
Ich versuche hier *noch immer* aufzuklären. Was soll ich auch sonst tun? Fünf Bergwanderungen seit Novemberbeginn. Es ist nicht so, dass ich Tag und Nacht über Covid recherchiere und schreibe und keine *andere* Interessen hätte, wie ich gelegentlich aus dem Umfeld zu hören kriege, als implizite Aufforderung, die Pandemie so zu verdrängen wie man selbst.
Wir müssen reden. Zuvor möchte ich etwas klarstellen: Ich bezeichne mich auf Twitter weiterhin als ZeroCovid-Anhänger im wortwörtlichen Sinn: Es ist auf Dauer besser, keine Infektion zu bekommen als sich zu infizieren und am Langzeitfolgenroulette teilzunehmen – was man selbst nur noch bedingt beeinflussen kann. Der Grundkonsens in der Wissenschaft [und Regierung] sollte lauten: Wir müssen Infektionen verhindern, um Langzeitfolgen zu vermeiden – nicht nur bei Individuen, sondern auch gesamtgesellschaftliche Nachteile wie ein prekäres Gesundheits- und Bildungssystem. Die Zukunft eines funktionierenden Staats hängt von der Gesundheit seiner Kinder ab mit Bildungs- und Chancengerechtigkeit.
Unabhängig von der Pandemie haben wir die Pensionierungswelle der Babyboomergeneration und die “Great Resignation” – vor allem jüngere Arbeitnehmer, die sich nicht mehr ausbeuten lassen wollen, weil sie mit ihrem Verdienst ohnehin nicht mehr den Wohlstand erreichen können, den sie sich erträumt haben. Schwerwiegende Folgen der Pandemie wie die Longcovid-Welle, die zur dauerhaften Invalidität und Absturz in die Armut führen kann, bedrohen eine gesicherte Zukunft zusätzlich. Es ist also zweitrangig, ob man LongCOVID nun aus der schmerzlich vermissten individuellen Perspektive betrachtet, denn über Einzelschicksale ging es in der Pandemiepolitik und Medienberichterstattung in Österreich noch nie, oder aus einer gesamtgesellschaftlichen bzw. wirtschaftlichen Perspektive – Infektionsreduktion bringt uns dem Ziel wesentlicher näher, die vielen gleichzeitigen Krisen besser zu bewältigen.
“Either you set the goal [for ZEROCOVID]… even if you don’t achieve it, you’ve reduced the lifes lost…the alternative is a lesser goal and you still misfire.” (Premierministerin von Neuseeland, Jacinda Arden)
Unreflektiertes ZeroCovid Bashing
Ich führe keine Statistik, verfolge aber wie jeder gelernte Österreicher fast täglich den orf.at-Text und bemerke sehr wohl, wie nahezu jede Woche die “Nullcovidpolitik” von China kritisiert wird als wirtschaftsschädlich… vor allem für uns Europäer. In China wächst übrigens trotz (oder wegen?) “ZEROCOVID” das Bruttoinlandsprodukt. Wie kann das sein? Auch im STANDARD und anderen Zeitungen gehört das wöchentliche “Zerocovidbashing” mittlerweile zum Alltagsprogramm der verantwortlichen Redakteure.
