Normalitätssimulation mit Folgen

Krähen sind so intelligent wie Kleinkinder, womöglich aber nicht so trotzig wie erwachsene Kleinkinder.

Mit April endete die jahrelange vorbildliche Variantenüberwachung durch Molekularbiologe Ulrich Elling und seinem Team, er hatte seinen finalen Thread mit informativen Grafiken kürzlich abgeschlossen. Die AGES hat übernommen, die Analyse ist naturgemäß nicht aktuell. Natürlich fehlt auch die Analyse bzw. ein Ansprechpartner auf Social Media. Der Blindflug beginnt also. Die einzig gute Nachricht ist, dass wir den Peak von XBB.1.5 deutlich überschritten haben und uns auch im Abwassermonitoring Österreich im Sinkflug befinden. Grund für Entwarnung ist das aber keiner – dafür liegen wir noch weit über der Talsohle der letzten Monate.

Ich hatte es vor zwei Wochen bereits angekündigt: XBB.1.16 wird wahrscheinlich unsere Frühlingswelle werden. Mein Beitrag hat ungeahnte Resonanz erfahren. Leider scheinen meine Kassandra-Prophezeiiungen mal wieder einzutreffen: In Indien steigt XBB.1.16 exponentiell an und verdoppelt sich derzeit alle neun Tage. Die Unsicherheit besteht darin, ob die große XBB.1.5-Welle in Österreich genug Kreuzimmunität verleiht, um eine signifikante Welle im Frühling (Mai/Juni) zu verhindern. Was im Gegensatz zu den Vorjahren nicht mehr bremst: Auffrischimpfungen (Impfangebot wird abgebaut wegen mangelnder Nachfrage) und Maskenpflicht (fällt Ende April auch im Gesundheitswesen). Verstärker sind: Boomender Reiseverkehr wie vor der Pandemie, Präsenzpflicht am Arbeitsplatz und Schulungen/Konferenzen überall da und dort, Großveranstaltungen.

Wer jetzt auf den saisonalen Effekt hofft, wird die kommenden ein bis zwei Wochen sein blaues Wunder auf den Wetterkarten erleben. Eine kalte, windige Nordlage, an der Alpennordseite gelegentlich Niederschlag. Höchstwerte meist einstellig bis Ostern, allenfalls zart zweistellig im östlichen Flachland und im Süden. Erst kommende Woche tendenziell wieder verbreitet zweistellig, aber weit entfernt von freundlichem Wettercharakter. Das heißt, outdoor wird wenig stattfinden können, auch die meisten Osterfeste werden wohl drinnen gefeiert haben. SARS-CoV2 gefällt das.

CO2-Messungen mit dem Aranet4 in Wien und Umgebung

Der Perspektivenwechsel ist immer wieder interessant. Aus Sicht von Kollegen und wohl auch Freunden oder Familie schränke ich mich stark ein. Kein längerer Urlaub mehr, kein Restaurantbesuch oder sonstige Feierlichkeiten mit vielen Menschen. Aus Sicht von anderen lebe ich hingegen noch relativ frei, weil ich weiterhin öffentliche Verkehrsmittel nutze und outdoor essen gehe. Inzwischen summieren sich rund 200 Wanderungen, Spaziergänge und Radtouren seit Pandemiebeginn. Das sind nicht wenige! Dazu kamen kürzlich auch Museumsbesuche bei erfreulich niedrigen CO2-Werten die meiste Zeit. Ich genieße die Ausflüge mit wenigen Menschen. Habe ich vor der Pandemie schon. Naturerlebnisse sind entspannender, außer man ist gerade in exponiertem Gelände bei Gewitter unterwegs.

Was soll ich sonst schreiben?

Ich “bewaffne” mich jedenfalls weiter mit meinem Aranet4 und versuche damit Interesse zu wecken, auch wenn ich mir mein Leben anders vorgestellt ab als Vertreter für saubere Atemluft zu sein. In gewisser Weise wiederholt sich alles wieder, denn als Nichtraucher hat es mich genauso gestört und stört mich immer noch, wenn ich auf einer Hütte im Wald im Freien sitze und dann hockt sich ein Paar neben dran und tschickt eine nach der anderen, was alles zu mir zieht. Da es nicht verboten ist, werde ich derjenige sein, der aufstehen muss und sich woanders hinsetzt oder geht. Nur damit andere ihrer krankhaften Sucht nachgehen können, und nicht auf ihre verf… Tschick in der Natur verzichten können.

