Der lange Weg zurück …

Ich habe jetzt begonnen, Inhalte von coronafakten.com auf coronawissen.com zu übertragen, und gehe dabei behutsam vor. Nur dort, wo ich mir sicher bin, keinen Unsinn zu verzapfen, werde ich Inhalte behalten, sonst mich von ihnen trennen. Wer meine Blogtätigkeit der letzten Jahre verfolgt hat und meine Schreibwütigkeit kennt, weiß, was für ein immenser Aufwand das ist. Es ist jedoch notwendig geworden. In der letzten Zeit gab es unterschiedliche Reaktionen auf meine zunehmend selbstkritischen Beiträge. Es sei nicht alles an meinem Aktivismus schlecht gewesen, ich solle mich nicht schlechter machen. Damals sah ich eben manches anders, irren und Fehler der Vergangenheit würde dazu gehören – sie seien Teil des Mensch seins, gehören zum Lernen dazu. Manche Stimmen sagen, bei mir sei es nicht so schlimm gewesen, dass ich übertrieben hätte, während Coronaleugner mit ihrer Haltung und politischen Einflußnahme Menschenleben gekostet haben. “Sie verrennen sich da in etwas!” hörte ich von einem HIV-Experten, als ich postulierte, dass Covid die Immunsystem schwächen würde. Man würde Desinformation verbreiten, sagten andere Experten, das sei schädlich für die Öffentlichkeit. Ausgerechnet mir, der sich auf die Fahnen schrieb, mit seinem Blog Desinformation bekämpfen zu wollen. Doch kann man Desinformation nicht mit Desinformation bekämpfen – beides schadet der Wissenschaft, egal aus welchen Gründen. “Ich habe einen Therapeuten gebraucht, um wieder ohne Panik in einem Lokal essen zu können. Das hat die ZeroCovid-Bubble bei mir angerichtet” schrieb ein aufgebrachter Twitter-User vor ein paar Jahren und klagte dabei auch mich an. Lange Zeit fühlte ich mich im Recht und seine Kritik als abstrus, zumal er danach begann, einen privaten Shitstorm gegen ZeroCovid-Anhänger zu führen. Heute denke ich anders darüber und es sind gerade diese beiden Zeilen, die mir bis heute keine Ruhe lassen. Ja, ich führte immer als Argument an, dass ich Leben retten wollte und damit im Zweifel im Recht sein würde. Doch besteht das Leben nicht nur aus der Abwesenheit von Viren und Bakterien. Der Mensch ist ein soziales Wesen und daher war der grundsätzliche Ansatz, das Gemeinschaftsleben rasch wieder wiederherzustellen, wichtig und richtig – mit weniger Egoismus und Sozialdarwinismus hätte es auch so wie Neuseeland oder Australien laufen können, die besser durch die Pandemie kamen.

Folgenden Beitrag schrieb ich zuerst auf Bluesky:

+++

Als ich nach Aufhebung der Schutzmaßnahmen fabulierte, dass Infektionswellen anderer respiratorische Viren Folge Covid-geschwächter Immunsysteme sein würden, hatte ich noch keine Ahnung davon, dass z.B. Rhinoviren rund 160 Subtypen haben und viele virale und bakterielle Erreger in Zyklen zirkulieren. Erst danach hab ich sukzessive Infos über RSV, die vier humanen Coronaviren (hCoV), Rhinoviren, Influenzadrift, Parainfluenza (vorher nie etwas davon gehört) gesammelt, und auch z.b. Zyklen bei Mycoplasmen, die durch die Pandemie unterbrochen wurden (-> mehr empfängliche Personen). Ich hab etwa bewusst unter den Tisch fallen lassen, dass auch ZeroCovid-Länder wie Neuseeland, Japan und Australien starke RSV-Wellen hatten, weil das nicht in die Argument gepasst hätte, dass nur Länder mit Durchseuchung betroffen sein würden. Zum Einen hat es natürlich mein einfältiges Bild zurechtgerückt, wie Viren, Bakterien, Immunität, etc. funktionieren. Zum Anderen ist es mit keinem Infekt lustig, andere anzustecken, weder Viren noch Bakterien. Man lernt und bleibt daheim, trägt Maske beim Rausgehen, bis Symptome weg sind.

Erst durch das SARI-Dashboard (Hospitalisierung mit gefährlichen Atemwegserregern) ist heute übrigens klar, wie weit gefährlicher RS-Viren für Kleinkinder sind als Covid/Influenza (KW19 2023 bis KW 41 2025, 0-4 Jahre: 1976 Covid-PatentInnen, 1003 Influenza-PatientInnen, 3412 RSV-PatientInnen). Und wichtig es ist, diese bzw. die Mutter noch in der Schwangerschaft gegen RSV zu impfen. Aber auch die generelle Gefährlichkeit im Kleinkindalter aller drei Viren.

In gewisser Weise ist das schon alles “Rocket Science”, das lernt man nicht nebenher in drei Jahren Pandemie. Das ist alles hochkomplex, wie man sieht. Etwas mehr Demut hätte gut getan in der Zeit, gilt natürlich weitaus mehr noch für die ganzen Schwurbler, die verharmlost haben.

Über diverseste Gespräche hab ich erfahren, dass es nicht so leicht ist, wie ich mir das vorstellte. Dass man Kinder nicht bei jedem Infekt mit Symptomen aus der Schule nehmen kann, da es nur begrenzte Anzahl von Pflegefreistellung gibt. Wenn überhaupt. Dass es um Meilensteine geht (Schularbeiten). Das ist ein Systemproblem, nicht abzuwälzen auf die Eltern und Kinder. Leistungsdruck großes Problem. Und wie wir alle wissen, die Luftqualität in Klassenräumen, die zu verbessern, würde Infektionswellen ausdünnen. Weniger krank sein würde gesellschaftlich gut tun, ganz verhindern werden wirs nicht.