Naomi Wu (@RealSexyCyborg auf Twitter) berichtet über das Leben in China und begründet die ZeroCOVID-Strategie so:
“Wir haben bereits eine große demographische Krise, weil von Leuten meines Alters und älter, die unter der Ein-Kind-Politik groß geworden sind, erwartet wird, dass unsere alt gewordenen Eltern unterstützt werden – das ist das einzige soziale Sicherheitsnetz für viele alternde Chinesen – ihr Einzelkind. Selbst ein geringer Anstieg von Todesfällen und Behinderung im arbeitsfähigen Alter würde zu massiven sozialen Verwerfungen führen, da alternde Eltern nach Sündenböcken schauen würden und finanzielle Erleichterungen mindestes Jahrzehnt von der Umsetzung entfernt sind. Ich hab es Euch gesagt und tue das wieder und wieder. Es gibt einen Gesellschaftsvertrag: Jedes mal, wenn Chinesen empfinden, dass dieser Vertrag verletzt wurde, sehen wir lokale Aufstände, weil diese Missachtung gewöhnlich lokal beschränkt ist. Wenn der Gesellschaftsvertrag auf nationaler Ebene gebrochen wird, wird es einen nationalen Erdrutsch geben – und das nicht zum Besseren. Die Arbeiter werden nicht tatenlos zusehen, wenn ihre Eltern sterben – sie gehen zurück in ihre Provinz. Kein Arbeiter wird arbeiten, wenn seine Eltern starben, weil ihnen Hilfe in einem überlasteten Spital verweigert wurde. Alles, was Du konsumierst, kommt von China. Eure Regale werden leer sein. Nein, Du kannst Dich nicht innerhalb eines oder sogar fünf Jahren mit etwas ausrüsten, was wir nicht länger senden können. Du bringst nicht genug Arbeiter auf, schon gar nicht im Niedriglohnsektor. Es wäre eine Katastrophe für China und für Dich. Und das ist nicht wegen Xi’s “Gesicht” oder dem Parteikongress oder dem “Mandate of Heaven”. Es würde stattfinden, weil der soziale Erdrutsch von Durchseuchung in China zu Mangel und Not weltweit führen würde. Medizinische Ausrüstung, Landwirtschaft, Medikamente – alles basiert auf chinesischen Fertigungsteilen.”
In Österreich (Europa) gab es zwar keine Ein-Kind-Politik, trotzdem haben wir ebenfalls eine demographische Krise.

Es gibt mehr ältere Menschen als jüngere. Das Durchschnittsalter betrug am 1. Jänner 2022 43,2 Jahre. Älter ist die Bevölkerung am Land und in strukturschwachen Regionen, vor allem in Kärnten, Obersteiermark, im Waldviertel und im Burgenland. Zuwanderung wird aber mehrheitlich abgelehnt, um die demographische Krise zu bewältigen. Das wird die Schieflage weiter verschärfen und den Fachkräftemangel. Gleichzeitig macht die Politik vor allem Wahlkampf für ältere Menschen. Die jungen scheinen egal, weil sie nicht den entscheidenden Stimmenvorteil bringen. Das erklärt auch die Tabubrüche in der Pandemiepolitik: Junge durchseuchen, nicht warten, bis die Impfung für Kinder und Jugendliche zugelassen wurde, kein extra Schutz – Hauptsache es geht den Ziehvätern meiner Karriere gut. Wenn man nun LongCOVID berücksichtigt, das gerade in jungen Jahren zu dauerhafter Teil- oder Vollinvalidität führen kann, ist das ein verheerender Ausblick auf die wirtschaftliche Zukunft des Landes. Wenn man schon nicht an Empathie und Solidarität appellieren kann, sollten diese Gründe doch Ökonomen und Neoliberale hinreichend überzeugen?!
