valin/Schuberth (Die verdrängte Pandemie 2025) davon, dass schwere Verläufe mittlerweile zur “Rarität” geworden sind. Betroffen sind vor allem sehr alte (multimorbide, Immunosenescence) und schwer immungeschwächte Personen.

Zu Long Covid wissen wir, dass die Impfung das Risiko reduziert – es ist natürlich nie Null. Dennoch sollte man bei Statistik aufpassen, was eigentlich ausgesagt wird. So haben zahlreiche Medien, von der ÄrzteZeitung bis zur PRESSE ein Lancet-Paper damit getitelt, dass die zweite Infektion das Long Covid Risiko bei Kindern verdoppeln würde. Tatsächlich steigt das absolute Risiko von 0,09 auf 0,18%. In der Akutphase der Pandemie kursierten Zahlen von 10-20%, später 5-30%, in einer Übersichtsarbeit von Nittas et al (2022) waren es 2,2-3,5%. Das Lancet-Paper zeigt also eine deutlich niedrigere Inzidenz von ~ 0,1% als bisher angenommen. Das bedeutet in Österreich rund 1700-2000 betroffene Kinder mit Long Covid, die leider ein ähnliches Schicksal haben wie die Erwachsenen (mangelnde Anerkennung der Diagnose, fehlende Therapien, Stigmata) und denen zusätzlich ein Verlust an vielen gesunden Lebensjahre droht.

Nun könnte man davon ausgehen, dass die Dunkelziffer der Betroffenen viel höher ist, weil viele gar nicht beim Kinderarzt vorstellig werden, es könnten aber auch die untersuchten Symptome zu unspezifisch sein und andere Ursachen haben. Es könnten nur besonders stark betroffene Kinder zum Arzt gehen, genauso aber auch viele Infektionen sehr mild oder symptomfrei verlaufen. Welcher Faktor überwiegt, bleibt in der wissenschaftlichen Debatte umstritten und erfordert eine Einigung auf Definitionen und bestenfalls Biomarker. Das sehr niedrige absolute Risiko finde ich die größere Erkenntnis als die Verdopplung auf sehr sehr niedrigem Ausgangsniveau. Das bedeutet natürlich nicht, dass Kinder keinen Schutz bedürfen würden – sie baden regelrecht in Viren während ihrer Kindergarten- und Schulzeit und leiden unter teilweise deutlich erhöhten Kohlendioxidkonzentrationen in den Unterrichtsräumen.

Influenza-Saison beginnt früher

Im österreichischen Sentinelsystem sind die Anzeichen dafür noch verhalten – vereinzelt gibt es Fälle von Influenza A ohne Reiseanamnese – das heißt, Community-Transmission findet sporadisch bereits statt. Im SARI-Dashboard ist noch kein Trend erkennbar. Anders in anderen Ländern der Nordhalbkugel. So melden Norwegen, Spanien, England und Japan bereits erhöhte Influenzaaktivität. In Kanada ist man beunruhigt, dass der aktuelle Influenzaimpfstoff nicht zur Driftvariante K (H3N2) passen könnte. Auch in England fürchtet man die Variante K, welche sieben Mutationen aufweist.

Diesbezüglich scheint es nun eine vorläufige Entwarnung zu geben, denn ein Preprint zeigt, dass der Impfstoff gegen die Driftvariante weiterhin wirksam zu sein scheint. Besonders das Nasenspray für Kinder (Lebendimpfstoff Fluenz) scheint besonders gut zu wirken (Kirsebom et al. 2025). Selbst bei einem verminderten Schutz gegen H3N2 sollte man beachten, dass auch andere Influenzastränge während der Saison zirkulieren, die im Impfstoff enthalten sind. Wie bei Covid gilt: Der Impfstoff verhindert nur zum Teil symptomatische Infektionen. Wer dennoch ordentlich krank wird, sollte daran denken, wie krank man erst ohne Impfung geworden wäre.

Aus eigener Erfahrung diese Woche: Wenn beim Primärversorgungszentrum Impfwillige gemeinsam mit schwer symptomatischen Personen bei der Ordination anstehen, dann kann im blödsten Fall am Tag der Impfung eine Ansteckung erfolgen. Zudem dauert es auch bei der Influenza-Impfung bis zu 14 Tage, bis der vollständige Schutz gegeben ist. Ich hab daher eine gut sitzende, frische FFP3-Maske getragen, als ich impfen gegangen bin. Influenza ist übrigens deutlich weniger ansteckend als Covid, es braucht dafür vor allem engen Kontakt. Sonst hätten die Pandemiemaßnahmen einen von vier Influenzasträngen nicht ausrotten können.