Das wäre vermutlich auch nicht gesund in dem Sinn, dass nach längerer Infektionspause eine umso größere Welle kommen würde. Je nach Erreger vielleicht noch eine böse Driftvariante von etwas, gegen das kaum Kreuzimmunität da ist. Das kann man nicht wollen. Aber mehr tun als jetzt geht schon. Auch etwa im Hinblick auf Allergene oder Schimmelsporen in der Luft, die wirklich kein Mensch braucht. Es war aber etwa naiv zu glauben, ein Hüttenwirt könnte mit CO2-Werten etwas anfangen. Was soll er machen bei Kälte? Viel lüften, bis die Heizkosten explodieren? Manche Hüttenwirte, etwa vom Alois-Günther-Haus am Stuhleck, schreiben explizit, man soll nur im gesunden Zustand kommen. Sollte in der Benimmkampagne des Alpenvereins stehen – weil selbstverständlich ist das leider nicht.

Es war für mich ein langer, steiniger Weg mit vielen Reibungsverlusten in jede Richtung, an diesen Punkt zu kommen, dass meine Priorität nicht nur die Abwesenheit von Covid ist. Ja, Rauch hat das ähnlich formuliert, aber imho zu früh. 2022 sind ähnlich viele Menschen gestorben wie 2020. Schuld war “Omicron ist mild”-Mythos. Das galt nur mit Impfung, und es waren viele noch ungeimpft. Dazu Omicron viel ansteckender. Intensivstationen sind nicht mehr kollabiert, aber Normalstationen. Und es war Spitalspersonal gleichermaßen betroffen über die Kinderdurchseuchung -> “milde Engpässe?”

Ich sehe es heute als große persönliche Errungenschaft an, dass ich Sozialkontakte nicht nur als potentielle Infektionsquelle betrachte, ja entmenschliche (außer, diese sagen aktiv, sie sind krank). Gesundheit ist kein Taubenschach spielen. Gesundheit ist überdies auch soziale Gesundheit. Natürlich trägt wesentlich bei, dass ich nicht betroffen bin von einem Immundefekt, und mir diese Sichtweise erlauben kann. Doch hab ich in der Akutphase der Pandemie wiederholt immungeschwächte Menschen erlebt, die mehr unter Leute gegangen sind als ich. Die keinen “Retter” gebraucht haben. Das war vielleicht auch eine gewisse Form der Entmündigung für Menschen sprechen zu wollen, die für sich selbst sprechen können. Das tut mir heute leid, wenn ich hier “zu viel” wollte, und glaubte, sie müssten sich jetzt dauerhaft alle einsperren – dabei entschieden sie das selbst. Aber das sind Gedanken am Rande, die bei mir kommen und gehen, und wo ich mich frage, wo die Grenzen vom Advokatismus liegen – für andere sprechen wollen und gar nicht betroffen sein. Ebenso wenig wie ich für alle Eltern sprechen kann als kinderloser Mensch, alle Grautöne nicht kenne. esser ist es eigentlich, sie für sich selbst sprechen zu lassen und diese Position, wenn es eine Konsensposition gibt, zu verstärken als “Ally” – sofern man wesentlich übereinstimmt, und nicht diverse Biase/Verzerrungen vorliegen, die mitunter einen Bärendienst erweisen.

Beispielsweise ständig aufkochende HIV/AIDS-Vergleiche, und extrem breit gefasste LC-Symptome, was Studienpopulationen verfälschen kann, wo gar nicht LC die Ursache ist, sondern etwas anderes – und das letztendlich dazu führt, dass für die wirklich LC-Betroffenen kein Durchbruch erzielt werden kann. Ich sehe es heute auch rückblickend als einen Fehler ein, meine Unterschrift für ein Memorandum der pseudowissenschaftlichen WHN hergegeben zu haben. Die Österreichische Gesellschaft für MECFS unterstütze ich hingegen guten Gewissens – auch unterstützt durch die Ströck-Stiftung (weandme).

+++

Meine Blogbeiträge (“Chronik”) auf coronawissen.com wird man heute mit einem “grain of salt” behandeln müssen. Manches war richtig und wichtig, anderes überschießend. Auf der statischen Seite, also das, was über die einzelnen Menüpunkte abrufbar ist, möchte ich künftig nur noch Inhalte stehen haben, die ich guten Gewissens vertreten kann. Was coronafakten.com betrifft, kann ich das so wie bisher nicht stehen lassen – Fakten sollten Fakten sein und kein Cherrypicking.

Abschließend sei gesagt, dass meine Kompetenzen und Stärken eigentlich ganz woanders liegen – in der Meteorologie und beim Bergwandern, und ich darüber lieber in meiner Freizeit schreibe und mir durch stundenlanges Sitzen am Computer den Rücken ruiniere als über Themen, wo ich mich mangels Studium nicht gut auskenne.

Coronawissen wird 2026 wieder zum Hauptblog.

Quelle: Abwassermonitoring.at (im Herbst 2025 wird auch der “alte” Novavax JN.1 wahrscheinlich verfügbar sein)

Der Blog wurde 2020 ins Leben gerufen. Im Sommer 2023 hatte ich technische Probleme und schuf eine Backup-Lösung mit coronafakten.com. Das hab ich zum Anlass genommen, die gesammelten Artikel und Beiträge auszumisten und Texte zu vereinfachen.

Coronawissen.com lief kurzzeitig als Kolumne weiter, wurde dann aber im wesentlichen stillgelegt. Warum? Weil das Thema medial durch war und kaum noch Expertinnen und Experten über das Virus schrieben. Weder bin ich hauptberuflich Journalist und daher ständig dran am Thema noch habe ich spezielle Vorbildungen in dieser Richtung. Am Ball bleiben ging einfach nicht mehr neben einem Vollzeitjob. Nun erscheinen auch auf coronafakten.com kaum noch neue Inhalte, aber die Webseite ist selbst gehostet und kostet eine Stange Geld im Jahr. Und das lebenslang?! dafür, dass kaum neue Inhalte erscheinen werden? Da stimmt für mich die Verhältnismäßigkeit nicht mehr.

Deswegen werde ich ein letztes Mal übersiedeln und zwar zurück von coronafakten auf coronawissen.com – dabei unterziehe ich die gesammelten Texte nochmal einer gründlichen Prüfung, was ich davon behalten will und was kritisch ist vom Faktengehalt, und wo ich mich mitunter im Ton vergriffen habe. Der Umzug wird dann nächstes Jahr peu à peu vonstatten gehen. coronawissen.com wird zu pandemiearchiv.wordpress.com und kostenlos weiterlaufen – coronafakten.com wird dann abgeschaltet.