Nun werden Kritiker einwerfen, dass ZeroCovid nur in totalitären Staaten umsetzbar sei. Dabei gab es mit Neuseeland und Taiwan zwei demokratische Staaten, die bis OMICRON, Taiwan sogar darüber hinaus, nur geringe Zahlen an Neuinfektionen zuließen. Wer jetzt mit dem Inselargument kommt: Beide Länder sind aufgrund ihrer Größe auf viel Außenhandel angewiesen und müssen eine gewisse Durchlässigkeit zulassen, um zu überleben. Das geht über Grenzen dicht machen hinaus. Physikalische Gesetze gelten aber sowohl auf Inseln als auch auf Binnenstaaten, sprich, CO2-Messungen, Lüftungsanlagen und FFP2-Masken funktionieren hier wie da – ebenso das Einmaleins der Pandemiebekämpfung: Testen, nachverfolgen, isolieren, Quarantäne. Österreich HATTE bereits ein funktionales PCR-Testangebot, das lediglich transparent und mit vernünftigem cut-off für Ct-Werte bundesweit hätte ausgerollt werden müssen. Je mehr Fälle man a priori hätte verhindern können, desto weniger wäre natürlich das Contact Tracing an seine Grenzen gekommen. Das Backward-Tracing (“wo hast Du Dich angesteckt?”) statt nur Forward Tracing (“wen könntest Du angesteckt haben?”) hätte gerade die Orte ausfindig gemacht, wo Superspreading gehäuft vorkommt, sodass man gezieltere Maßnahmen hätte setzen können. Es hätte in Österreich auch niemand daran gehindert, einen konsequenten Lockdown mit schnellen Erfolgen wie im ersten Lockdown umzusetzen, der dann entsprechend kürzer dauern muss, als monatelang halbherzige Regeln mit zahlreichen Ausnahmen, um politische Günstlinge aus der Verantwortung zu nehmen (Tiroler Adler, Skigebiete). Gleichzeitig hätte man treffsicherere Schulmaßnahmen treffen können, statt Kindern generell Outdoorsport oder Training am Sportplatz zu verbieten, während der Skibetrieb normal weiterlief. Auch da braucht man nicht mit dem Inselargument kommen.
Kritisierungswürdig ist nicht ZeroCovid an sich, sondern die Mittel, die China dafür einsetzt. Was daran ist kritisierungswürdig, die Menschen vor einer Infektion zu schützen, die Millionen Menschen töten würde, wenn man die Ausbreitung zuließe? Elimination und Eindämmung können auf vielen Wegen ermöglicht werden – nicht nur über Lockdowns. Es gibt auch Massentests, Durchlüftung, Luftreiniger und gute Masken auf Bevölkerungsebene. Warum wird China nicht dafür kritisiert, “gelindere” Mittel einzusetzen statt den Holzhammer? Warum kritisiert man sie nicht für ihre exzessive Straßendesinfektion bei einem Virus, das über die Luft übertragen wird? Das ZeroCovid-Bashing soll die westliche Strategie normalisieren, die die Öffentliche Gesundheit und das Gesundheitssystem verwüstet haben. In all den ORF/Standard-Artikeln fehlt immer ein Hinweis auf die Zahl der verhinderten Toten, der Longcovid-Fälle, speziell bei einem so bevölkerungsreichen Land wie China. Krankenhauskapazitäten unendlich ausbauen würde nur dazu führen, dass man nach der Entlassung der Überlebenden (rund 30% sterben) mit weiteren Millionen schwerkranken Menschen zu tun hat, von denen weitere an den Spätfolgen von Covid und Langzeitbeatmung sterben würden. Unsere westliche Strategie der Dauerwellen ist nicht auf lange Zeit aufrechterhaltbar, wie man am Mitarbeiterschwund im Gesundheitswesen und gesperrten Stationen in den Spitälern gerade gut erkennen kann. Dazu kommt eine Übersterblichkeit in allen Altersgruppen, auch bei Kindern, die durch Covid19 signifikant erhöhte Risiken für Krankheitsfolgen haben (Roessler et al. 10.11.22). Auch China wird Dauerlockdowns nicht als Langzeitstrategie planen, sondern forscht an besseren Impfstoffen, die die Übertragung an sich verhindern, denn das ist der beste Schutz gegen LongCOVID.
Mit einer intelligenten globalen Anstrengung und Impfstoffgerechtigkeit hätte man SARS-CoV2 noch zu DELTA-Zeiten weitgehend eliminieren können. Denn drei Impfdosen waren weiterhin sehr effektiv gegen Ansteckung. Die Staaten, die bis dahin eine ZeroCOVID-Strategie verfolgt haben, wären weitgehend ohne Infektionen, aber mit hoher Immunisierung durch hohe Durchimpfungsraten durch die Pandemie gekommen. So weist Neuseeland sogar eine Untersterblichkeit auf.