Letzter Punkt: Soll man Covid und Influenza gemeinsam impfen?

Ich würde das normalerweise davon abhängig machen, wie die Inzidenzen gerade so sind. Die Covid-Wellen scheinen im Rückblick der letzten fünf Jahre gesehen meist zeitiger zu kommen als Influenza. Die Wirkung des Influenzaimpfstoffs lässt über die Saison hinweg nach. Vor allem immungeschwächte Patienten wissen das meist selbst, dass man einen günstigen Zeitpunkt – nicht zu früh – erwischen sollte, damit der Schutz möglichst lange hält.

Heuer scheint es so zu sein, dass die Covid-Welle langsam abflacht, aber noch erhöht nachweisbar ist im Abwasser, während Influenza an Fahrt aufnimmt. Auch in Deutschland aktuell meines Wissens schon erhöhte Nachweisaktivität. Eine Doppelimpfung ist daher in meinen Augen kein Fehler, sofern man beide Impfungen gut verträgt – sonst würde ich etwas Abstand lassen.

Verantwortungslose User auf X und Bluesky verbreiten leider immer wieder Furcht vor Impfungen. Anfangs ausschließlich von Impfgegnern, inzwischen auch von ZeroCovid-Accounts. So wurde neulich behauptet, beide Impfungen gleichzeitig würden weniger gut wirken als in Abständen gegeben (Schiavoni et al. 2026). Der Immunologe Marc Veldhoen, der unermüdlich für die Impfung eintritt und Zweifel von allen Seiten versucht zu widerlegen, stellt klar, dass es sich um eine sehr kleine Studie mit nur 29 Teilnehmern handelt. Die Korrelation zwischen Antikörpern und Entzündungsstoffen sei schwach, es würde sehr vom Immunstatus der Teilnehmer abhängen. Zu wenige von ihnen für statistisch signifikante Erkenntnisse. Eine frühere Studie mit 42 Teilnehmern zeigte hingegen eine gesteigerte Immunantwort, wenn man Covid und Influenza gleichzeitig geimpft hat (Barouch et al. 2023).

Bitte nicht davon verunsichern lasssen – jede Impfung ist besser als keine Impfung und eine Doppelimpfung ist besser als Influenza oder Covid auszulassen und dann länger krank zu sein oder Weihnachten zu verpassen.

Maske und saubere Luft schützen besser als Händewaschen

Abschließend noch: Die Gesundheitsbehörden scheinen nichts aus der Pandemie gelernt zu haben und empfehlen oft an erster Stelle Händewaschen gegen Influenza- oder Covidinfektion. Nach wie vor gelten die Erkenntnisse der letzten Jahre und auch vor der Pandemie schon, die sich aber jetzt erst in der wissenschaftlichen Community durchgesetzt zu haben scheint: Erkältungsviren werden über die Luft übertragen und winzige Tröpfchen (Aerosole) inhaliert. Dagegen schützen FFP2-Masken am effektivsten. OP-Masken schützen mitunter schlechter als dicht getragene Stoffmasken. Frischluftzufuhr verringert die Aerosolkonzentration in der Luft und Luftreiniger/HEPA-Filter filtern infektiöse Aerosole aus der Luft. Händewaschen ist wichtig, aber nicht gegen Influenza oder Covid!

Und weil ich das Ende heute nicht finden kann: Covid verursacht wie Influenza, Parainfluenza, saisonale Coronaviren zu Beginn der Erkrankung klassische grippale Symptome: laufende Nase, Halsweh, Kopf- und Gliederschmerzen, manchmal Fieber und Schüttelfrost. Daher zählt SARS-CoV2 (jetzt) zu den Erkältungsviren – unabhängig davon, dass Covid auf die Gefäße und Organe gehen kann. Die Symptome sind heute aber großteils nicht mehr vom Virus selbst, sondern von der hochgefahrenen Immunabwehr verursacht, weil das Immunsystem den Erreger bereits erkannt hat. Die nachfolgende Entzündungsreaktion ist meinem Verständnis nach durch die adaptive Immunabwehr oft schon abgeschwächt, weshalb schwere Verläufe (“Zytokinsturm”) seltener geworden sind und – das wäre meine Vermutung – damit auch Long Covid (= anhaltend erhöhte Immunaktivität) deutlich seltener auftritt als zu Beginn der Pandemie bzw. vor der Impfung.

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