Ein Tag im Berchtesgadener Land

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Eigentlich war eine ganz andere Region geplant. Der Vorteil vom frühen Verschlafen ist die Anzahl der Alternativen. So nahm ich die Linie 260 Richtung Zell am See und stieg an der Haltestelle Baumgarten aus, wo sich auch ein Klettergarten befindet. Überweg gibt es keinen. Im gesamten Aufstieg entlang des Röthelbachs über die Obere Schlegelalm bis kurz vor der Bergstation von der Predigtstuhlbahn habe ich keine Menschenseele getroffen. Oben spielte es sich natürlich ab. Und das an einem Werktag. Wie es hier wohl am Wochenende aussehen mag?
Einkehr in der gut besetzten Almhütte bei der Schlegelmulde. Negativ fiel sofort auf, dass man im Gastgarten rauchen durfte, was ältere Herrschaften mit ihren stinkenden Zigarren ausnutzten, während nebenan gemahlzeitet wurde. Zu mir an den Tisch setzte sich später auch ein Mutter-Tochter-Gespann, das sich aber weiter umsah und dann zu einem anderen freien Tisch ging. Später sah ich beide qualmen. Ich interpretierte es freundlich und sah es als Geste der Höflichkeit, nicht neben mir und einem Ehepaar zu rauchen, während wir aßen.

Einreihen in die Kolonne zum Hochschlegel, grandiose Fernsicht in fast alle Richtungen, vom Großen Priel, Grimming, Dachstein über Gipfel in den Hohen Tauern bis zur Birkkarspitze im Karwendel. Unterdessen testen die Dohlen die Geduld des Jagdhundes aus.

Weiter geht’s zum Karkopf mit kleinem Gegenanstieg. Schon bedeutend weniger Wanderer und wenn, dann in besserer Ausrüstung und eher Einheimische oder Salzburger. Den Karkopf überschreite ich gleich nach Süden über einen unmarkierten Steig, der nahe an der Abbruchkante entlangführt (ausgesetzt!).

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Den Törlkopf gibt es als Bonus dazu. Überraschenderweise treffe ich im Abstieg ein älteres Ehepaar und am Gipfel eine nette Dame. Unerwartet, weil der unmarkierte Steig ziemlich steil und rutschig ist. Gerade, als ich mich neben sie hinsetze und die Landschaft genießen will, zündet sie sich eine Zigarette an. Der Rauch wird mich als sehr rauchempfindlichen Nichtraucher noch bis in die Hölle verfolgen, wo ich als Gselchtes enden werde. Mahlzeit!

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Abstieg über die Törlscharte, wieder einsam. Am Mitterkaser vorbei, Einheimische genießen den schönen Platz. Abstieg ins Tal nach Winkl zur nächsten Bushaltestelle.

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Rückfall in die 30er Jahre

Die Wanderung hätte ereignislos und mit ausschließlich schönen Eindrücken zu Ende gehen können. Nicht wenige Tage vor der Landtagswahl in Bayern. Ein Volltrottel zieht mit einem einschlägigen Werbebanner seine Kreise über dem Teil Deutschlands, der ohnehin historisch vorbelastet ist. Gleich und gleich gesellt sich gern.

Einen Überweg vermisse ich auch bei dieser Haltestelle vergebens, die Straße ist stark befahren. Zum Glück habe ich Optionen in beide Fahrtrichtungen. “Bis Salzburg Stadtgrenze.” sage ich zur Busfahrerin, wohlwissend, dass ich in Berchtesgaden am Bahnhof umsteigen muss. “Bis Salzburg?!” wiederholt sie erstaunt und versucht vergebens, meinen Ticketwunsch einzutippen. Sie gibt bald auf “Kaufen’s das am Bahnhof!” So fahre ich gratis bis Berchtesgaden mit und löse dort im Bus problemlos bis Stadtgrenze. Unterwegs muss sie in Bischofswiesen eine Haltestelle abseits der Hauptstraße bedienen. Minutenlang steht sie anschließend an der Kreuzung und kommt einfach nicht heraus. “Det darf ja nich wahr sein!” murmelt eine zahnlose alte Frau rechts der Fahrerin. Und sie entgegnet resigniert: “Es ist jedes Mal eine Katastrophe!” Trotzdem kommen wir fast pünktlich am Bahnhof an. Die Bevorzugung der Autofahrer als geheiligtes, unantastbares Transportmittel fällt mir bei jeder Öffi-Tour in Salzburg und Berchtesgaden auf. Auch Staatsgrenzen können die Fetschisierung des Automobils als größte Gemeinsamkeit nicht verbergen.

Ein ausgefüllter Tag nimmt in Salzburg sein Ende.