Die Grafik widerlegt eine Behauptung von Maßnahmengegnern, die sagen, dass Lockdowns und Maske tragen Todesfälle nur in die Zukunft verschieben würden. Das ist nur dann zutreffend, wenn man während der aktiven Maßnahmenzeit keine langfristigen Strategien entwickelt, um die Viruszirkulation dauerhaft zu verringern – so wie das leider in Österreich weitgehend geschehen ist. Es gibt kein bundesweit gültiges Tragegebot von Masken mehr, es wurde nichts mehr getan, um die Durchimpfungsraten zu erhöhen, die Boosterquote bei älteren Menschen ist schlecht, bei Kindern ist die Erstimpfungsrate katastrophal. Die Impfpflicht wurde ebenso wie die Isolationspflicht abgeschafft. Es gibt bis heute keine CO2-Messungen zur Steuerung der Frischluftzufuhr in Kindergärten und Schulen. In jeder Kirche, auf jedem Amt steht ein Desinfektionsspender, während Messe und Vorträge ohne Masken abgehalten werden. Die anfängliche Verteilung kostenloser Masken an die Haushalte wurde rasch wieder eingestellt. Wir haben Covid als mild verharmlost, obwohl es weiterhin Todesfälle gibt, weil ein weniger tödliches, aber ansteckenderes Virus in absoluten Zahlen mehr Menschen tötet. Die durch das Lemmingsyndrom verursachten “Freedoom Days” in westlichen Staaten haben zu weiter steigenden Todeszahlen geführt. Die arrogante Sichtweise dahinter: “Jeder hatte seine Impfangebot, wer dann stirbt oder schwerkrank wird, ist selbst schuld.” – Das ist natürlich sehr einfach gedacht, wenn man nicht über Risiken der Infektion aufklärt und nicht besser erklärt, was Impfungen können und was nicht.
Desinformation und Mobbing derer, sich schützen wollen
„In fast keinem Staat der Welt trägt man Maske in Öffis. In Wien (und in D)
schon. Wieso sind die Gesundheitsminister fast aller anderen Länder der
Meinung, dass man sie dort nicht mehr braucht? Sind sie zu unvorsichtig? Oder
ist Wien zu vorsichtig?”
schrieb der Chefredakteur der Wiener Wochenzeitung vom FALTER und Journalist des Jahres 2021, Florian Klenk vorgestern auf Twitter.
Es gibt sicher einen einschlägigen Fachausdruck für diesen rhetorischen Kniff, wenn man basierend auf einer Lüge eine Suggestivfrage stellt, um die Öffentlichkeit (in dem Fall 340 000 Leser) zu beeinflussen. Es ist Manipulation. Bewährte Anlaufstelle für die weltweit gültigen Maßnahmen ist “Our World in Data”, wo “in fast keinem Staat” eindrucksvoll widerlegt werden kann.
In zahlreichen Ländern auf der Erde herrscht in öffentlichen Verkehrsmitteln eine Maskenpflicht, u.a. in Singapur, Thailand, Sri
Lanka, Philippinen, Malaysia, Vietnam, Zypern, Chile, Peru, Bolivien, China. In Japan sind sie „nur“ empfohlen, aber aus Höflichkeit tragen sie dort die meisten ohnehin. Japan hat übrigens eine sehr alte Bevölkerung und schneidet sowohl bei Covidsterblichkeit als auch Übersterblichkeit sehr gut ab.

Öffentliche Verkehrsmittel sind Orte, wo Vulnerable, Gesunde und sich für Unverwundbar haltende Menschen zusammenkommen, auch Kinder, die erst ab einem bestimmten Alter Maske tragen müssen oder können.
