Die seit Freitag, 25. Mai, konstitutierte Landesregierung aus ÖVP, Grünen und NEOS (was für eine Kombination!) hat ein paar Lebenszeichen von sich gegeben, was die öffentliche Mobilität im Land Salzburg betrifft. So soll endlich ein 365€-Ticket für das ganze Bundesland eingeführt werden – das sind 1000€ weniger als bisher! Das dürfte etliche Pendler zum Umstieg auf die öffentlichen Verkehrsmittel bewegen – vorausgesetzt, und hier ist das große Aber, die Intervalle werden erheblich verdichtet. Das gilt nicht nur für die Verbindungen zwischen den umliegenden Gauen und Salzburg-Stadt, sondern auch innerstädtisch. Die Zukunftsversion der Landesregierung ist ein Ausbau der Lokalbahn über den Mirabellplatz hinaus bis Hallein, was naturgemäß noch Jahrzehnte dauern wird, wenn bereits rund 700m Strecke bis Mirabellplatz sechs Jahre in Anspruch nehmen sollen. Continue reading
Verkehr
Offener Appell an die Stadtregierung
Wenn ich dann lese, dass es eine Kilometerleistung bei den O-Bussen gibt, und an einer Stelle gekürzt werden muss, um an anderer verlängern zu können, fasse ich mir ungläubig an den Kopf. Salzburg ist mir bisher nicht als unfassbar arme Stadt ohne kulturelle Zugpferde vorgekommen, auch die viel zu hohe Anzahl an Zweitwohnungen spricht eine andere Sprache.
Kritik im Einzelnen:
* Das betrifft etwa die Anbindung zum Europark am Wochenende, wenn in Österreichs größtes Einkaufszentrum nur alle halbe Stunde ein Bus fährt, oder auch zum Flughafen. Eine einzige frühere Busverbindung und man käme rechtzeitig in die Arbeit oder zum Gate für den ersten Flug.
* Das betrifft sämtliche Umstiegsverbindungen, weil die Umstiegszeiten oft zu knapp sind und der chronische Zeitverlust durch Stau nicht eingerechnet ist.
* Das betrifft die zu kurzen Haltestellen, wo entweder keine zwei Busse hintereinander passen oder der vordere Bus schlicht nicht wartet, sodass man umsteigen kann. In Wien ist das kein Problem, in Salzburg wartet man leicht wieder 15min auf den nächsten Bus. Für Pensionisten oder Touristen ist das vielleicht nicht tragisch, für die arbeitende Bevölkerung ist das schlicht nicht zeitgemäß.
* Das betrifft insbesondere den Hauptbahnhof, wo dringend zusätzliche Ausstiegsstellen zu errichten sind, sodass man nicht im Bus warten muss, bis die vorausfahrenden Busse an der Haltestelle abgefahren sind.
* Viele Haltestellen an Kreuzungen sind aufgrund der autofahrerfreundlichen Ampelregelungen nicht rechtzeitig erreichbar und der Bus fährt vor der Nase weg, z.b. LKH/West oder Maxglaner Hauptstraße/Schwedenstraße (1 -> 27).
* Insbesondere am Wochenende abends bestehen zu wenig Busverbindungen Richtung Maxglan vom Hauptbahnhof weg. Wenige Minuten Verspätung des Zuges bedeuten bis zu 20min Wartezeit. Eine 10 Euro teure Taxifahrt für 2,5 km kann wohl kaum ein adäquater Ersatz sein – von der Unübersichtlichkeit am Taxistand, in welches Taxi man einsteigen darf, abgesehen.
* Mehr Linien, die dafür weniger Haltestellen bedienen, würden ein kürzeres Durchkommen mit weniger Staupotential ermöglichen. Ich will als Nichtautofahrer keine Stadtbesichtigung, sondern zügig ankommen. Die Albusse sind hierfür zwar praktischer, aber die Intervalle zu gering.
* In der Ferienzeit werden die ohnehin der Größe der Stadt nicht angemessenen Intervalle oft empfindlich ausgedünnt, obwohl dann mehr Touristen unterwegs sind, speziell im Sommer. Und natürlich gibt es auch in der Ferienzeit genügend Menschen, die arbeiten müssen, damit andere in Urlaub gehen können.