Mir ist wichtig, dass das Wissen über die Pandemie und das (bleibende) Virus und seine Folgen nicht verloren geht. Speziell über Prävention und Long Covid/MECFS, aber auch den Verlauf der Pandemie über viele Jahre und die politisch strittigen Entscheidungen dazu. Gleichzeitig ist mir sehr wohl bewusst, dass Profi-JournalistInnen sehr wohl faktenbasiert und leidenschaftlich darüber berichten, ebenso wie es viele Selbsthilfeorganisationen gibt, die sich wesentlich besser auskennen als ich. Ich möchte dann auf meinem Blog kein Halbwissen oder veraltetes Wissen verbreiten, weil ich die neuesten Studien nicht gelesen habe. Ich bitte um ein wenig Verständnis für diese Vorgehensweise.

Das bedeutet nicht, dass keine neuen Beiträge mehr erscheinen werden – wenn es signifikante neue Varianten gibt oder Impfupdates bzw. andere relevante Erkenntnisse (z.B. Durchbrüche bei LC/MECFS-Forschung), melde ich mich hier zu Wort. Auch Benefiz-Aktionen zu MECFS wird es weiterhin geben.

Also zusammengefasst: coronafakten.com wird zu pandemiearchiv.wordpress.com.

PS: Im Zuge der Erneuerung werde ich auch die Blogtexte von coronawissen.com darauf prüfen, ob ich sie wirklich behalten will.

Wie soll ich mit der Vergangenheit umgehen?

Manchmal fühlt man sich ertappt.

Rückblickend bin ich nicht mit allen Blogeinträgen glücklich, die ich die letzten Jahre geschrieben habe. Was mir im Moment des Schreibens richtig erschien, ist mir heute teilweise unangenehm, teils schäme ich mich für geäußerte Vorwürfe und Unterstellungen – insbesondere PolitikerInnen und WissenschaftlerInnen gegenüber, aber auch bei JournalistInnen war ich nicht immer zimperlich im Tonfall. Ich ließ mich anstacheln und aufstacheln, aber ich bin ein erwachsener Mensch und selbst verantwortlich für mein Handeln.

Short cut:

Ich hab hier in epischer Breite gebloggt, auch Aussagen getroffen, zu denen ich heute nicht mehr stehe. Soll ich ganze Blogtexte entfernen, einzelne Passagen entfernen oder sie mit einem Kommentar versehen? Ich kann es im Prinzip beantworten, da ich einzelne Blogeinträge bereits entfernt habe. Schließlich soll der Blog kein Archiv für Desinformation sein. Aus Zeitgründen schaff ich es leider kaum, jeden einzelnen Beitrag nochmal auf Herz und Nieren zu überprüfen. In der Wissenschaft ist es übrigens normal, dass man mit fortschreitender Erkenntnis Meinungen ändert und anpasst. Manchmal müssen eingereichte Fachartikel auch zurückgezogen werden, etwa weil es gravierende Methodik- oder Datenmängel gibt.

Continue reading

Stellungnahme zu diversen Vorwürfen

Es ist schwierig auf Vorwürfe und Unterstellungen zu reagieren, wenn man nicht mehr auf der Plattform ist oder geblockt wurde. In den letzten Monaten musste ich mir einiges gefallen lassen, etwa, dass ich zu bequem sei, andere zu schützen, dass ich nicht mehr Covid-vorsichtig sei, dass ich Infekte jetzt gut finden würde, dass ich nur aus sozialem Druck keine Maßnahmen mehr mittragen würde und unter anderen beruflichen Voraussetzungen weiterhin Teil von TeamVorsicht sei, oder dass ich LC nicht mehr für ein Problem hielte, weil ein Freund mit LC wieder gesund wurde. Mein Original-Beitrag hier wurde als “kontraproduktiv” empfunden und ich würde den vorsichtigen Menschen einen Bärendienst erweisen. Mehrmals hörte ich auch, ich solle meinen “Sinneswandel” gefälligst für mich behalten, was ich ehrlich gesagt für übergriffig und auch undankbar empfinde.

Denn meinen missionarischen Eifer, über die Pandemie und ihre Folgen aufzuklären, obwohl ich weder einen medizinischen noch biologischen Fachhintergrund habe, und dass ich viele Jahre meiner Freizeit dafür verwendet habe, aufklärerisch unterwegs zu sein, und mein eigenes Wohlbefinden, meinen Job und Wohnungssuche hintangestellt habe, und dabei mehrfach nahe dran war, meinen Job aufs Spiel zu setzen, – das hat man wohlwollend genommen und geflissentlich übersehen, dass darunter auch fehlerhafte Informationen waren – eben schlicht wegen dem mangelnden Hintergrund und dem Setzen auf Pseudoexperten, die es nicht nur unter Pandemieleugnern gibt. Außenstehende haben bisweilen zurecht Zweifel gehabt, “einem Meteorologen” Glauben zu schenken – speziell nach dem Jahr 2022, als die Schutzmaßnahmen schrittweise aufgehoben wurden. Ich möchte daran erinnern, wie ich vor der riesigen XBB.1.16-Welle gewarnt hatte, die dann vollständig ausblieb – was niemanden überraschte von den echten ExpertInnen.

