
Da löst eine einflussreiche WELT-Journalistin einen Shitstorm gegen eine LongCOVID-Betroffene und Kollegin von einem anderen Blatt aus, die ihrer Meinung nach nicht krank genug ist, um glaubwürdig zu sein. Wie muss man sich denn verhalten, um glaubwürdig schwerkrank zu sein? Viele LongCOVID/MECFS-Betroffene sind ohnehin hausgebunden oder gar bettlägerig. Leichtere Verläufe können sich dahingehend äußern, dass noch Teilzeit- oder Homeoffice-Arbeit möglich sind. Dürfen sich Betroffene nicht hübsch machen? Sich nicht gutes kochen oder etwas gönnen? Jede “Belohnung” ist ein Lichtblick in einem Leben, das überwiegend von der chronischen Erkrankung bestimmt wird – nicht nur bei LongCOVID übrigens. Manchen Betroffenen sieht man auch gar nicht an, dass sie schwerkrank sind – etwa beim dauerhaften Verlust des Geruchs- und Geschmacksinns. Für einen Koch genauso existenzvernichtend wie für Flugbegleiter, die keinen Brandgeruch mehr in der Kabine wahrnehmen können. Dazu kommt ein erheblicher Verlust an Lebensqualität, speziell wenn noch eine Parosmie vorhanden ist, also Lebensmittel nach verfaultem oder verschimmeltem riechen bzw. schmecken.
Ich schrieb mal, dass die Regierung das große “Glück” habe, dass die Covid19-Pandemie nicht so entstellend wie Polio oder Affenpocken wären. Denn dann könnte man die schiere Menge an Betroffenen nicht mehr verleugnen. So arbeiten LongCOVID-Betroffene mit leichteren Verläufen vielfach weiter und reden nicht drüber, entweder weil sie ihre Einschränkungen nicht in Zusammenhang mit LongCOVID bringen, oder weil sie berechtigte Angst haben, den Job zu verlieren. Schwerer Betroffene sind hingegen meist nicht mehr im öffentlichen Raum anzutreffen und daher unsichtbar. Jene, die sich selbst oder ihr betroffenes Kind mit Rollstuhl in die Öffentlichkeit wagen, steht nicht LongCOVID auf die Stirn geschrieben. Dann wiederum sorgt oft mangelnde Barrierefreiheit im öffentlichen Raum dafür, dass sie kaum wahrgenommen werden. So oder so ist das wahre Ausmaß von LongCOVID in der Bevölkerung immer noch nicht angekommen.
„Obwohl wir die Tendenz vermutet hatten, waren wir doch sehr erstaunt, wie viele jüngere Personen mit zunächst unkomplizierter akuter SARS-CoV-2-Infektion ein Risiko für Long Covid haben.“ Studienleiter Prof. Dr. Winfried Kern, Klinik für Innere Medizin II der Uniklinik Freiburg
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