* Die Bezahlung der Tickets beim Fahrer gehört abgeschafft. Es braucht deutlich mehr Automaten an den Haltestellen, aber auch in den Bussen. Es kann nicht sein, dass zusätzlich zum Stau auch noch der Zeitverlust durch den Bezahlvorgang hinzukommt. Das gilt auch für die Busse Richtung Bad Ischl oder Berchtesgaden, die mobile Bezahlmöglichkeit an den Bussteigen sollte noch öfter angeboten werden.
* Um den immensen Verkehr am Gaisberg zu reduzieren, würde sich außerdem anbieten, die ganze Strecke des 151er in die Kernzone einzurechnen. Denn für eine vierköpfige Familie ist ein Ausflug zur Gaisbergspitze mit knapp 30€ schon ein Batzen Geld. Der Bus könnte dann stündlich fahren und der Massenverkehr würde deutlich zurückgehen – es ist ohnehin ein Wunder, dass auf der kurvenreichen Strecke nicht mehr passiert. Für die ohnehin kaum vorhandene Tierwelt am Gaisberg wäre weniger Individualverkehr auch ein Segen.
Auch bei Barrierefreiheit und Sicherheit für Fußgänger gibt es Verbesserungsmöglichkeiten:
* Hier und da sind mir fehlende Überwege aufgefallen, sei es bei der Flughafendirektion, Haltestelle des 2er Kröbenfeldstraße, oder am Hellbrunner Zoo, wo es bei der Haltestelle weder Zebrastreifen noch Bedarfsampel gibt, obwohl hier zwischen den Ortschaften meist deutlich über 50 gefahren wird. Offenbar geht man davon aus, dass sowieso jeder mit dem Auto zum Zoo fährt.
* Die Grünphasen für Fußgänger sind außerdem viel zu kurz. Denken Sie bitte auch gehbehinderte Menschen – sowohl bei Bedarfsampeln als auch etwa beim Übergang Mozartsteg – Ferdinand-Hanusch-Platz oder bei der Staatsbrücke am Rathausplatz.
Schlusspunkt:
Ich nutze natürlich trotz aller Missstände das Rad und die Öffis, bezahle brav die völlig überzogenen Preise für die Zeitkarten, aber sehe ehrlich gesagt für die Zukunft schwarz, wenn nicht in effizientere und zeitnah realisierbare Verkehrsprojekte investiert wird, die sich ja auch langfristig auszahlen. Sehr bedauerlich, dass die Salzkammergutbahn nicht mehr vorhanden ist, sie wäre für Pendler ideal und würde die Busse Richtung Bad Ischl vor allem im Sommer deutlich entlasten. Realistisch gesehen bietet sich kurzfristig nur an, die Fördermittel für die Kilometerleistung der Busse zu erhöhen, damit das Angebot und die Intervalle ausgebaut werden können. Damit einhergehen sollte eine deutliche Reduzierung der Preise für Einzel- und Zeitkarten. Inwiefern das zu erheblichen Einbußen mit den Touristen führt, sei dahingestellt, ein großer Anteil scheinen ohnehin nur die ungeliebten Tagesgäste mit den angekarrten Bussen darzustellen. Für die nicht ganz so wohlhabende Bevölkerung wäre es ein Segen, wenn die Fahrtkosten erschwinglich wären. Für vom Stau gepeinigte Autofahrer wäre es eine kostengünstige Alternative. Eine U-Bahn oder unterirdische Stadtbahn halte ich persönlich für keine gute Alternative, da sie nur einen Bruchteil der nötigen Strecken abdeckt, extrem teuer und aufwändig ist und U-Bahnen erwiesenermaßen längere Strecken zu Fuß zu den Stationen bedeuten. Straßenbahnen halte ich da für deutlich sinnvoller, breit genug sind die Hauptstraßen dafür allemal. Damit können deutlich mehr Fahrgäste transportiert werden, die Wege zu den Haltestellen sind erheblich kürzer als unterirdisch. Es muss allen Beteiligten klar sein, dass die Übergangszeit das Staupotential verschärfen wird, bis tatsächlich ein Umdenken einsetzt und das Auto endlich stehengelassen wird.
Mit freundlichen Grüßen,
ein Zugereister (vorher Wien und Innsbruck)