Mein Blog begann hier als therapeutisches Verarbeitungsinstrument, um die ersten Wochen der Pandemie mental bewältigen zu können. Das hab ich öffentlich gemacht, ein privates Tagebuch hätte auch gereicht. Der innere Drang und die Neugier, daraus eine wissenschaftliche Begleitung der Pandemie zu machen, gewürzt mit einer gehörigen Portion Aktivismus, kam erst später und hat sich dann verselbständigt. Bis 2022 hatte ich eine ordentliche Reichweite aufgebaut und zunehmend Kontakte zu diversen, meist seriösen WissenschaftlerInnen. Daraus hab ich die Legimitation gezogen, den Blog weiterzuführen und zahlreiche Themen rund um die Pandemie anzusprechen. Mit dem politischen Ende der Pandemie 2023 haben aber immer mehr meiner Wissenschaftlerkontakte begonnen, sich wieder ihrem daily business zuzuwenden. Viele schrieben jetzt von der postpandemischen Zeit, während es für große Teile von TeamVorsicht “mitten” in der Pandemie war. Diese kognitive Dissonanz ist über die letzten Jahre immer weiter gewachsen – wie konnten ausgerechnet jene ExpertInnen, von denen ich großteils meine Infos bezog, behaupten, dass die Pandemie hinter uns lag und auf öffentlichen Veranstaltungen keine Maske mehr tragen? Ich bemerkte, wie diese ExpertInnen zunehmend aggressiv angegangen und diffamiert wurden, und das ließ mich nachdenklich werden – denn ad hominem-Angriffe kannte ich bisher nur von der Leugnerseite.

Aktuell bin ich in einer Übergangsphase angekommen: Im Alltag ist die Pandemie lange Vergangenheit. Die mediale und politische Aufarbeitung sehe ich weiterhin mit großer Sorge, dass die falschen Lehren gezogen werden. Die Wissenschaftscommunity schreibt kaum noch über neue Erkenntnisse, zu präsent sind die gravierenden Umwälzungen durch das Trump-Regime in den USA, gleichzeitig ist die Viruszirkulation niedrig und Spitalsaufenthalte betreffen meist ältere Menschen, die sich zuhause nicht mehr versorgen können und vorsorglich eingeliefert werden. Ich bin nicht ganz vom Schuss, habe meine Listen und informiere mich regelmäßig über den Status der Virusvarianten-Evolution. Ich war bisher auch noch alle halbe Jahre impfen und meines Wissens kein einziges Mal symptomatisch infiziert, bei unklaren Symptomen teste ich. Das auch zum Vorwurf, ich würde auf jeden Schutz pfeifen und andere anstecken. Ja, ein Freund hatte eine unerkannte Lungenembolie durch Covid und wurde dank Blutverdünner wieder gesund, aber ich habe andere Bekannte und Freunde, die nicht mehr gesund wurden und ich sehe die Betroffenen mit MECFS – man muss schon sehr selektiv lesen, um daraus zu konstruieren, ich würde Long Covid für kein Problem mehr halten.

In anderen Punkten, was die Vermeidung aller respiratorischer Infektionen für immer und ewig betrifft, bin ich skeptischer geworden, ebenso meinen Umgang damit und meine Äußerungen dazu auf Social Media und am Blog. Ich hab mir vor zwei Jahren mit großer Selbstsicherheit den Janeway gekauft, ein großes Fachbuch über Immunologie, musste dann aber kleinlaut schon bei der Einleitung aufgeben, denn ich verstand nichts davon – dafür studiert man Biologie und spezialisiert sich auf Immunologie oder Virologie, und dann versteht man etwas davon. Wie sollte jemand, der nicht über die Einleitung hinauskommt, anderen erklären können, wie schädlich respiratorische Infektionen (allgemein) wirklich waren oder reihenweise Fachartikel zitieren, ohne Methodik und Limitationen tiefer verstehen zu können?

Ich weiß, was jetzt kommt: Diese Form der Selbstkasteiung mag peinlich beschämen – sich so in Selbstzweifel zu ziehen, aber ich nenne es eine reife Form der Selbstreflexion und auch eine gewisse Demut vor dem studierten Wissen Dritter – ein bisschen googeln (OSINT), anonyme Pseudoexperten auf Social Media lesen und selbst Fachartikel überfliegen reicht nicht, um etwa in Immunologie bestehen zu können. Damit wird nicht alles falsch, was ich die letzten Jahre geschrieben habe. Ich hab übrigens meinen Blogtext, welche Lehren aus der Pandemie gezogen werden sollten, immer noch nicht abgeschlossen – der würde viel Wind, ich hätte mich komplett gedreht, aus den Segeln nehmen.

Abschließend lautet mein Appell, sich durchaus öfter selbst zu hinterfragen und nicht dem Confirmation Bias auf den Leim zu gehen. Diese Form der statistischen Verzerrung ist die gefährlichste durch Social Media und gilt für alle Themen, mit denen man sich intensiv beschäftigt. Ich könnte das wieder weitreichend ausführen und erläutern, weshalb ich die Vorwürfe für ungerechtfertigt empfinde und es mich ebenfalls verletzt, ich würde hier scheinbar grundlos die Seite gewechselt haben, aber ich lass das jetzt. Mir war und ist immer wichtig, mein eigenes Handeln begründen zu können – etwas nach bestem Wissen und Gewissen zu tun. Daran hat sich nichts geändert – ich bin jetzt wieder etwas klüger geworden als vor einigen Jahren. Letztendlich waren unsere gemeinsamen Berührungspunkte der Umgang mit der akuten Pandemiebedrohung und jetzt trennen sich unsere Wege wieder, außer man hat weitere gemeinsame Interessen.

Zuletzt möchte ich daran erinnern, dass ich die letzten Monate trotz schwindender gehaltvoller Infos auf Social Media weiterhin über die aktuelle Viruslage aufgeklärt gehabe, und somit auch Gelegenheit gab, sich um Boosterimpfungen rechtzeitig zu kümmern – statt rein auf die öffentliche “im Herbst impfen”-Strategie zu setzen.

PS: Und weil viele, die mich rein virtuell kennen und offenbar wenig von meiner Lebensrealität wissen, nun geäußert haben, sie seien enttäuscht, schockiert, entsetzt von meinen Aussagen – was glaubt ihr, wie es die letzten Jahre den Menschen ging, die mich persönlich kannten und kennen, und ich jeden, der sich räuspern oder husten musste, mit finsterer Miene angeschaut habe, als wolle er mich absichtlich umbringen? Und ich selbst Leute, die immer Maske trugen, aber ständig unterwegs waren, als unsolidarisch abwertete? Ich merke bis heute die Kluft im realen Leben, und das sind nun mal die Menschen, mit denen ich täglich zu tun habe, und die sich mit etwas Abstand betrachtet überwiegend vernünftig verhalten haben..