Der Eigen- und Fremdschutz durch eine FFP2-Maske ist belegt – er ist allerdings effektiver und verzeiht auch Tragefehler/verschmutzte/feuchte Masken eher, wenn *alle* eine Maske tragen und nicht nur die Person,
die sich schützen will (siehe Verhaltensempfehlungen).
Das gilt bei langen Fahrten (Aerosolakkumulation) und bei der Rush Hour mit engem Kontakt und überfüllten Öffis:
Masken verringern Infektionsrisiko um 93% während der Rush Hour (Ku et al.2021). Im Spätherbst mit Grippe-, Erkältungsviren und weiterhin hoher Covid19- Inzidenz erscheint es verantwortungslos, gerade jetzt die Maskenpflicht auch in öffentlichen Räumen noch weiter auszudünnen (zur Erinnerung: Sie gilt auch nicht im Supermarkt, Handel oder Apotheken außerhalb von
Wien, wodurch Hochrisikopersonen gezwungen sind, online einzukaufen). Warum weiterhin Maßnahmen? Von Investigativjournalisten könnte man erwarten, dass sie über den Tellerrand hinaussehen, und sich z.B . durchlesen, was 386 Experten von 112 Ländern zu sagen haben, wie man die Pandemie bekämpfen könnte und sollte (Lazarus et al. 2022).
Andreas Bergthaler hat Veterinärmedizin an der Vetmeduni Wien studiert und hat sich auf Immunologie spezialisiert. Seit Jahresbeginn 2022 ist er Professor für Molekulare Immunologie an der MedUni Wien und leitet das Institut für Hygiene und Angewandte Immunologie am Zentrum für Pathophysiologie, Infektiologie und Immunologie. Am Samstag, 12.11.22, hielt er einen Vortrag über Immunologie, Virologie und Stoffwechselforschung vor 70 Biologielehrerinnen in Steyr, worüber er ein Foto twitterte. Darauf sind zwei Lehrerinnen mit FFP2-Maske zu sehen (Respekt vor Eurer Standhaftigkeit) zu sehen, sonst trug niemand eine Maske, auch nicht der Vortragende. Auf Kritik reagierte er so:
“An diejenigen, die sich einzig mit dem Suchen nach Masken aufhalten: ihr verpasst dabei leider, dass äußerst motivierte LehrerInnen einen Samstag investieren, um mehr über Forschung zu lernen und dies ihren SchülerInnen bestmöglich zu vermitteln. Zynismus ist da fehl am Platz.”
Nachfolgend ein paar User-Antworten, die den Kern der Kritik gut treffen:
“Wenn jede Woche ca. 100 Leute wegen einer meldepflichtigen Infektionskrankheit versterben was sich verhindern ließe wenn wenigstens alle mit ein bissl Verstand Masken tragen würden, fällt es schon schwer den Zynismus bei denen zu finden die darauf hinweisen.”
“Habe (präpandemisch) im gleichen Raum vor dem gleichen Publikum gesprochen. Diese LehrerInnen sind tatsächlich sehr engagiert, und es war ein Vergnügen mit ihnen zu diskutieren. Das ändert aber nichts daran, dass Sie hier alle von Ihnen propagierten Maßnahmen missachten.”
“Zynisch ist, theoretisch das Wissen haben zu können, was eine Infektion bedeuten kann UND wie man sie verhindern kann, ABER ES NICHT TUT.”
“Bin selbst Lehrerin. Einzige mit Maske von rund 50. Setze sie keine Sekunde ab. Leute wie Bergthaler erschweren mir dies. Sie machen mich zornig. Noch immer.”
