Kolumne 03: Don’t blame the messenger!

Typischer Arbeitstag: Hin- und Rückfahrt in unzureichend belüfteten Schnellbahnen mit CO2-Werten deutlich über den Grenzwerten für saubere Luft (800ppm), im Großraumbüro dank Frischluftzufuhr über Quell-Lüftung (“vertical displacement ventilation”) konstant niedrige CO2-Werte und niedrige Ansteckungsgefahr, sofern eine infizierte Person keinen engen Kontakt mit einer empfänglichen Person hat. Im Büro verzichte ich daher meist auf eine Maske, in den Zügen trage ich ausnahmslos immer Maske.

Ich kämpfe seit Jahren um meine Gesundheit, die Gesundheit der Menschen, die mir etwas bedeuten, und um die von Menschen, die mir egaler nicht sein können. Obwohl ich keine eigenen Kinder habe, habe ich mich immer dafür eingesetzt, auch ihre Gesundheit zu schützen. “Die armen Kinder werden zu Sündenböcken gemacht!”, “Du kannst sie nicht ewig einsperren!” waren die Reaktionen von Erwachsenen. Die Kinder und Jugendlichen selbst wurden auch dann nicht gehört, als sie einen Offenen Brief an den Bildungsminister richteten. Erst als drei Schülerinnen der ÖVP-nahen Schülerunion für ORF-Report interviewt worden, wo sie psychischen Schäden des Lockdowns beklagten, aber keine Schutzmaßnahmen in den Schulen forderten, hörte man ihnen zu.

Unzählige Beiträge habe ich in den Medien gesehen, gehört und gelesen. Klar war immer: Sobald es für die eigene Stresstoleranz bequemer war, wurde es gesendet. Unbequeme Wahrheiten hört man eben nicht gerne, besonders darin ein elementarer Vorwurf der Pandemiebekämpfung eingebettet ist: Erwachsene wollten sich nicht einschränken, um Kinder zu schützen, aber umgekehrt wurde es verlangt. Dann kam die Impfung für Erwachsene und auf die Zulassung des Impfstoffs für Kinder unter 12 Jahren wollte man nicht mehr warten. Statt sich heimlich im Wirtshaus zu treffen, sollte es wieder hochoffiziell möglich sein. Das ist die Wahrheit, und indem die Konsequenzen ebenso wie Schutzmaßnahmen für Kinder und Jugendliche auf ewig negiert werden, bleibt die bequeme Illusion am Ende stehen, dass die Erwachsenen “alles richtig gemacht” haben.

Die Botschafter unbequemer Tatsachen sind immer unbeliebt und werden entsprechend behandelt, dabei werden sie von mehreren psychologischen Phänomenen unterstützt.

Da wäre das Major Consensus Narrative:

Die Mehrheit der öffentlichen Meinung ist nicht zwingend an Fakten orientiert, dominiert aber den Meinungskurs, zum Beispiel, dass Lockdowns psychische Schäden an Kindern hervorrufen würden und daher vermieden werden sollten. Tatsächlich sollten Lockdowns immer als ultima ratio dienen, wenn alle anderen Optionen versagt haben. Wir haben andere Optionen aber nie genutzt seit Pandemiebeginn, weder wissenschaftliche Aufklärung, transparente Information, empathische Risikokommunikation als klare Regeln, über die sich auch die Länder nicht hinwegsetzen können. Eine Pandemie ist nicht Aufgabe der Länder, sondern Aufgabe des Staates, denn eine Pandemie macht vor Ländergrenzen nicht hat.

Da wäre die Schweigespirale nach Noelle-Neumann:

Bei kontroversen Themen neigen Menschen dazu, ihre eigene Meinung zu verschweigen, um sich besser in die Gesellschaft einzufügen. Wer öffentliche Unterstützung spürt, äußert seine Meinung eher laut und deutlich. In der Überbetonung der “Impfschäden” etwa, die zu einem kleinen Teil tatsächlich auf die Impfung zurückgehen, weil bei Milliarden Impfungen weltweit auch sehr geringe Risiken zu nennenswerten absoluten Zahlen führen, aber zu einem größeren Teil haben sich Betroffene bereits vor der Impfung oder kurz danach infiziert und die Symptome gehen ursächlich auf die Infektion zurück, die alle Symptome, welche die Impfung verursachen kann, um ein Vielfaches übersteigt. Die NÖ-Landesregierung aus ÖVP und FPÖ etwa, die “Impfgeschädigte” mit medialer Inszenierung entschädigt, obwohl es dafür bereits einen Fonds gibt, und gleichzeitig eine Werbeverbot für weitere Impfkampagnen beschließt. In so einer Stimmungslage kann dann auch ein ORF-Journalist einen Kniefall vor den Blauen machen und einen vermeintlichen Impfschaden präsentieren, der mit hoher Wahrscheinlichkeit keiner war.

Da wäre Phänomen der “spontaneous trait transference”, nach dem Kommunikatoren als jene wahrgenommen werden, die die Eigenschaften oder Verhaltensweisen aufweisen, die sie bei anderen beschreiben. Man wird dafür bestraft, beleidigt, sich lustig gemacht, als “ängstlich” pathologisiert oder bedroht, weil man andere wiederholt vor den Spätfolgen einer Corona-Infektion warnt. Wenn man Lügen bloßstellt und Desinformation kenntlich macht, verbinden einen die Leute mit Lügen und Desinformation. Leider gibt es keinen einfachen Ausweg als sein Ding weiter durchzuziehen und weiter zu warnen, aufzuklären und emotionale Appelle zu richten. Es funktioniert aber auch umgekehrt: Wer gut über andere spricht, wird ebenfalls als gut wahrgenommen. Statt also immer nur jene Scharlatane hervorzuheben, die Lügen verbreiten, sollten wir mehr unsere Experten und Aktivisten hervorheben, die sich immer am Boden von Fakten und wissenschaftlichem Konsens bewegen.

Mir bleibt selbst nichts anderes übrig als weiterzumachen, solange ich die Kraft und Gesundheit dafür habe. In meinem Fall bedeutet das weiterzubloggen, die Zitate der Scharlatane, aber auch der Vorbilder zu sammeln, die sich solide mit wissenschaftlichem Fundament äußern und nicht der Politik vorauseilend gehorchen. Es heißt überdies, dass ich mich an meiner bescheidenen Wirkungsstätte für die Bedeutung von sauberer Luft einsetze und mich mit CO2-Messgerät und Luftfilter bewaffne, um mich und irgendwann vielleicht auch andere vor Infektionen mit Viren und Bakterien zu schützen, die kein Mensch braucht, weil das Immunsystem kein Training braucht, wohl aber das kognitive Denken.

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