USA: Schlechte Nachrichten für LC/MECFS Betroffene

Es hat sich leider abgezeichnet und jetzt sind unter dem rechtsextremen Coronaleugner- und Impfgegnergespann RFK Jr und Jay Bhattacharya massive Förderungskürzungen für die Covidforschung angekündigt worden, die auch zahlreiche Longcovid Studien betreffen.

Wien könnte ab 2027 (!) Modellregion für MECFS Betroffene werden. Eine Entwicklung, sicher besser spät als nie, die für viele Betroffene leider zu spät kommen wird. Salzburg zieht laut Berichten doch nicht nach wie zuerst erhofft und angekündigt.

Landesrätin Daniela Gutschi (ÖVP) behauptet, bei ihr hätten sich noch keine enttäuschten Patienten gemeldet. Ihr könnt das ändern!

Immerhin eine gute Nachricht: DIe ÖGNR stellt klar, dass LC und MECFS somatische Erkrankungen sind und keine psychische Erkrankung.

Nachruf auf Judith Schossböck (1981-2024)

Mit Trauer und Bestürzung habe ich heute gelesen, dass sich Judith Schossböck am 10. Dezember für Euthanasie entschieden hat, um ihrem schweren MECFS-Leiden ein Ende zu setzen. Ihre Abschiedsnachricht und die Mitteilung von ihrem Partner findet ihr auf ihrer Webseite.

Ich bin im Laufe der Pandemie auf ihren Twitteraccount @judyintheskynet gestoßen und habe ihre Geschichte mit MECFS verfolgt. Sie hat mich neben vielen weiteren Betroffenen darin bestärkt, sich dafür zu engagieren, diese schwere chronische Erkrankung bekannter zu machen, die seit der Pandemie deutlich häufiger geworden ist – und leider immer noch wird, da SARS-CoV2 und auch andere Viren weiterhin MECFS auslösen können. Im August 2023 hab ich ihre Ausstellung im Künstlerhaus Wien besucht und war beim Symposium mit spannenden Vorträgen dabei, die zugleich aufgezeigt haben, wie dringend politisches Handeln ist. Persönlich hab ich sie nie gesehen oder kennengelernt, aber sie zählt zu den MECFS-Schicksalen der letzten Jahre, die mich innerlich berührt haben. Sie gehört zu der Minderheit an Betroffenen, bei denen die Impfung die Erkrankung leider verschlechtert hat. Das ist kein Plädoyer gegen die Impfung. Betroffene anerkannter Impfschäden haben genauso das Recht verdient, gehört statt instrumentalisiert zu werden. Letztendlich ist es durchaus wahrscheinlich, dass ähnliche Mechanismen die Erkrankung auslösen oder beschleunigen, und eine umfasssende Erforschung der Erkrankung hilft dann auch den wenigen Betroffenen, wo die Impfung tatsächlich der Auslöser war.

Wenn junge Menschen keinen anderen Ausweg als assistierten Suizid sehen, um ihre qualvollen Leiden zu beenden, dann läuft etwas gewaltig schief in der Aufmerksamkeit für und der Reaktion auf diese Erkrankung! Ihr Schicksal ist kein Einzelfall! Long Covid und MECFS-Betroffene haben deutlich häufiger Suizidgedanken als die Durchschnittsbevölkerung oder bei anderen, besser therapierbaren Erkrankungen. Die öffentliche Berichterstattung während der Pandemie bis zum Ende der Schutzmaßnahmen war ausgesprochen deprimierend, lange Zeit Spätfolgen negierend. Inzwischen häufen sich sich die Berichte hierzu, doch mit wechselnden politischen Verhältnissen ist nicht gewährleistet, dass auch mittelfristig in den Aufbau von Versorgungsstrukturen investiert wird. Gesundheitsminister Rauch finanzierte zwar das Nationale Referenzzentrum mit einem niedrigen Millionenbeitrag, aber Anlaufstellen für Betroffene sind Ländersache. Wo er Einfluss gehabt hätte, hat er ihn nicht genutzt – indem MECFS nicht in die Einschätzungsverordnung aufgenommen wurde, um einen Grad der Behinderung festzustellen. Was ist der Nationale Aktionsplan für PAIS dann wert, der keine anvisierte Zieldaten enthält?

In die richtige Richtung geht momentan die wachsende Aufmerksamkeit bei MECFS, die aber nicht vergessen darf, dass es auch sehr viele leicht bis moderat Betroffene gibt, die sich kontinuierlich verschlechtern, wenn man sie nicht ernstnimmt, falsch diagnostiziert, falsch therapiert, sie durch unkontrolliert zirkulierende Viruswellen gefährdet und durch die sozialen Netze fallen lässt. Was fehlt, ist neben sozialer Absicherung auch ein klares Bekenntnis der Politik, sich für Forschung einzusetzen, viel Geld zu investieren, um Medikamente zu entwickeln, die die Krankheit verlangsamen, aufhalten, bestenfalls heilen können. Ein Referenzzentrum, wo bestehendes Wissen gebündelt und an die Ärzteschaft weitergegeben wird, deckt die Grundlagen ab, aber nicht mehr. Da ist noch viel zu tun.

Es tut mir für sie leid, dass sie den Zeitpunkt nicht mehr erleben durfte, wo es wirklich einen Durchbruch in der Forschung geben wird. Ich hoffe, viele weitere Betroffene, die um ihr Leben im wahrsten Wortsinn kämpfen, können dies noch erleben.

Rest in peace, Judith.