“Auf mich wirkte das Foto dazu in dem Kontext sogar echt provokant (Vorbildfunktion!), auch wenn ich weiß, dass es nicht so gemeint war. (Kontext: Foto mit Leuten großteils ohne Maske, aber eine einzige gut sichtbar die an die Existenz erinnert und somit das Nicht-Tragen der anderen in den Vordergrund rückt; Leute sitzen zahlreich in einem relativ vollen Raum; sind LehrerInnen; bilden sich zu Virologie fort)”
“Was würdet ihr eigentlich über einen Fahrlehrer denken, der euch das Autofahren beibringen soll, und sagt, Gurte würden das Risiko stark senken, sich aber selbst nie anschnallt?”
“In ein paar Tagen dürften da einige, bis auf die beiden intelligenten Damen mit Maske, ein Live Seminar Virologie und Immunologie mit praktischem Experiment dranhängen. Es ist zum Haare raufen.”
“Sie wiederum “verpassen” eventuell, wie einige der “äußerst motivierten LehrerInnen” am Dienstag oder Mittwoch infektiös in einem Klassenraum stehen, SchülerInnen o. KollegInnen anstecken und wenig später erkrankt ausfallen, so dass ihren SchülerInnen gar nix “vermittelt” wird.”
Was ICH mich gefragt habe, wie das Bild zu seiner Teilnahme als Co-Autor beim “Leitfaden zum Gebrauch von CO2-Sensoren zur Verbesserung von Luftqualität und Infektionsschutz in Innenräumen” passt, der erst vor wenigen Tagen veröffentlicht wurde.
Nun werden Kritiker einwerfen: “Na, wenn er Maskenpflicht vorgeschrieben hätte, wäre fast keiner gekommen.” Manchmal braucht es aber keine Verbote, sondern nur einen Anreiz. Da kommt nun ein Professor der Immunologie, der sich seit drei Jahren intensiv mit dem Virus auseinandersetzt, in der Erkältungszeit, bei immer noch vergleichsweise hohen Covid-Inzidenzen, zu einem Vortrag und trägt die ganze Zeit eine Maske. Er könnte zu den Zuhörern sagen “Rechtlich steht es ihnen frei zu machen, was Sie wollen. Ich will mich eigenverantwortlich vor einem Erreger schützen, der jede Woche 70 Leute umbringt.” Wenn das der Experte selbst sagt, fängt vielleicht das Publikum auch zum Nachdenken an und setzt selbst eine auf. Ich würde als gut verdienender Professor sogar so weit gehen und einen Schwung FFP2-Masken mitnehmen, und im Publikum verteilen, falls es sich jemand spontan noch anders überlegen will.
Was weder Bergthaler, Elling noch viele andere verstanden haben, ist die Signalwirkung dessen, was sie tun oder sagen. Sie sind Multiplikatoren – wenigstens fürs Foto hätte er einen aufsetzen können. Für jene “Einzelne”, die es überall gibt, ist es enorm wichtig fürs Selbstvertrauen, wenn sie durch solche Vorbildfunktionen unterstützt werden – wenn es schon die Politik, Medien und viele Gewerkschaften nicht tun. Es zeigt, die Rücksichtnahme ist wichtiger als Regeln und Vorgaben von oben. Wer meinen Blog verfolgt, sieht immer wieder einzelne Beiträge darüber, wie auf Pressekonferenzen, im Parlament, im Vorträgen, etc. keine Masken getragen wurden, obwohl es auch dort Vorbildfunktion gehabt hätte. Sprechen produziert mehr Aerosole als Schweigen.
Es geht um Glaubwürdigkeit der Wissenschaft. Es ist zwar schön und gute Beschäftigstherapie, Variantenmanagementpläne und CO2-Lüftungsleitfäden zu erstellen, aber wenn dieselben Autoren/Wissenschaftler öffentlich das Virus als mild framen oder LongCOVID herunterspielen und ständig wiederholen, dass die Regierung keinen Handlungsspielraum mehr zulassen würde, wird das auch niemand mehr hinterfragen.
Wie kritisiert man Regierungsnarrative, ohne ins rechte Eck geschoben zu werden?
