Salzburg mit Wien zu vergleichen wäre abstrus. Wien ist Millionenstadt, Kongressstadt, Touristenstadt, aber auch Handwerkerstadt, Gastronomiestadt und Studentenstadt. Salzburg könnte man aber auch mit Innsbruck vergleichen. Eine überschaubare Altstadt, die dennoch Millionen Touristen anzieht. Im Gegensatz zu Salzburg wurde Innsbruck aber nicht nur für Touristen gebaut, sondern es finden sich in unmittelbarer Altstadtnähe oder in derselben auch größere Geschäfte, die über den täglichen Gebrauch hinausgehen. Das ist für mich hier der größte Rückgang an Lebensqualität, den ich ohne Individualmotorisierung hinnehmen muss.
Fachgeschäfte für Radfahrer und Bergsport nur am Rand
Als leidenschaftlicher Berggeher und Radfahrer suche ich fußläufig erreichbare Geschäfte vergebens. Spontane Einkäufe sind schwierig, vor allem zu den Randzeiten. Gute (nach Empfehlung von Insidern) Fahrrad- und meist kombinierte Bergsportgeschäfte findet man in und bei Eugendorf (Iko, Radwerk2010) nahe der Westautobahn im Norden von Salzburg, in Puch bei Hallein (Bergspezl), in Bad Reichenhall (Riap) und auch da zwischen zwei Bahnhaltestellen gelegen, in Berchtesgaden (Geistaller). Die von Kammerlander geleitete Alpstation könnte sich kaum weiter im Nirgendwo befinden, nämlich südöstlich von Neu-Anif. Zwar sind alle Ziele mit Bus oder Bahn erreichbar, aber erfordern eben zusätzlichen zeitlichen und organisatorischen Aufwand und Pünktlichkeit der Verkehrsmittel. Um sein Radl reparieren bzw. servicieren zu lassen, sind solche weiter entfernten Geschäfte suboptimal, zumal sich Reparaturen gewöhnlich nicht Tage im voraus ankündigen. Es ist auch verwunderlich, dass Salzburg als Tor zu den Alpen entsprechend ausgerichtete Geschäfte nicht näher zum Zentrum hin anbietet.
Große Einkaufszentren versus teurer Einzelhandel im Zentrum
Während die Altstadt auf Tagestouristen ausgelegt ist, findet man den für Einheimische notwendigen Branchenmix eher am Rand in den großen Einkaufszentren (Europark, Herrnau, Alpenstraße). Kleinere Einkaufszentren gibts in Schallmoos (Zentrum im Berg), am Hauptbahnhof (Forum) und in der Kieselpassage. Der Europark beherbergt 130 Geschäfte und ist entsprechend vollgestopft mit Menschen. Im dortigen Thalia etwa kommt bei Durchgangsverkehr wie im benachbarten Ikea kein entspanntes Stöbervergnügen auf. Nachdem ich unlängst neben dem üppigen Esoterikregal unter Zeitschriften auch das rechtsextreme “Zur Zeit”-Blattl entdeckte, werden sich meine dortigen Besuche wohl auf Null reduzieren. Immerhin hat das Land Salzburg erkannt, dass der ungebremste Wachstum in den Konsumtempeln zulasten der örtlichen und regionalen Kaufkraft gehen wird und die Erweiterung von Europark und CO abgelehnt.
Inzwischen nutzt man das hohe Besucheraufkommen im Europark auch bewusst aus, indem etwa jeden Freitag dort der Bauernmarkt stattfindet, beispielsweise mit Lungauer Brot- und Wildwürstelspezialitäten. Bekannter und zentraler sind der Schrannenmarkt (vor St. Andräkirche), der Grünmarkt (Universitätsplatz) und der Kajetanermarkt (Kaiviertel).
Flucht ins Ausland
Viele Einheimische fahren übrigens nach Deutschland zum Einkaufen. Die Grenze ist nah und in Deutschland ist die Vielfalt der Produkte weitaus höher als bei Spar und Billa. Neben der riesigen Auswahl (etwa im Edeka in Bad Reichenhall, nach dessen Besuch sich österreichische Einkaufsgeschäfte vergleichbarer Größe wie Nordkorea anfühlen) punktet das Nachbarland vor allem mit erheblich günstigeren Produkten, vor allem Hygieneartikel sind im Schnitt um ein Drittel, manchmal sogar um die Hälfte billiger. Der dritte Grund, weshalb es zum Einkaufen eher über die Grenze zieht, sind die zeitgemäßeren Öffnungszeiten wochentags, aber auch samstags.