Long Covid und Prävention lassen sich nicht trennen

Greenhalgh et al., Long COVID: a clinical update (07/2024), Zusammenfassung auf Substack

“Eine Behandlung der Ursache gibt es nicht, nur die Symptome können therapiert werden. Die erste Prävention ist laut Vizerektor Enzinger ein gesunder Lebensstil, das stärke das Immunsystem. Die zweite Präventionsmaßnahme sei, „die Infektion selbst zu vermeiden und sich durch eine Impfung vor einer Infektion zu schützen.“

ORF Steiermark: Long Covid: Neue Maßnahmen angekündigt (21.11.24)

An sich ein guter und wichtiger Artikel, bis auf den letzten Absatz. Bekanntermaßen sind am häufigsten Menschen betroffen, die mitten im Leben stehen, mehrheitlich Frauen und darunter viele, die vor der Infektion mit SARS-CoV2 oder einem anderem Virus kerngesund waren. Am ungesunden Lebensstil kann es also nicht gelegen haben. Und wie soll man damit etwa als prekär lebender Mensch umgehen, der auf einen stressigen oder körperlich anstrengenden Job angewiesen ist, um durchzukommen? Die ersten beiden Aussagen wälzen die gesamtgesellschaftliche Verantwortung, Gesundheit zu ermöglichen und Viruszirkulation zu verringern, auf den Einzelnen ab. Nach den aktuellen Impfplänen wird die Impfung nur Risikogruppen eines schweren Verlaufs, nicht aber allgemein empfohlen. Zwar kann man sich impfen lassen, wird aber nicht explizit darauf hingewiesen, es zu tun. Diesen Winter gab es auch keine Alternative zu mRNA-Impfstoffen (Pfizer), der Proteinimpfstoff Novavax ist wahrscheinlich erst im Dezember verfügbar. Die Impfung schützt nach jetzigem Wissensstand höchstens wenige Wochen bis Monate vor einer Infektion, was bei einem jährlichen Impfrhythmus zu wenig ist, wenn man bedenkt, dass das Virus ganzjährig zirkuliert, so wie das vergleichsweise deutlich harmlosere Rhinovirus.

Ich hoffe, die künftigen Empfehlungen vom Vizerektor der MedUni Graz fallen zielgerichteter an die Politik und Gesellschaft, aber auch an die Gesundheitsbehörden und insbesondere die Gesundheitslandesrätinnen aus, denn das Umdenken kann in Österreich nur von oben herab erfolgen.

Continue reading

Infektionen vermeiden ist kein Wettbewerb

Die Löffeltheorie angewandt auf Menschen im Autismus-Spektrum – begrenzte Energie im Alltag

Manchmal würde ich mein über die letzten Jahre erlangtes Wissen gerne rückgängig machen. Es belastet, wenn man im Alltag nicht darüber reden kann oder darf. Es interessiert niemanden und der Niveauunterschied in meinem Wissen zu Corona und dem der Mehrheitsbevölkerung ist inzwischen so groß, dass ich nicht einmal wüsste, wo ich anfangen soll zu erklären. Es scheitert oft schon daran, dass der Irrglaube an Zugluft und Immunsystem stärken so beharrlich vertreten wird, dass Widerspruch zwecklos ist. Was hindert mich am Versuch zu vergessen? Ich erlebe gerade jetzt wieder, wie sich Erstinfektionen bei immunkompetenten Menschen auswirken – die zwei Wochen und länger positiv testen und mehr oder weniger deutliche Symptome aufweisen. Ich erlebe mit, was es bedeutet, wenn die Longcovid-Symptome nicht mehr verschwinden und die Lebensqualität deutlich einschränken. Nicht nur den Alltag beeinträchtigen, sondern auch Pläne für die Zukunft zerstören. Zugleich weiß ich, dass ein Restrisiko immer bleiben wird, solange dieses Virus dauerhaft zirkuliert.

Die Kontrollgruppe – scherzhaft sind damit jene unter uns gemeint, die sich noch nie nachweislich infiziert haben – wird mit jeder Welle kleiner. Ein harter Kern an “covidbewussten Menschen” beobachtet diesen Trend mit Sorge und teilweise auch Unverständnis. Bringen die Schutzmaßnahmen nichts mehr oder sind die vorsichtigen Menschen unvorsichtig geworden? Und wenn ja, warum? Sie wissen doch, was ihnen blüht, wenn sie sich anstecken. Warum schützen sie sich dann nicht mehr? Ist es heuchlerisch zu sagen, man sei vorsichtig, wenn man zwar Maske in den Öffis trägt, aber dann doch zur Geburtstagsfeier ins Restaurant mitgeht? Ist man eine schlechte Mutter, wenn das Kind mit anderen Kindern drinnen spielen darf, aber dabei keine Maske trägt?

Continue reading

Wie man eine Infektion nicht vermeidet

Urlaub im Salzkammergut im Herbst

Eine Urlaubswoche bei durchwachsenem Wetter konnte ich gut nutzen. Der Preis meines Risikos waren zehn Tage Krankenstand und mindestens eine Woche Aktivitäten auf Sparflamme, weil sich die Rekonvaleszenz noch zieht. Insgesamt gut drei Wochen Sportpause und ein anschließender Wanderurlaub mit reduziertem Programm, weil ich so schnell wo nicht fit werde. Eigentlich ist der Herbst meine liebste Urlaubs- und Wanderzeit. In der Regel muss man nicht auf Gewittergefahren achten, die meisten erreichbaren Gipfel sind noch schneefrei und die Laubfärbung hübscht Landschaftsaufnahmen auf. So gesehen kam dieser Krankenstand sehr ungelegen (und daher auch meine Pause hier am Blog).

Das verantwortliche Virus – Parainfluenzatyp 1 (Humanes Respirovirus) – verursacht meist grippale Infekte und betrifft eher die oberen Atemwege, bei immungeschwächten Menschen kann es auf die Lunge gehen und Komplikationen verursachen – festgestellt im Rahmen der Sentinelproben durch die Ärztin meines Vertrauens. Zwar war ich erleichtert, dass ich von Corona verschont blieb, aber ich lag trotzdem eine Woche überwiegend in der Horizontalen und mein Bedarf an weiteren Infektionen, egal mit welchem Virus, ist erstmal gedeckt.