Ein Beispiel….
“ORF zB. betreibt seit Mai 2020 konsequente Verharmlosungspropaganda. Aus Unverständnis oder aufgrund politischer Korrumption(!) ist schwer zu beurteilen, vermutlich beides.”
Sorry, aber so ein Posting kann ich nicht kommentarlos lassen. Wir alle, und da kann ich wirklich für alle Kolleg:innen und mich sprechen, bemühen uns seit Beginn der Pandemie, ausgewogen und seriös zu informieren. Ich habe erst kürzlich über Paxlovid & Co. berichtet.
Ich habe überhaupt kein Verständnis für diese Unterstellung. @elke_ziegler gehört nun wahrlich zu den vielen JournalistInnen in Österreich, die sich immer und immer wieder für Gesundheitsaufklärung einsetzen. Danke! Diese “Lügenpresse” Argumente kamen bisher von der Gegenseite.
In den letzten Monaten gab es immer wieder ähnliche Reaktionen auf Kritik. Kritisiert man den ganzen ORF, ist es zu pauschal. Kritisiert man einzelne Journalisten, kommt keine Reaktion oder eine herablassende Antwort:

Kontext: Meine Zitatsammlung enthält Falschaussagen und Desinformation in Comic Sans zur Unterscheidung von wissenschaftlich korrekten Aussagen. Damit könnte man sich inhaltlich auseinandersetzen statt Tone Policy zu kritisieren. Der ORF kommt leider auch zahlreich vor, vor allem ZiB1, Zib2, die Online-Angebote der Landesstudios, worauf die ORF-Wissenschaftsredaktion offenbar keinen Einfluss hat, sonst würden z.b. nicht wiederholt Nowotny und Gartlehner interviewt werden und v.a. Fehleinschätzungen überhaupt hinterfragt werden “Pandemie in zwei, drei Monaten zu Ende.”
“Omicron ist mild.”
“Impfung schützt vor LongCOVID.”
“Es gibt jetzt Therapien und Medikamente.”
“Es reicht, wenn Vulnerable Maske tragen.”
“Kinder ohne Vorerkrankungen müssen nicht geimpft werden.”
“In anderen Ländern gibt es gar keine Maßnahmen mehr.”
Was unterscheidet nun die “ZeroCovid-Fraktion” von den “Schwurblern”?
Thema | “ZeroCovid-Fraktion” | “Schwurbler-Fraktion” |
Homogene Gruppe? | Nein, keiner hält 2022 realistisch, Covid auszurotten, aber Reduktion ist in Reichweite, politisch nicht gewollt, parteipolitisch motiviert. NoCovid/LowCovid alternative Bezeichnung, es geht um Primärprävention, nicht Reparaturmedizin | Nein, Gemisch aus Esoterikern, Rechten, Verdrängung, Neoliberale Überlegungen |
Was ist ihr Ziel? | Infektionen vermeiden. Viruszirkulation in der Bevölkerung senken. Gesundheitsschutz für die Bevölkerung. | Individuelle Freiheit vor Gemeinwohl. Bequemlichkeit vor Solidarität. |
Worauf verweisen sie im Diskurs? | auf peer-reviewte Artikel, Wissenschaftler im Mehrheitskonsens , Public-Health-Prinzipien (Infektionen vorbeugen, um gesundheitliche Folgen zu vemeiden, auf Nature, BMJ, Nejm, PubMed, Lancet | auf Pseudoexperten, ideologisch gefärbte Plattformen, die Verschwörungserzählungen verbreiten, auf pensionierte Wissenschaftler, die nie zur Pandemie geforscht haben oder schon länger nicht mehr aktiv sind, aber viel Zeit haben, um Bücher zu schreiben, auf klinisch nicht tätige Wissenschaftler, |
Grundlage | John Snow Memorandum | Great Barrington, Health Supremacism, Esoterik |