Und so ist das in der Pandemie auch. Andere wollen nicht verzichten und schlimmer, wollen es bequem haben. Bloß keine Maske. Nicht zuhause bleiben, wenn man krank ist. Das Gehuste die letzten Tage bei Ausflügen, egal ob in der Stadt oder im Wald, war wirklich krass – noch nie in der Häufigkeit erlebt. Fast jedes Kind hustet zudem. Und natürlich trägt NIEMAND, der hustet, eine Maske, schon gar nicht in den öffentlichen Verkehrsmitteln.

Gelegentlich muss ich hier ein paar passende Zitate in Erinnerung rufen, v.a. das von Hanna Davis: Priviligierte Menschen wollten nicht verzichten und haben sich letztendlich durchgesetzt. Die Krönung setzt es jetzt noch damit auf, dass wohlhabende Politiker und Wirtschaftstreibende sehr wohl auf maximalen Schutz setzen, während sie der Bevölkerung alles wegnehmen, was an Schutz da ist und behaupten, der Aufwand für Schutzmaßnahmen wäre jetzt unverhältnismäßig – außer für sie selbst.

“Photos look better without masks” – Lungs look better without COVID.”

Janis Irwin, 09.11.22

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“The Pandemic has broken people into two groups. Those who are right most of the time but wish they were wrong, and those who have been wrong most of the time but think they’re always right.”

Keith Muise, Oktober 2022

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“It drives me nuts. At no point in medical school did they ever teach us that “pathogens make you stronger”. It’s wild and horrifying for me watching how easy it is for pseudoscientific nonsense to go mainstream these days.”

Dermatologin Dr. Lisa Iannattone, 11.10.22

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“I think its BS. I do not know who came up with the stupid idea that infections are good for you. (Except for very special cases, where infection with a specific mild pathogen may prevent infection with a related specific severe pathogen.)”

Virologe Florian Krammer, 04.10.22

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“Wien hat die Hochquellleitung gebaut, um uns gegen Pandemien zu schützen, die im Wasser übertragen wurden. Gegen absurde Argumente haben sich visionäre Geister durchgesetzt und wir alle sind dankbar. Niemand von uns trinkt aus dem Donaukanal, wenn Durchfall gerade selten ist.”

Molekularbiologe Ulrich Elling, 10.10.22

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“People minimize Covid because they don’t think they will be the ones suffering irreversible harm from it, and they don’t give a shit about people who are harmed by.

Molekularbiologin Denise Dewald, 08.10.22

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“I’m still astonished at the fact that, despite the wealth of evidence showing the long-term health risks from even ‘mild’ cases of Covid, as a country we have just shrugged, accepted mass infection, and acted as if the still-cautious among us are the odd ones. It’s madness.”

Mehdi Hasan, 19.08.22 (NBC)

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„The entire pandemic response has been shaped around accommodating the distress intolerance of privileged people.“

Hannah Davis, eine LongCOVID-Forscherin und selbst Betroffene, 07.05.22

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“The blame lies far less with individual scientists who were wrong than with an administration that sought out fringe viewpoints that echoed its own wishes, and elevated these above the overwhelming consensus of the public health community.”

Carl T. Bergstrom, Biologieprofessor, 17.12.20

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“Some lessons from around the world: the most successful global leaders in fighting coronavirus have communicated clearly, displayed empathy, and always favored science over politics.”

Christiane Amanpour, CNN, 05.05.2020

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“It is very hard to tell people what they need to hear based on facts. Not what they want to hear based on emotion.”

Devi Sridhar, Public-Health-Professor, Universität Edinburgh, 22.11.2020

“people are tired and they just want to get back to the happy normality of 2019, which is very appealing. I want that too—I’m just not willing to step away from science to find comfort.”

Colin Furness, Epidemiologe in Kanada, 17.01.23

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