Es ist das Dilemma für viele verantwortungsbewusste Menschen, die sich oder die Gesundheit ihrer Angehörigen schützen wollen, aber Teil der Gesellschaft sind – die schulpflichtige Kinder haben oder einen fordernden Vollzeitjob. Jedem Arbeitnehmer stehen seine fünf Wochen Urlaub vom Gesetz her zu. Aber ihn so zu nehmen, wie ich das vor der Pandemie getan habe, auch im Herbst oder Winter, geht durch den mangelnden Infektionsschutz nicht mehr. Ich habe mich wahrscheinlich im Hotel beim Abendessen oder bei einem Wirtshausbesuch angesteckt – in allen Indoor-Situationen waren Menschen mit respiratorischen Symptomen anwesend. Es waren immer alle Fenster geschlossen und die Luft sehr schlecht – teilweise habe ich Werte bis 2000ppm mit dem Aranet gemessen. Es war eine Infektion mit Ansage – wahrscheinlich habe ich es meiner Booster-Impfung einen Monat davor zu verdanken, dass ich mich nicht mit Corona angesteckt habe. Guess what … andere Viruserreger können ebenfalls krankmachen und zu längeren Krankenständen oder Sport/Trainingspausen führen. Die fehlende Erholungszeit holt man nicht mehr auf, denn nach dem Krankenstand geht der Alltagstrott weiter.

Es ist ernüchternd, dass wir nicht nur nichts aus der Pandemie gelernt haben, sondern zur Normalität gehört, seine Mitmenschen anzustecken, weil man selbst nicht zurückstecken will. Mit dem Ende der Corona-Schutzmaßnahmen waren nicht gar keine Maßnahmen gemeint, denn Corona existiert weiter und andere Virusinfektionen können ebenfalls schwer krankmachen, betrifft außerdem oft ähnliche Risikogruppen. Betroffene Patienten bestätigen, dass es vor der Pandemie eine Maskentragepflicht auf Krebs- oder Transplantionsstationen gegeben habe. Heute trägt man sie weder beim Umgang mit Krebs-, Transplant-, Herz- noch Lungenpatienten im Gesundheitswesen. Das ist fahrlässige Körperverletzung bis hin zur Todesfolge – vom Gesetz neuerdings gedeckt bzw. unwidersprochen.

Continue reading

Die Sieger schreiben die Geschichte (um) – Kolumne 21/09

Nicht amüsiert über das Wahlergebnis

Zugegeben war es suboptimal, meine Urlaubswoche am Geburtsort von Jörg Haider ausgerechnet am Wahlsonntag für die Nationalratswahl in Österreich enden zu lassen. Als ich gestern Abend ins Hotel zurückkehrte, flogen im ganzen Ort die Böller, auch vor dem Hotel. Verstörend. Ich hatte ja keine Ahnung. Im Grunde kam nichts überraschend. Ich schrieb in epischer Länge bereits 2021 einen Blogtext dazu, wie die Regierung (vor allem die ÖVP) die Pandemie instrumentalisierte, um die Bevölkerung zu spalten und den Staat nach Vorbild Ungarn umzubauen. Die FPÖ hat weiterhin auf das Reizthema Corona gesetzt, während sich ÖVP und Grüne seit 2022 bemüht haben, die Fehler der Vergangenheit rasch in Vergessenheit geraten zu lassen. SARS-CoV2 ging zwar nicht weg, aber sozial wurde die Pandemie beendet und damit nicht nur die Schutzmaßnahmen gegen Corona, sondern gegen ALLE Infektionskrankheiten. Der FPÖ und kleineren Splitterparteien reichte das aber nicht. Sie wollten Vergeltung für die beschlossene, aber nie umgesetzte Impfpflicht und vor allem für den Lockdown für Ungeimpfte, der zu diesem Zeitpunkt – das kann man ruhig zugeben – bereits wissenschaftlich gesehen völliger Schwachsinn war. Bezüglich Lockdowns per se setzt die selektive Erinnerung der Rechtswähler aus, denn Kickl forderte zu Beginn der Pandemie einen strengen Lockdown, der keinen Aufenthalt zu Erholungszwecken im Freien vorgesehen hätte. Diesen gab es übrigens nur dank der Grünen (Anschober).

Ich will irgendwelchen Wählerstrom- und Wahlmotivanalysen nicht vorgreifen. Die Staats- und Demokratiekrise ist hausgemacht, auch wenn großzügige Förderer russischen Hintergrunds bei den Rechten sicher eine wichtige Rolle spielen. Die Medien hängen an der Nabelschnur von staatlichen Förderungen, die es nur dann gibt, wenn die Berichterstattung die jeweilige Regierung im besten Licht dastehen lässt. Die Chefredakteure der großen Zeitungen wurden seit der Ära Kurz umgefärbt, Nehammer hat das nur fortgesetzt. Zuletzt ist auch der ehemals linksliberale STANDARD gefallen. Im ORF verbirgt man die tendenziöse Berichterstattung seit geraumer Zeit nicht mehr. Zur Ukraine, zu Israel, zur SPÖ, zum Klimaschutz, es gibt neben der Pandemie längst unzählige Beispiele, wo man nicht mehr von objektiver Berichterstattung sprechen kann, siehe auch die umfassende DOSSIER-Recherche zum Netzwerk Sobotka in Niederösterreich und die Einflussnahme der ÖVP auf das ORF-Landesstudio und die Wochenzeitung Niederösterreichische Nachrichten (NÖN). Selbst ohne den innerparteilichen Zwist großkotziger Narzissten hatte Babler nie eine reelle Chance gegen die Übermacht an ÖVP-nahen Medien. Die Rechnung der ÖVP ging jedoch nicht ganz auf. Zwar hat man die SPÖ auf Platz drei verwiesen, aber die FPÖ hat der ÖVP schlicht den Rang abgelaufen. Und das ist jetzt wirklich nicht neu, dass man zum Schmied und nicht zum Schmiedl geht. Die ÖVP hat massiven migrationsfeindlichen Wahlkampf betrieben und damit gerade die Themen der FPÖ befeuert und ständig am Köcheln gehalten.