Welche Parteien zitieren sie oft? | keine, selten Sozialdemokraten oder Grüne (in Deutschland eher als in Österreich) | Neoliberale , rechtsextreme Parteien oder Gruppierungen |
Ihre Einstellung zu ….Masken | Eigen- und Fremdschutz für alle | Schutz für Vulnerable oder Viren gehen angeblich durch |
….LongCOVID | kann jeden treffen | Einzelfälle, psychisch bedingt, Einbildung, trifft nur Vorerkrankte |
…Vorerkrankungen | jeder Mensch ist schützenswert | sollen sich selbst schützen, stehen dem Tod näher als Gesunde (O-Zitat Stöhr!) |
…Impfungen | wichtig, verringern aber nur LongCOVID-Risiko, Vaccine only reicht nicht, Nasenimpfstoffe nötig | Impfung schadet, Impfung alleine reicht (vaccine only) |
….Isolationspflicht | verhindert Übertragungen, da Eigenverantwortung mangels Aufklärung nicht funktioniert, mangelnder Kündigungsschutz im Krankenstand | … Eigenverantwortung über alles (ignoriert symptomfreie Übertragungen) |
… Tests | niederschwelliges Testangebot | finanzielle Belastung, PCR würde Covid nicht nachweisen können |
… saubere Luft | reduziert auch andere Infektionen, die über die Atemwege übertragen werden | Immune Debt, Hygiene Hypothese (Training des Immunsystems) |
… Kinder | so viele gesunde Lebensjahrzehnte wie möglich, auch im Anbetracht Klimakrise | Kinder würden unter Maßnahmen mehr leiden als unter dem Virus |
… Lockdowns | ultima ratio, wenn alles vorher versagt hat oder nicht versucht wurde | Diktatur, China |
Auf den Punkt: | Infektionen reduzieren, Gesundheit schützen, Langzeitfolgen vermeiden | Das Recht des Stärkeren zählt, Todesfälle gehören zum Leben, wer erkrankt, ist selbst Schuld |
Lehre aus der Pandemie | 2019 ist vorbei, wir müssen uns weiterentwickeln | status quo von 2019 erhalten |
von oben gesteuert? | Wirtschaftliche, kurzsichtige Interessen, die Langzeitfolgen herunterspielen, einflussreiche Lobby mit viel Geld/Inseraten/Korruption | großer Bevölkerungsaustausch, Great Reset |
Medien gesteuert? | Mischung aus politischer Einflussnahme, Inkompetenz, Health Supremacism, Zeitdruck in Redaktionen | ja |
Umgang mit Andersdenkenden | Aufklärung, Information, Eigeninitative, Recherchen (durchaus auch mal pointierte Kritik und Zeichen von Frustration) | Bedrohungen, Beschimpfungen, Totschlagargumente, (“totalitäre Systeme, Grundrechtseingriff”), Vergleich mit Nürnberger Prozesse, Juden |
Das ist jetzt äußerst grob zusammengefasst, kann man sicher viel ergänzen oder besser formulieren. Unterm Strich will ich aber sagen, dass es doch einige qualitative Unterschiede gibt. Die “ZeroCovid”-Denker haben keine Impfärzte in den Tod getrieben, sie haben nicht vor Krankenhäusern protestiert oder die Reifen der Fahrzeuge von Hausärzten zerschnitten. Wir können unsere Kritik an irreführenden Medienberichten belegen, ohne auf Plattformen oder Personen aus dem Verschwörungsmilieu zu verweisen. Wir wissen auch, dass in JEDER Redaktion vernünftige und engagierte Menschen arbeiten, die leider zu wenig Reichweite oder Rückendeckung von Kollegen bekommen. Wie die aktuelle Chataffäre zeigt, ist die politische Beeinflussung des ORF, der Presse und zahlreicher weiterer Zeitungen Fakt. Damit befassen sich nun die Gerichte.