Die Intention war wohl, gemäßigte Rechte zurückzuholen, aber stattdessen hat die ÖVP an die FPÖ verloren. Wie gesagt, es wird Wahlmotivanalysen geben, warum enttäuschte Parteiwähler gewechselt sind. Bei den Grünen mag die Pandemiepolitik eine kleine Rolle spielen, aber nicht die Hauptrolle. Die Covid-Awaren Menschen kann man in Österreich gefühlt anhand der Twitterblase bestimmen. Wesentlich größer dürfte der Anteil an Betroffenen von Longcovid/MECFS und deren Angehörigen sein, die von der Pandemiepolitik der Grünen enttäuscht waren und sind. Sonst haben die Grünen natürlich der ÖVP jahrelang bei Themen die Stange gehalten, wo es gegen die Werteanschauung der Grünen ging, von Moria über nächtliche Kinderabschiebungen bis zur Chataffäre der ÖVP, wo die Grünen die Vertrauensfrage hätten stellen können. Daneben auch diverse Kuhhandel wie ORF-Stiftungsratsmehrheit der ÖVP und Klimaticket. Zuletzt die Causa-Schilling, die manche Grünen-Wähler sehr übel genommen haben, lanciert wurde das vom DerStandard, der damit seiner Stammklientel schadete. Ich halte es dennoch für naiv zu glauben, dass die Verluste der Grünen vor allem auf Rauch und Co zurückzuführen waren. Das ist nicht mein Eindruck im Alltag gewesen, dass das auch nur irgendwer durchschaut hätte. Man erntet man maximal ein “Wer in Europa hätte das besser gemacht?” Es ist schon eine sehr kleine Blase auf X, die sich da tiefergehend mit beschäftigt hat. Ich wünschte, es wäre anders, aber die breite Health Literacy, die Konsequenzen bei Wahlen folgen lässt, existiert in Österreich nicht. Nicht vergessen darf man, dass ein Teil der Longcovid-Betroffenen glaubt, ihre Beschwerden würden von der Impfung kommen, was die reaktionären, antiwissenschaftlichen Propagandamedien der Rechten erfolgreich indoktriniert haben. Die Bundesregierung hat nicht widersprochen und sich im Gegenteil noch hingestellt und davon gesprochen, dass es ein Fehler gewesen wäre, die Schulen zu schließen – mehrfach. Auch die Impfpflicht bereute man öffentlich, aber aus den falschen Gründen – statt wissenschaftlich zu argumentieren, redet man sich auf die Spaltung aus. Doch was hat überhaupt erst in die Situation gebracht? Falsche Krisenkommunikation, mangelhafte Aufklärung zur Impfung und den Impfstoffen und dass sie kein Allheilmittel gegen eine (symptomatische) Infektion darstellen.

In den letzten vier Jahren sind so viele Fehler passiert, und viele davon habe ich am Blog dokumentiert, dass es die FPÖ sehr leicht hatte, mit dem Corona-Thema durchzumarschieren. Die Esoteriker und antiwissenschaftlichen Denker ziehen sich quer durch alle Parteien, über “ich umarme den Baum”-Strolz von den Neos zur “man kann ja auch eine Eieruhr benutzen” Hamann von den Grünen zu den SPÖ-Landesorganisationen in Salzburg und Oberösterreich, die Pandemieleugner und -verharmloser auf ihre Parteiveranstaltungen eingeladen haben. Die ÖVP ist diesbezüglich schwer greifbar, denn Kurz folgte lange Zeit eher Drosten als Allerberger, und in einzelnen ÖVP-Gemeinden von Niederösterreich wurden frühzeitig Luftreiniger für Schulen angeschafft. Die ÖVP argumentierte halt mit der Wirtschaft, um die Maßnahmen frühzeitig abzuschaffen, dabei schädigen sie die Wirtschaft so auf Jahrzehnte durch die gestiegene Krankheitslast und zunehmende Arbeitsunfähigkeit. Die Grünen bemerkten die Abspaltungen in der eigenen Partei mit den “Grünen gegen die Impfung” und der MFG und wollten “Gräben zuschütten”, aber getan haben sie das Gegenteil. Sie haben die Pandemieleugner legitimiert und die gesundheitlich Betroffenen ihrer Politik vor den Kopf gestoßen. Das Schlechteste aus beiden Welten. Dafür hätte man sich einen deutlicheren Verlust bei den Grünen erwartet, doch dafür ist die Gesundheit eben nicht das einzige Thema. Sonst gibt es keine Partei, die klar pro Klimaschutz auftritt – was man nach dem verheerenden Hochwasser ja als Anreiz hätte nehmen können, sein Wahlverhalten zu überdenken.

Meine Blogs coronawissen.com und coronafakten.com sind Zeitzeugen der Geschichte, wie sie die Verlierer erlebt haben – also wir, die mit der verfehlten Pandemiepolitik und dem Rückfall ins Mittelalter, eine Zeit, wo es noch keine Impfstoffe gab und dafür eine hohe Kindersterblichkeit, leben müssen, denn es sieht weit und breit nicht nach Mehrheiten aus, die die Geschichte so erzählen, wie sie passiert ist. Tote können nicht protestieren gegen Geschichtsverklitterung. Bettlägerige oder hausgebundene Betroffene mit Longcovid können nicht lautstark aufschreien gegen die vielen Corona-Demonstranten und die Medienübermacht, die auch vier Jahr nach Beginn der Pandemie Verharmlosern eine Bühne bietet. Ich weiß, wie sich die Pandemie wirklich zugetragen hat – kenne die Daten und Fakten, die Studien. Dieses Wissen wird nie mehr verloren gehen. Damit leben zu müssen, dass sich das Umfeld nicht mehr auf wissenschaftliche Fakten einlassen will, ist die große Bürde der Zukunft, speziell, wenn man weiß, dass 1. Corona nicht vorbei ist, sondern sich 2. zu den anderen Viruserkrankungen dazugesellt, und 3. weitere Pandemien im Anmarsch sind, etwa die Vogelgrippe, dazu die laufenden Epidemien von Keuchhusten und Mycoplasmen, stark steigende Masernzahlen und klimaerwärmungsbedingt Dengue und Westnilfieber eine immer größere Rolle einnehmen werden. Prävention ist in Österreich kein Zugpferd – das ist eine schmerzvolle Erkenntnis, nicht nur als Citizen Journalist in der Pandemie, sondern auch als Berufsmeteorologe, der die akute Klimakrise direkt auf die Wetterkarten abgebildet sieht.